Hier beginnt der Hauptinhalt dieser Seite

Wasserschutz vom Acker an Naturschutz

Trinkwasser ist das Grundnahrungsmittel Nummer eins und wird in Deutschland strenger kontrolliert als alle anderen Lebensmittel. Entsprechend wichtig ist der konsequente Wasser- und Gewässerschutz. Dabei geht es nicht nur um unser Trinkwasser, sondern auch um die Erhaltung der Biodiversität.

Quelle: CEA+

Flüsse, Bäche und Auen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Im Biotopverbund spielen sie eine herausragende Rolle für Biodiversität und damit für die Dienstleistungen der Ökosysteme. Doch sind mehr als 75 Prozent ihrer Biotoptypen gefährdet. Gewässer stehen in enger Wechselwirkung mit Ufern und Grundwasser. Insbesondere in dicht besiedelten Regionen wurden Wasserläufe über Jahrzehnte begradigt, aufgestaut oder eingefasst. Maßnahmen zur Gewässerentwicklung erhalten die Grundwasserreserven. Ihre Umsetzungsfahrpläne beanspruchen oft landwirtschaftliche Nutzflächen.

Um in der Landwirtschaft die hohen Ertragspotenziale neuer Sorten zu nutzen, bleibt deren ausreichende Versorgung mit Stickstoff das A und O. Gleichzeitig haben wachsende Tierbestände in den Veredlungsregionen regionale Nährstoffüberschüsse zur Folge. Intensive Landwirtschaft, Ackerbau und Gewässerschutz geraten so schnell in Zielkonflikte. Überregionale Kreisläufe bilden eine Basis für die nachhaltige Düngepraxis in der Landwirtschaft.

Nitratbelastung von Gewässern

Die Nitratrichtlinie hat die Aufgabe, Belastungen der Gewässer aus der Landwirtschaft zu verringern und ihnen vorzubeugen. Deutschland hat sich entschieden, dies in der Fläche umzusetzen und mit der Düngeverordung (DüV) die gute fachliche Praxis dafür festgelegt. Die DüV soll dazu führen, die Nitratbelastung von Gewässern nachweisbar zu vermindern.

Noch gibt der Nitratbericht 2016 für Deutschland keine Entwarnung. Innerhalb des neuen Nitratmessnetzes überschreiten 26 Prozent der rund 700 Messstellen den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter (mg/l). An diesen Punkten wird die Beschaffenheit des Grundwassers im Wesentlichen durch Acker- und Grünland sowie Sonderkulturen beeinflusst.

Die Anzahl der Messstellen mit Nitratkonzentrationen über 50 mg/l blieb dabei in den letzten Jahren fast unverändert. Die Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers haben sich demnach noch nicht flächendeckend ausgewirkt.

Insgesamt waren 2016 sogar 36 Prozent aller Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand. Neben Nitrat lagen auch Werte von chemischen Pflanzenschutzrückständen und Ammonium-Stickstoff zu hoch.

Woher stammt die Nitratbelastung?

Landwirtschaftliche Regionen mit hohem Viehbesatz und Überschüssen von Stickstoff sind besonders herausgefordert. Hier fallen mehr als 200 Millionen Tonnen Wirtschaftsdünger jährlich an. Sie alleine decken etwa 30 Prozent der Stickstoffzufuhr für eine Ausbringfläche von 10 Millionen Hektar. Beim Anbau von Feldgemüse und Sonderkulturen sowie in niederschlagsarmen Regionen mit geringen Sickerwassermengen treten ebenfalls hohe Nitratbelastungen des Grundwassers auf.

Entlastet sind dagegen regenreiche Gebiete wie auch Gebiete mit hohen Abbauraten für Nitrat im Boden. Natürliche Boden- und Klimaverhältnisse nehmen zu einem großen Teil Einfluss auf Nitratkonzentrationen im Grundwasser. Der Zustand des Grundwassers lässt daher keine Rückschlüsse auf die gute fachliche Praxis einzelner Betriebe zu.

Effizienzreserven nutzen

Ein erheblicher Teil der gesamten N-Überschüsse entsteht außerhalb der „Hot-Spots“ der Tierhaltung. Analysen betrieblicher Nährstoffbilanzen zeigen deutliche Unterschiede beim Einsatz mineralischen Stickstoffs auf. Sie legen Effizienzreserven offen, wenn es um den Pflanzennährstoff Nummer eins geht.

Technische Innovationen des vergangenen Jahrzehnts helfen, Stickstoffdünger platziert und bedarfsgerecht auszubringen: GPS-gesteuerte Präzisionsdüngung mittels N-Sensoren, Injektionsdüngung und Verfahren der Unterfußdüngung, zeigen Lösungen für Acker und Grünland auf, den Stickstoffeinsatz zu reduzieren. Auch Gülle und Co. profitieren zunehmend vom technischen Wandel. NH3-Emissionen im Lager sowie beim Ausbringen von Wirtschaftsdüngern sind mit dem Stand der Technik zu verhindern.

Gärreste und Güllle holen auf

Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)-Sensoren messen Inhaltsstoffe wie Gesamt- und Ammonium-Stickstoff. Sie machen die Nährstoffversorgung transparenter. Online NIRS-Verfahren stoßen sogar Türen zu einer teilflächenspezifischen Wirtschaftsdüngergabe auf. Dagegen lässt die Transportwürdigkeit von Gärresten und Gülle nach wie vor Wünsche offen. Politik, Wissenschaft, Landtechnik und Praktikerinnen und Praktiker sind gleichermaßen gefordert, Lösungen für einen überregionalen Stickstoffkreislauf zu finden.

Nitrifikationshemmer oder Ureaseinhibitoren verlängern die Ammoniumphase stickstoffhaltiger Düngemittel. Sie erhöhen also die Effizienz mineralischer wie auch organischer Stickstoffgaben. Sie reduzieren so die Verluste von Nitrat und Lachgas – günstig für Wasser, Luft und Ökosysteme.

Wasserfreundliche Betriebs- und Düngestrategien

Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter sind heute stark gefordert, standortgemäße Antworten zu finden. Diese gehen von betrieblichen Extensivierungsstrategien, wie etwa einer Low-Cost-Milchviehhaltung, über ökologischen Gemüsebau mit N-Fixierung durch Leguminosen bis hin zum Zwischenfruchtbau unter Mulch- oder Direktsaat im Getreidebau.

Anbau- und Düngestrategien umfassen allgemeine, flächenspezifische und einzelbetriebliche Belange. Zwischenfruchtbau ermöglicht es, vorhandene Nitratreserven des Bodens über Winter festzulegen. Genauso wie Untersaaten im Mais wirken sie der Bodenerosion entgegen. Sie mindern daher Einträge von Schlamm in Gewässer. Praxistaugliche Mischungen sind immer auch unter phytosanitären Aspekten zu prüfen. Potenziell führen sie ökonomische und ökologische Vorteile im Greening zusammen.

Wichtigste Größe für die bedarfsangepasste Düngung in der Praxis bleiben Nmin-Werte. Sie setzen Eckpfeiler und sind richtungsweisend für die Düngestrategie innerhalb einer Fruchtfolge. Wo N-Bilanzüberschüsse abgeschmolzen werden, wird die Gesamtlage der Nährstoffversorgung umso wichtiger. Angefangen vom Kalken, über die Bodenstruktur bis hin zum Schwefel. Er sorgt im pflanzlichen Stoffwechsel dafür, dass aufgenommenes Nitrat umgewandelt werden kann.

Systemdienstleister schützen

Auf dem Weg zum guten ökologischen Zustand der Gewässer sieht der Zeitplan der Wasserrahmenrichtlinie drei Zyklen vor. Sie enden 2015, 2021 und 2027. Zurzeit läuft die zweite Bewirtschaftungsperiode.

Maßnahmen zur Gewässerentwicklung nehmen landwirtschaftliche Nutzfläche in Anspruch. Sie können den ordnungsgemäßen Wasserabfluss insbesondere im Flachland beeinträchtigen. Und sie enthalten Auflagen zur Bewirtschaftung oder beschränken die Nutzung von Flächen. Um nachteilige Folgen für Landwirtinnen und Landwirte klein zu halten, gibt es eine Reihe von Ansätzen. Sie zielen darauf ab, sowohl Flächenverfügbarkeit als auch -planung für die Landwirtschaft zu optimieren.

Angebote des Vertragsnaturschutzes und Agrarumweltmaßnahmen zeigen mehr und mehr alternative wirtschaftliche Erwerbsquellen auf. Dazu zählen Anlage und Pflege von Uferrandstreifen, extensive Dauergrünlandnutzung, Erosionsschutz im Ackerbau wie auch spezielle Bewirtschaftungspakete.

Dienstleister für urbane Zentren

In wirtschaftsstarken, städtischen Zentren hält der Flächenverbrauch voraussichtlich weiter an. Wohnungsbau, Flächenversiegelung, Gewerbe und Industrie verhindern, dass Flächen nachhaltig genutzt werden. Ballungsräume sind daher oft nicht in der Lage, ihren hohen Trinkwasserbedarf zu decken. So zapfen durstige Städte wie München, Stuttgart oder Frankfurt die Grundwasservorräte der umliegenden ländlichen Räume an. Es bleibt offen, ob und wie sich die urbane Zentren an der deutschen Strategie zum flächendeckenden Schutz der Gewässer beteiligen.

Grundwasser- und Gewässerschutz gibt es nicht umsonst. Der Erhalt funktionierender Ökosysteme wird nicht zuletzt mit Ertragseinbußen in der Landwirtschaft erkauft. Kooperationen zum Wasserschutz haben in der Vergangenheit gezeigt, wie sich Landwirte unter wirtschaftlicher Maßgabe den Problemen stellen.