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Bodenmüdigkeit – Das Rätsel der Nachbaukrankheit Bodenmüdigkeit – Das Rätsel der Nachbaukrankheit

Wachstumsdepressionen, schlecht ausgebildete, verbräunte Wurzeln und verzweifelte Baumschuler: Die Nachbaukrankheit gehört zu den dringlichsten Pflanzenschutzthemen.

Bodenmüdigkeit ist ein Problem, für das es bisher noch keine Lösung gibt – vor allem Rosengewächse, wie der Apfel, sind betroffen.
Bild: branex/iStock/Getty Images Plus via Getty Images

Vor allem Rosengewächse (Rosaceae), wie der Apfel, sind von Bodenmüdigkeit betroffen. Ein Ursachenkomplex macht den Nachbau von Arten dieser Familie auf denselben Flächen sogar nach mehreren Jahren mit Zwischenfruchtanbau noch nahezu unmöglich.

Ursachenkomplex der Bodenmüdigkeit

Bis heute konnten die Ursachen der Bodenmüdigkeit noch nicht eindeutig geklärt, sondern nur Teilaspekte ausgeschlossen werden – wie zum Beispiel Nematoden, die längst als eigenständiges Schadbild erfasst sind und entsprechend bekämpft werden können.

In puncto Bodenmüdigkeit stehen seit einigen Jahren zwei Hypothesen im Mittelpunkt der Ursachenanalyse. Die Toxin-Theorie besagt, dass sich die Pflanzen durch Ausscheidungen der eigenen, aktiven Pflanzenwurzeln vergiften. Die Mikroorganismen-Theorie geht davon aus, dass Mikroorganismen, die sich auf den Ab- und Umbau von Wurzelresten im Boden spezialisiert haben, für das Nachbauproblem verantwortlich sind.

Letzteres zeichnet sich als wahrscheinlichere Hypothese ab: Durch Zugabe zerkleinerter Rosenwurzeln konnten selbst in „jungfräulichen“ Böden Bodenmüdigkeitssymptome an darin wachsenden Pflanzen hervorgerufen werden. Außerdem würde die Mikroorganismen-Theorie erklären, weshalb die Schadsymptome selbst nach 10 bis 15 Jahren mit Zwischenfruchtanbau noch auftreten können. Im Gegensatz zu Pflanzensekreten, die nach dieser Zeitspanne längst abgebaut sein müssten, können viele Mikroorganismen jahrelang im Boden überdauern. Mit der Pflanzung neuer Rosengewächse werden sie dann wieder aktiv.

Erste Ansätze zur Bekämpfung der Bodenmüdigkeit

Zwei Ansätze zur Bekämpfung der Bodenmüdigkeit erwiesen sich bislang als vielversprechend, sind aber wirtschaftlich (noch) nicht praktikabel.

1. Bodendämpfung

Böden und Substrate können durch eingeleiteten heißen Wasserdampf wirkungsvoll sterilisiert werden – die richtige Bodenfeuchte und eine ausreichende Einwirkzeit vorausgesetzt. Auch die Nachbaukrankheit lässt sich auf diese Weise nachweislich bekämpfen. Finanziell ist das Verfahren allerdings für die wenigsten Betriebe tragbar, da die Anschaffungskosten für die Spezialgeräte sehr hoch sind. Dazu kommen hohe Energiekosten und die aufzuwendende Arbeitszeit. Auch in Punkto Nachhaltigkeit und CO2-Aussstoß schneidet das Verfahren nicht gut ab.

2. Biofumigation

Sarepta-Senf (Brassica juncea, insbesondere die Sorte 'Terra Plus') und Öl-Rettich (Raphanus sativus, insbesondere 'Defender') sind besonders reich an Glucosinolaten. Diese werden im Boden zu Isothiocyanaten umgebaut, die in ersten Versuchsreihen eine heilende Wirkung zeigten, wenn sie in ausreichend hoher Konzentration in den Boden eingebracht werden. Die erforderliche hohe Konzentration ist derzeit noch die entscheidende Hürde, da das in Versuchen verwendete Mehl aus Sarepta-Senfsamen teuer ist.

Hoffnungen ruhen auf der Forschung

Baumschulen brauchen also schlichtweg Geduld und Zeit, bis es auch ökonomisch tragfähige Wege zur Bekämpfung der Bodenmüdigkeit gibt. Und auch wenn sie genau diese Zeit nicht haben, gibt es zumindest Hoffnung in Form aktueller Forschungsprojekte. Anhand der Analyse von Mikroorganismen beziehungsweise Mikrobengemeinschaften, die gebietsübergreifend in von Bodenmüdigkeit betroffenen Böden vorkommen, sollen sie die dringend benötigten Erkenntnisse liefern.

Große Hoffnungen ruhen dabei auf Projekten wie „ORDIAmurOvercoming Replant Disease by an Integrated Approach“ (Überwindung der Nachbaukrankheit mithilfe eines integrierten Ansatzes). Das Forschungsverbundvorhaben ist Teil der Forschungsinitiative „BonaRes - Boden als nachhaltige Ressource“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und kann sich dem Thema dank einer Förderdauer von bis zu neun Jahren bemerkenswert lange und intensiv widmen. Seit Ende 2015 erforschten insgesamt elf Kooperationspartner aus Wissenschaft und Praxis in enger Zusammenarbeit mit gartenbaulichen Betrieben sowohl die Ursachen der Bodenmüdigkeit als auch potenzielle Bekämpfungsstrategien.

Hintergrund: Schwierige Lage für Baumschulen

Bereits in früheren Jahren war die Pflanzenschutzsituation im Hinblick auf Bodenmüdigkeit angespannt. Bis Ende 2013 gab es immer wieder Notfallzulassungen für Basamid Granulat, das letzte, bis 2004 zugelassene Bodenentseuchungsmittel. Doch auch die Notfallzulassung wurde schließlich nicht mehr ausgesprochen.

Mit fatalen Folgen für viele Baumschulbetriebe: Ausweichflächen sind insbesondere in den Hauptanbaugebieten rar und entsprechend teuer. Und da es allen EU-Harmonisierungsregeln zum Trotz beim Pflanzenschutz immer noch länderspezifische Unterschiede gibt, gerieten die Baumschuler mit einem Mal auch innerhalb der EU ins Hintertreffen. In mehreren EU-Ländern war Basamid Granulat nämlich weiterhin zugelassen, sodass diese zu bevorzugten Lieferanten für die entsprechenden Gehölze wurden. Fehlende Planungssicherheit durch wegfallende Zulassungen machen einen alternativen Ansatz zur Lösung des Problems Bodenmüdigkeit umso wichtiger.

Letzte Aktualisierung  06.03.2024

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