Privatisierung der Flächen in Ostdeutschland
Im Osten Deutschlands hat vor allem die Privatisierungspolitik von Bund und Ländern seit 2007 sehr stark zur Preissteigerung beigetragen. Nach der Wiedervereinigung wurde die Treuhandgesellschaft BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH mit der Verwaltung von etwa einer Million Hektar landwirtschaftlicher Fläche beauftragt. Diese wurde anfangs an wirtschaftende Landwirte verpachtet und später dann zunehmend auch an diese verkauft – vielfach zu stark vergünstigten Preisen. Andere potenzielle Käufer konnten zunächst kaum landwirtschaftliche Fläche von der BVVG kaufen.
Geändert hat sich dies 2007 durch Änderungen in der Privatisierungspolitik. Ergebnis dieser Veränderungen war, dass ein Teil der noch verbliebenen, zum Verkauf stehenden Flächen öffentlich ausgeschrieben werden musste. „Dies führte einerseits zu mehr Markttransparenz auf dem ostdeutschen Bodenmarkt, andererseits kam es dadurch aber auch zu einem deutlichen Preisanstieg, da nun auch immer mehr finanzstarke Käufer auf die teilweise sehr ertragsstarken Böden boten“, sagt Tietz. „Die Bedeutung der BVVG für den Kaufmarkt ist allerdings seit 2023 gesunken, da laut Beschluss der Bundesregierung die Restflächen in Höhe von circa 90.000 Hektar nicht mehr weiterverkauft werden dürfen.“
Wie geht´s weiter? – Sorge unter Landwirten
Viele Landwirte, insbesondere solche, die kaum eigenes Land besitzen, blicken seit Jahren mit Sorge auf die rapiden Preissteigerungen. Wer seine Betriebsfläche vergrößern möchte, braucht heute meist viel Kapital. „Aus dem Boden lassen sich die hohen Bodenpreise jedoch vielerorts schon nicht mehr oder nur sehr schwer erwirtschaften,“ weiß Tietz. „In manchen Regionen finden daher bereits regelrechte Verdrängungswettbewerbe statt.“
Viele Landwirte fragen sich daher zu Recht, wie es weitergeht. Dazu Tietz: „Fakt ist, dass Ackerfläche immer knapper wird und die Bevölkerung immer weiter zunimmt. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass die Preise nochmal stark sinken werden.“ Der Wissenschaftler hofft, dass sich die extremen Preissteigerungen in absehbarer Zeit etwas abschwächen werden. Als Grund führt er an, dass die landwirtschaftliche Nutzung letztlich doch noch einen bedeutenden Einfluss auf die Preise behalten wird.
Was laut Tietz jedoch nicht zu vernachlässigen ist: Wohnungsbau, Ausbau erneuerbarer Energien, Moorwiedervernässung, Wiederaufforstung und Biodiversitätsschutz – diese aktuellen Themen und Entwicklungen nagen an der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Experten des Thünen-Instituts rechnen damit, dass 300.000 Hektar der heute landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland bis 2030 verloren gehen werden – das hält die Nachfrage nach Flächen und den Konkurrenzdruck natürlich erstmal hoch.
Kann der Staat den Preisanstieg abbremsen?
Einige landwirtschaftliche Akteure fordern, dass der Staat stärker regulierend in den Bodenmarkt eingreift, um landwirtschaftliche Flächen als Produktionsgrundlage für Landwirte und eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung zu erhalten.
Kritische Stimmen warnen jedoch vor einer Einmischung des Staates und sehen darin eine Bevorteilung der Landwirte, die nicht zielführend sei. Dazu Tietz: „Eine Regelung, die Landwirte noch einseitiger bevorteilt, würde außerdem dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft widersprechen, das eine breite Streuung des Bodeneigentums fordert.“
Das Thema Bodenmarkt bietet also viel Raum für unterschiedliche Ansichten und wird die deutsche Agrarbranche wohl noch längere Zeit beschäftigen.
Letzte Aktualisierung 05.01.2024