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Werden Bäume und Sträucher zusammen mit Ackerkulturen oder Grünland angebaut bzw. Nutztiere unter oder direkt neben Bäumen gehalten, so wird dies als Agroforstwirtschaft bezeichnet. Die gemeinsame Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Kulturen und Gehölzen stellt eine sehr alte und effiziente Form der Landnutzung dar. Noch erhaltene Knick- und Haglandschaften zeugen davon.
Der kombinierte Anbau ist mit einem ökologischen und häufig auch ökonomischen Mehrwert verbunden. Letzterer kommt insbesondere in Regionen zum Tragen, wo das Risiko witterungsbedingter Ertragseinbußen hoch ist. Durch die fortschreitenden Klimaänderungen nehmen gerade Trockenperioden vielerorts zu, so dass das Interesse an einer agroforstlichen Flächenbewirtschaftung wieder größer wird. Denn die Integration von Gehölzen auf Äckern und Grünland verbessert das Mikroklima, reduziert Windgeschwindigkeiten und fördert den Wasserrückhalt, was zu stabileren Erträgen und einer höheren Resilienz gegenüber extremen Wetterbedingungen führt.
In der heutigen Landwirtschaft, wo die Felder mittels großer Maschinen bewirtschaftet werden, muss die exakte Lage der Gehölzstrukturen den technischen Gegebenheiten des jeweiligen Landwirtschaftsbetriebes angepasst sein. Beispielsweise ist es sinnvoll, die Gehölze, die in landwirtschaftlich geprägten Agroforstsystemen einen Flächenanteil von zumeist 5 bis 20 Prozent einnehmen, streifenförmig anzuordnen und als Abstand zwischen zwei Gehölzstreifen ein Vielfaches der im Betrieb üblichen Arbeitsbreite der Maschinen zu wählen.
Darüber hinaus ist bei der Gestaltung einer Agroforstfläche auf die Maximierung der gewünschten Effekte zu achten. Je nach Bedarf können sowohl einzelne Ökosystemleistungen, wie beispielsweise der Schutz vor Bodenabtrag oder eine höhere Klimaresilienz, als auch bestimmte Produktionsziele, wie etwa die Erzeugung von Stammholz oder die Fruchtproduktion, im Vordergrund stehen. Diese Ziele sind letztlich auch für die Wahl der Gehölze und deren Anordnung und Pflanzdichte ausschlaggebend.
Durch die Integration von Bäumen und Sträuchern verändert sich auf den Feldern das Mikroklima. Wenn in einer Region sehr viele Agroforstflächen entstehen, ist dies auch auf Landschaftsebene spürbar. Einerseits nehmen kleinklimatische Unterschiede innerhalb einer Fläche deutlich zu, andererseits unterscheiden sich wichtige Klimaparameter, wie zum Beispiel Lufttemperatur und Windgeschwindigkeit, zwischen einem Agroforstsystem und einem Feld ohne Gehölze häufig deutlich voneinander.
Die Gehölze bewirken Windschutz und sorgen auf Teilen des Feldes für Beschattung. Gleichzeitig transpirieren sie gewöhnlich mehr als die Feldfrüchte und kühlen so ihre Umgebung. Nach einer Studie aus den USA ist die tägliche Evapotranspiration (Summe aus Boden- und Pflanzenverdunstung) in einer Weiden-Plantage zum Beispiel ca. 1,6-mal höher als bei Grünland, jedoch etwa 1,7-mal niedriger als in alten Laubholzbeständen (Minor, 2009).
Wie erwähnt, sind die Bäume und Sträucher aus Gründen einer effizienten Flächenbewirtschaftung sehr häufig streifenförmig angeordnet. Bei einer Nord-Süd-Ausrichtung der Streifen kann die Windgeschwindigkeit am stärksten reduziert werden. Außerdem wird so nahezu die gesamte Ackerkulturfläche während der Mittagsstunden besonnt. Lediglich bei sehr hohen Bäumen mit weit ausladenden Kronen entsteht ein dauerhaft beschatteter Bereich, in dem es dann sinnvoll ist, hieran angepasste Kulturen anzubauen.
Aufgrund der hintereinander gestaffelten Gehölzstreifen kann der Wind in streifenförmig aufgebauten Agroforstsystemen besonders effizient gebremst werden, da dieser bis zum nächsten Windschutz beziehungsweise Gehölzstreifen nicht wieder seine volle Geschwindigkeit entfalten kann. Auf einer Agroforstfläche mit durchgängig bewachsenen, mehrreihigen und im Mittel 4 Meter hohen Gehölzstreifen in Südbrandenburg wurden:
Die Lufttemperatur wird vor allem durch die Beschattung und die kühlende Wirkung der Gehölze beeinflusst. Allgemein sind die Temperaturen ausgeglichener und die Extremwerte gerade an heißen Tagen weniger stark ausgeprägt. Besonders im Sommer wurden im Feldfruchtbereich eines Agroforstsystems um 1 bis 2 °C geringere Lufttemperaturen als auf einer Ackerfläche ohne Bäume gemessen (Böhm und Tsonkova, 2018).
Allerdings können in einem Agroforstsystem an warmen Tagen auch höhere Temperaturen auftreten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Luftaustausch durch die windbremsende Wirkung zu stark reduziert wird und sich die Fläche zwischen den Gehölzstreifen aufheizen kann. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass trotz des Windschutzes ein ausreichender Luftaustausch gewährleistet ist, beispielsweise, indem die Stirnseiten einer streifenförmig angeordneten Agroforstfläche offen bleiben.
Mit Hilfe der Gehölze ist es folglich möglich, ein ausgeglichenes Mikroklima zu schaffen und Extreme abzupuffern. Damit dies gelingt, ist allerdings schon bei der Anlage eines Agroforstsystems auf die spätere Einflussnahme der Bäume auf das Mikroklima zu achten. So kann die Wirkungsstärke auf die einzelnen Klimaparameter insbesondere durch die Anordnung der Gehölze auf der Fläche, aber auch durch deren Höhe und Dichte beeinflusst werden.
Eine Verbesserung des Mikroklimas wirkt sich auch günstig auf den Wasserrückhalt aus. Die potentielle Verdunstung wird durch die Lufttemperatur und in besonderem Maße durch den Wind beeinflusst. Windschutz ist folglich Verdunstungsschutz. Messungen auf einer Agroforstfläche in Südbrandenburg haben gezeigt, dass an Sommertagen die potentielle Bodenverdunstung zwischen den Gehölzstreifen bei einem Abstand von 50 Metern um durchschnittlich 27 Prozent niedriger als auf einem Ackerschlag ohne Gehölze ist (Kanzler et al., 2019).
Die Bäume tragen also dazu bei, im Bereich der Feldfrüchte mehr Wasser auf der Fläche zu halten, das dann den Ackerkulturen zur Produktion von Biomasse zur Verfügung steht. Die potentiell höhere Transpiration der Bäume wirkt sich in Agroforstsystemen, in denen die Gehölzfläche einen untergeordneten Flächenanteil einnimmt, dabei nicht nachteilig aus. Wissenschaftler aus Göttingen verglichen Agroforstflächen und benachbarte Reinkulturflächen bezüglich der Evapotranspiration und stellten fest, dass es durch die Bäume nicht zu einem erhöhten Wasserverlust in die Atmosphäre kommt (Markwitz, 2020).
Ein weiterer Vorteil der Bäume in einem Agroforstsystem ist, dass sie die Infiltration des Niederschlagwassers in den Boden erhöhen und somit den Oberflächenabfluss und damit auch den Bodenabtrag durch Wasser verringern. Besonders effektiv ist dies auf geneigten Flächen. Quer zur Hangneigung gepflanzte Gehölzstreifen bewirken, dass ein Großteil des Niederschlagwassers auf der Fläche verbleibt.
Die Größenordnung dieser wasserrückhaltenden Wirkung verdeutlicht eine Modellierungsstudie: So verringerte sich der Flächenanteil besonders erosionswirksamer Abflussbahnen bei Anlage von Gehölzstreifen im Höhenlinienabstand von 15 Metern (im Beispiel entsprach dies einer Entfernung von circa 100 Metern) von 14,3 auf 1,6 Prozent, bei einem Höhenlinienabstand von 5 Metern sogar auf 0,5 Prozent (Kontembra, 2016).
Agroforstsysteme bieten folglich auf einfache Art und Weise eine effiziente Möglichkeit, um landwirtschaftlich genutzte Flächen besser an die sich ändernden Klimabedingungen anzupassen. Mit Blick auf den Wasserrückhalt betrifft dies insbesondere das Überstehen von Trockenperioden. Aber auch Schäden durch Starkregenereignisse und Starkwinde beziehungsweise Stürme können durch die Schutzwirkung der Bäume abgemildert werden. In der Konsequenz sorgen die Bäume und Sträucher in einem Agroforstsystem so für eine höhere Ertragsstabilität. In vielen, insbesondere durch Wassermangel gekennzeichneten Regionen konnten zudem höhere Ackerfruchterträge je Einheit Anbaufläche nachgewiesen werden (Böhm et al., 2020).
Agroforstsysteme können außerordentlich vielfältig gestaltet sein. Welche Bäume und Sträucher auf der Fläche wie angeordnet werden, hängt vom Standort und nicht zuletzt auch von den Zielen des Bewirtschafters ab. Je nachdem, welche Produkte erzeugt und / oder Ökosystemleistungen besonders stark gefördert werden sollen, können unterschiedliche Agroforst-Komponenten gewählt und miteinander kombiniert werden. Mit Hilfe dieser verschiedenen Komponenten – Bäume, Sträucher, Ackerkulturen, Nutztiere und gegebenenfalls weitere Elemente – lassen sich Agroforstsysteme nach einer Art Baukastenprinzip gestalten und so bestmöglich mit den eigenen Vorstellungen in Einklang bringen. Eine Hilfe hierbei ist der Pflanzen(Bau)Kasten der im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsvorhabens AgroBaLa entwickelt wurde.
Der DeFAF e.V. ist an der Bearbeitung zahlreicher Forschungsprojekte beteiligt, in denen neue Erkenntnisse zu ökologischen und ökonomischen Effekten von Agroforstsystemen untersucht und über verschiedene Formate verbreitet werden. Seit Juni 2024 koordiniert der DeFAF e.V. das vom BMEL geförderte Projekt MODEMA - Aufbau eines bundesweiten Modell- und Demonstrationsnetzwerks für Agroforstwirtschaft in Deutschland. Hier werden deutschlandweit auf etwa 30 Agroforstflächen in drei Modellregionen neue Erkenntnisse zu pflanzenbaulichen, ökonomischen und ökologischen Aspekten gewonnen und weitergegeben. Ziel ist es, zusammen mit Landwirtschaftsbetrieben, Verbänden, landwirtschaftlichen Behörden und Forschungseinrichtungen erfolgreiche Praxisbeispiele zu schaffen und die Zahl agroforstlich bewirtschafteter Flächen in Deutschland deutlich zu erhöhen.
Letzte Aktualisierung 05.09.2024