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Irgendwann wird jedem, der seinen Tierhaltungsbetrieb auf die Zukunft ausrichten möchte, ein Stallbauvorhaben ins Haus stehen. Besser wirtschaften, effizienter arbeiten, mehr Tierwohl und Tierkomfort schaffen – die Ziele des Neu- oder Umbaus sind meist schnell umrissen und in vielen Fällen existiert auch schon ein grobes Konzept.
Doch wie sollten bauwillige Landwirtinnen und Landwirte im optimalen Fall vorgehen? Welche Punkte müssen sie abarbeiten, um Fehler zu vermeiden und keinen für den Bau relevanten Aspekt zu vergessen? Fest steht: Wer systematisch plant, vermeidet Fehler und spart Zeit und Kosten. Das gilt nicht nur für den Neu- oder Umbau eines Stalls, sondern auch andere landwirtschaftliche Bauvorhaben.
Das Projekt „InnoBau – Nachhaltige Innovationen im landwirtschaftlichen Bauwesen“ erprobte ein Verfahren zur systematischen Vorplanung von Bauvorhaben in der Tierhaltung. Es orientierte sich an den Bewertungskriterien für Haltungssysteme (siehe unten), die am Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel (Prof. Dr. Urban Hellmuth) entwickelt wurden.
Das Verfahren sollte im Rahmen des EIP-Projektes „InnoBau“ in die Praxis eingeführt und weiterentwickelt werden, um später als Handbuch allen bauwilligen Landwirtinnen und Landwirten zur Verfügung zu stehen. Mit Hilfe des Handbuchs sollen innovative Bauideen aus der Praxis bereits während der Planungsphase auf ihre ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit bewertet werden können.
„InnoBau“ wurde im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP Agri) ins Leben gerufen wurde. Es lief von 2015 - 2019 und wurde vom Innovationsbüro EIP-Agrar der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in Rendsburg koordiniert. Bearbeitet wurde es vom Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel.
Der Film erklärt kurz und verständlich, wie EIP-Agri funktioniert und wie man ein landwirtschaftliches Innovationsprojekt beantragt und durchführt. Quelle: DVS
Die Arbeit am Projekt „InnoBau“ erfolgte in einer sogenannten Operationellen Gruppe – Landwirte, Berater, Wissenschaftler, Stallbaufirmen und Architekten brachten das Projekt gemeinsam voran. So hatte jeder der Akteure die Möglichkeit, sich mit der Materie des Bauplanens auseinanderzusetzen. Darüber hinaus wurden die einzelnen Akteure für die Probleme der anderen Parteien sensibilisiert und jeder konnte sein Wissen in die Gruppe einbringen. Von dieser Vernetzung und diesem Wissenstransfer profitierten letztendlich alle.
Bei den Treffen der Operationellen Gruppe „InnoBau“ kristallisierte sich heraus, dass zu einer systematischen Planung zehn grundsätzliche Schritte gehören, die sich drei Phasen zuordnen lassen:
Die zehn im Folgenden aufgeführten Schritte der Bauplanung wurden in einem Handbuch zusammengefasst und können auf der Projektseite abgerufen werden.
Am Anfang eines jeden Bauvorhabens sollte die schriftliche Analyse des aktuellen Zustands auf dem Betrieb stehen. Zwar kennen Betriebsleiterinnen und –leiter grundsätzlich ihren Betrieb. Doch wer die Eckdaten einmal aufgeschrieben hat, erhält einen anderen Blick darauf und hat gleichzeitig alle notwendigen Planungsdaten beisammen. Auch das Ziel der Baumaßnahmen sollte jetzt schriftlich festgehalten werden sowie die Frage, wo der Betrieb in fünf, zehn oder zwanzig Jahren stehen soll.
Im zweiten Schritt stellen die Landwirtin oder der Landwirt die Daten und Fakten des Betriebs tabellarisch zusammen (Hektar, Zahl der Tiere, Mitarbeiter etc.).
Damit sich alle am Bau Beteiligten bereits in der Planungsphase ein Bild vom neuen Stall machen können, sollte der gewünschte Neubau auch als Zeichnung aufs Papier gebracht werden. Es ist sinnvoll, bereits an dieser Stelle alle Eckpunkte, Ziele und Wünsche mit einzuarbeiten (beispielsweise in Bezug auf die Grundflächen für die Tiere).
Im vierten Schritt einer systematischen Bauplanung geht es um grundlegende Fragen, denn diese können den Erfolg des Bauvorhabens positiv oder negativ beeinflussen. Jetzt werden beispielsweise Immissionsschutzgutachten eingeholt, Bodenuntersuchungen veranlasst oder auch das Stimmungsbild in der Nachbarschaft abgeklopft. Das hilft einzuschätzen, ob der geplante Standort auch funktioniert.
Wenn das Bauvorhaben richtig Form annimmt, beginnt auch die Zusammenarbeit mit dem Architekten. Nun werden die Aufgaben des Architekten festgelegt – ein Abschnitt im Planungsverfahren, der auf keinen Fall vernachlässigt werden sollte.
Manchmal müssen für ein Bauvorhaben weitere Unterlagen erbracht werden. Dazu zählen spezielle Gutachten wie Bombengutachten oder archäologische Gutachten. Wer diese Gutachten jetzt einholt, vermeidet Verzögerungen während der Bauphase.
Jetzt geht es ins Detail: Das Bauvorhaben soll in allen Einzelheiten dargestellt werden, denn jeder einzelne Aspekt ist für die spätere Bauzeichnung sehr wichtig. Um diesen Schritt für Landwirtinnen und Landwirte zu vereinfachen und sicherzustellen, dass nichts vergessen wird, entwickelte das Projektteam „InnoBau“ einen großen Katalog, in dem die Bauelemente der verschiedensten Bereiche eines landwirtschaftlichen Betriebs akribisch aufgelistet sind (zum Beispiel Liegebereich oder Fressbereich im Stall, Büro, Sozialräume etc.).
Haben Landwirtin oder Landwirt alle Unterlagen beisammen, ist es jetzt an der Zeit, sich mit dem Architekten intensiver zusammenzusetzen, damit dieser aus allen Wünschen, Zielen und den geplanten Bauelementen eine erste Bauzeichnung sowie einen Lageplan erstellen kann. Nun entsteht das Bild vom neuen Stall und es wird ersichtlich, wie sich der Neubau später in den Betrieb einfügen wird.
Für die nachhaltige und intensive Prüfung des Bauvorhabens benötigt die Landwirtin oder der Landwirt die Detailzeichnung des Architekten, die während einer früheren Planungsphase angefertigt wurde. Auch die Status-Quo-Analyse und die Betriebszahlen werden jetzt wieder in die Hand genommen. Schließlich muss überprüft werden, ob der aktuelle Bauplan mit den vorhandenen Ressourcen überhaupt umsetzbar ist. Es gilt beispielsweise abzuchecken, ob die Maße und die Zuwegungen passen oder ob nachgebessert werden muss. Im Handbuch findet sich hierzu ein Katalog mit Fragen, der Landwirtinnen und Landwirten bei der Überprüfung hilft.
Checkliste abarbeiten! Im Handbuch findet sich eine finale Checkliste, in der alle Punkte, die vor einem Bauvorhaben bedacht werden müssen, noch einmal abgehakt werden. Dann ist der Weg zur Baugenehmigung frei.
Einige Beispiele aus der operativen Gruppe des „InnoBau“-Projekts zeigen, wie gut systematische Bauplanung funktionieren kann: So wurde auf dem Höllnhof der Familie Kock-Rohwer in Bönebüttel (bei Neumünster) ein Tierwohlstall in Betrieb genommen, der in Kooperation mit dem EIP-Projekt errichtet wurde.
In dem neuen Stall können die Kühe zwischen einem Tretmist-Liegebereich und Liegeboxen frei wählen. Darüber hinaus betreibt der Höllnhof eine muttergebundene Kälberaufzucht: In den ersten drei Wochen ihres Lebens laufen die Kälber mit ihren Müttern mit.
Ein anderes Beispiel ist die Friesische Schafskäserei der Familie Volquardsen in Tetenbüll auf der Halbinsel Eiderstedt. Die Familie baute für ihre rund 140 Milchschafe einen großzügigen Stall, der den Schafen auch dann Auslauf gestattet, wenn die Wiesen zu nass sind, wie zum Beispiel im Winter. Weil eine gute und gleichbleibende Milchqualität für die eigene Käserei und Direktvermarktung wichtig ist, hat die Familie in ihren Stall zusätzlich eine Heutrocknung eingebaut.
Beispiel Nummer drei ist der Kattendorfer Hof in Neverstaven (Kreis Stormann). Der Betrieb, der eine solidarische Landwirtschaft betreibt, baute eine komplett neue Hofstelle auf. Im neuen Stallgebäude sind Mastrinder und Schweine gemeinsam untergebracht. Viel Platz, Licht und Luft für die Tiere waren – wie bei den vorhergehenden Beispielen – auch bei diesem Bauvorhaben kennzeichnend.
Letzte Aktualisierung 19.08.2024