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Flüsse, Bäche und Auen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Im Biotopverbund spielen sie eine herausragende Rolle für die Biodiversität und damit für die Dienstleistungen der Ökosysteme. Doch diese Lebensräume sind stark gefährdet: Insbesondere in dicht besiedelten Regionen wurden Wasserläufe über Jahrzehnte begradigt, aufgestaut oder eingefasst. Auch übermäßige Nährstoffeinträge bedrohen diese Biotope. Um die Grundwasserreserven zu erhalten, gibt es verschiedene Maßnahmen zur Gewässerentwicklung. Ihre Umsetzungsfahrpläne beanspruchen oft landwirtschaftliche Nutzflächen.
Landwirtschaft und Gewässerschutz geraten so schnell in Zielkonflikte. Um in der Landwirtschaft die hohen Ertragspotenziale neuer Sorten zu nutzen, ist deren ausreichende Versorgung mit Stickstoff das A und O. Gleichzeitig haben wachsende Tierbestände in den Veredlungsregionen regionale Nährstoffüberschüsse zur Folge. Hier können überregionale Kreisläufe eine Basis für die nachhaltige Düngepraxis bilden.
Die Nitratrichtlinie hat die Aufgabe, Belastungen der Gewässer aus der Landwirtschaft zu verringern und ihnen vorzubeugen. Deutschland hat sich entschieden, dies in der Fläche umzusetzen und mit der Düngeverordung (DüV) die gute fachliche Praxis dafür festgelegt. Die DüV soll dazu führen, die Nitratbelastung von Gewässern nachweisbar zu vermindern. Sie wurde 2020 nochmals verschärft.
Noch gibt der Nitratbericht 2020 für Deutschland nämlich keine Entwarnung, die Werte haben sich seit 2016 nur leicht verbessert. 26,7 Prozent der Grundwassermessstellen des EU-Nitratmessnetzes weisen im Mittel Konzentrationen über 50 mg Nitrat pro Liter auf und verfehlen damit laut Umweltbundesamt das Qualitätsziel der Nitratrichtlinie.An diesen Punkten wird die Beschaffenheit des Grundwassers im Wesentlichen durch Acker- und Grünland sowie Sonderkulturen beeinflusst.
Die Anzahl der Messstellen mit Nitratkonzentrationen über 50 mg/l verbesserte sich dabei in den letzten Jahren nur geringfügig. Die Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers haben sich demnach noch nicht flächendeckend ausgewirkt.
Landwirtschaftliche Regionen mit hohem Viehbesatz und Überschüssen von Stickstoff sind besonders herausgefordert. Hier fallen mehr als 200 Millionen Tonnen Wirtschaftsdünger jährlich an. Sie allein decken etwa 30 Prozent der Stickstoffzufuhr für eine Ausbringfläche von zehn Millionen Hektar.
Beim Anbau von Feldgemüse und Sonderkulturen sowie in niederschlagsarmen Regionen mit geringen Sickerwassermengen treten ebenfalls hohe Nitratbelastungen des Grundwassers auf.
Entlastet sind dagegen regenreiche Gebiete wie auch Gebiete mit hohen Abbauraten für Nitrat im Boden. Natürliche Boden- und Klimaverhältnisse nehmen zu einem großen Teil Einfluss auf Nitratkonzentrationen im Grundwasser. Der Zustand des Grundwassers lässt daher keine Rückschlüsse auf die gute fachliche Praxis einzelner Betriebe zu.
Ein erheblicher Teil der gesamten N-Überschüsse entsteht außerhalb der „Hot-Spots“ der Tierhaltung. Analysen betrieblicher Nährstoffbilanzen zeigen deutliche Unterschiede beim Einsatz mineralischen Stickstoffs auf. Sie legen Effizienzreserven offen, wenn es um den Pflanzennährstoff Nummer eins geht.
Technische Innovationen des vergangenen Jahrzehnts helfen, Stickstoffdünger platziert und bedarfsgerecht auszubringen: GPS-gesteuerte Präzisionsdüngung mittels N-Sensoren, Injektionsdüngung und Verfahren der Unterfußdüngung zeigen Lösungen für Acker und Grünland auf.
Auch bei Gülle und Co. gibt es Maßnahmen zur Steigerung der N-Effizienz. NH3-Emissionen im Lager sowie beim Ausbringen von Wirtschaftsdüngern können deutlich reduziert werden, beispielsweise durch den Einsatz von Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)-Sensoren. Diese messen Inhaltsstoffe wie Gesamt- und Ammonium-Stickstoff und machen so die Nährstoffversorgung transparenter. Online-NIRS-Verfahren stoßen sogar Türen zu einer teilflächenspezifischen Wirtschaftsdüngergabe auf.
Dagegen lässt die Transportwürdigkeit von Gärresten und Gülle nach wie vor Wünsche offen. Politik, Wissenschaft, Landtechnik und Praktikerinnen und Praktiker sind gleichermaßen gefordert, Lösungen für einen überregionalen Stickstoffkreislauf zu finden.
Nitrifikationshemmer oder Ureaseinhibitoren verlängern die Ammoniumphase stickstoffhaltiger Düngemittel. Sie erhöhen also die Effizienz mineralischer wie auch organischer Stickstoffgaben. Sie reduzieren so die Verluste von Nitrat und Lachgas, was gut für Wasser, Luft und Ökosysteme ist.
Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter sind heute stark gefordert, standortgemäße Antworten zu finden. Diese gehen von betrieblichen Extensivierungsstrategien, wie etwa einer Low-Cost-Milchviehhaltung, über die gezielte N-Fixierung durch Leguminosen bis hin zum Zwischenfruchtbau unter Mulch- oder Direktsaat im Getreidebau.
Anbau- und Düngestrategien umfassen allgemeine, flächenspezifische und einzelbetriebliche Belange. Zwischenfruchtbau ermöglicht es, vorhandene Nitratreserven des Bodens über den Winter festzulegen. Genauso wie Untersaaten im Mais wirken sie der Bodenerosion entgegen. Sie mindern daher Einträge von Schlamm in Gewässer. Praxistaugliche Mischungen sind immer auch unter phytosanitären Aspekten zu prüfen.
Wichtigste Größe für die bedarfsangepasste Düngung in der Praxis bleiben Nmin-Werte. Sie setzen Eckpfeiler und sind richtungsweisend für die Düngestrategie innerhalb einer Fruchtfolge. Wo N-Bilanzüberschüsse abgeschmolzen werden, wird die Gesamtlage der Nährstoffversorgung umso wichtiger. Angefangen beim Kalken über die Bodenstruktur bis hin zum Schwefel. Er sorgt im pflanzlichen Stoffwechsel dafür, dass aufgenommenes Nitrat umgewandelt werden kann.
Auf dem Weg zum guten ökologischen Zustand der Gewässer sieht der Zeitplan der Wasserrahmenrichtlinie drei Zyklen vor. Sie enden 2015, 2021 und 2027. Zurzeit läuft die dritte Bewirtschaftungsperiode.
Maßnahmen zur Gewässerentwicklung nehmen auch landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch. Sie können den ordnungsgemäßen Wasserabfluss insbesondere im Flachland beeinträchtigen. Und sie enthalten Auflagen zur Bewirtschaftung oder beschränken die Nutzung von Flächen. Um nachteilige Folgen für Landwirtinnen und Landwirte klein zu halten, gibt es eine Reihe von Ansätzen. Sie zielen darauf ab, sowohl Flächenverfügbarkeit als auch -planung für die Landwirtschaft zu optimieren.
Angebote des Vertragsnaturschutzes und Agrarumweltmaßnahmen zeigen mehr und mehr alternative wirtschaftliche Erwerbsquellen auf. Dazu zählen Anlage und Pflege von Uferrandstreifen, extensive Dauergrünlandnutzung, Erosionsschutz im Ackerbau wie auch spezielle Bewirtschaftungspakete.
Grundwasser- und Gewässerschutz gibt es nicht umsonst. Der Erhalt funktionierender Ökosysteme wird nicht zuletzt mit Ertragseinbußen in der Landwirtschaft erkauft. Kooperationen zum Wasserschutz haben in der Vergangenheit gezeigt, wie sich Landwirte unter wirtschaftlicher Maßgabe den Problemen stellen können.
Ballungsräume sind oft nicht in der Lage, ihren hohen Trinkwasserbedarf zu decken. So zapfen durstige Städte wie München, Stuttgart oder Frankfurt die Grundwasservorräte der umliegenden ländlichen Räume an. Es bleibt offen, ob und wie sich die urbanen Zentren an der deutschen Strategie zum flächendeckenden Schutz der Gewässer beteiligen können.
Letzte Aktualisierung 22.07.2024