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Beikrautsamen schon im Mähdrescher zerstören

An der Technischen Universität Dresden (TUD) wurde zusammen mit weiteren Projektpartnern ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, bereits während der Ernte Beikrautsamen und Verlustkörner aus dem Mähdrescher abzuscheiden und zu zerstören. Dadurch kann der Beikrautdruck gemindert und die Feldhygiene verbessert werden.

Umgebaute Versuchsmaschine mit Beikrautsamen-Abscheide-Einheit (BeA)
Umgebaute Versuchsmaschine mit Beikrautsamen-Abscheide-Einheit (BeA)
Bild: Pantke/Henke

Im Zuge der aktuellen Entwicklungen in der Landwirtschaft wächst das verbraucherseitige und gesellschaftliche Bestreben nach zunehmender Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel und einer zukünftig nachhaltigeren Lebensmittelproduktion. Hinsichtlich des Beikrautmanagements kommen zudem Schwierigkeiten mit Problemunkräutern/-ungräsern (vor allem Ackerfuchsschwanz) und Herbizidresistenzen hinzu. 

Der vielfältige „chemische Pflanzenschutz-Baukasten“ ist dabei ein hilfreiches und wirksames Instrument, stößt aber in der konventionellen Landwirtschaft immer mehr an seine Grenzen. Aber auch in der ökologischen Landwirtschaft stellt der Beikrautdruck immer wieder eine große Herausforderung dar.

Während des Ernteprozesses werden viele Beikrautsamen, die es trotz aller Gegenmaßnahmen bis zur Samenreife schaffen, durch den Mähdrescher aufgenommen. Ein Teil gelangt mit den Körnern in den Korntank und ist somit „weg vom Feld“. Der andere Teil gelangt mit den Verlustkörnern und der Spreu über den Reinigungsabgang wieder auf das Feld und führt dort zu verstärktem Beikrautdruck.

Beikrautsamen im Mähdrescher abscheiden und zerstören („BeA“)

Hieraus entstand die Projektidee, Beikrautmanagement durch Beikrautsamen-Abscheidung („BeA“) und anschließender mechanischer Zerstörung mit einer Hammermühle während der Getreideernte mit dem Mähdrescher zu realisieren.

Ein hoher Anteil an Verlustkörnern und Beikrautsamen kann so wirksam abgeschieden werden und gelangt folglich nicht mehr auf den Ackerboden. Die größte Herausforderung besteht dabei in der Abtrennung der Verlustkörner und der Beikrautsamen aus dem Reinigungsabgang, da die Eigenschaften der verschiedenen Samen sehr unterschiedlich sind. 

BZL-Broschüre Feldhygiene

Broschüre „Feldhygiene“

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Hammermühle benötigt viel Leistung vom Mähdrescher

Die abgeschiedenen Samen werden anschließend keimunfähig gemacht (devitalisiert). Bereits bestehende technische Lösungen verwenden auch Hammermühlen zur Devitalisierung, zerkleinern aber den gesamten Reinigungsabgang. Diese Verfahren haben mit einer Zerstörrate von bis zu 99 % eine hohe Wirksamkeit, fordern jedoch von den Erntemaschinen erhebliche Leistung ab, die dann nicht mehr für den Ernteprozess zur Verfügung steht. 

Gutstrom im Mähdrescher reduzieren

Mit dem von der TUD und den Projektpartnern (EXAgT GmbH, ZÜRN Harvesting GmbH & Co. KG) entwickelten Separationsverfahren kann der Gutstrom um ca. 2/3 verringert werden. Die Reduzierung des Gutstromes führt zu einem verringerten Leistungsbedarf. Bei großen Mähdreschern wird durch diese Materialreduktion weniger Leistung für die Devitalisierung benötigt. Bei kleineren Maschinen wiederum wird ein Einbau überhaupt erst möglich, da durch den geringeren Leistungsbedarf die benötigte Antriebsleistung zur Verfügung steht.

Zur Abscheidung der Samen wurde ein zweistufiges, rotierendes Trommelsieb entwickelt und patentiert, welches direkt nach der Reinigung im Mähdrescher angebaut ist (vergleiche Abb. 1, Abb. 2). 

Abb. 1: "BeA" mit Devitalisierungseinheit an der Versuchsmaschine angebaut
Bild: Pantke
Abb. 2: Funktionsweise des Trommelsiebes der BeA
Bild: Pantke/Lassen

Der Reinigungsabgang gelangt dabei auf die rotierenden Trommelsiebe, wo Verlustkörner und Beikrautsamen aus dem Stoffgemisch abgeschieden werden. Das verbleibende Kurzstroh und die Spreu werden wieder auf dem Feld abgelegt und die Samen und Verlustkörner der Devitalisierungseinheit (Hammermühle) zugeführt. Nachdem die Beikrautsamen und das Verlustkorn devitalisiert wurden, werden auch diese wieder auf dem Feld verteilt.

In vier aufeinanderfolgenden Jahren wurden immer gleichbleibende Versuchsparzellen mit dem Verfahren beerntet. Von den jährlich insgesamt 34 Versuchsparzellen auf vier Schlägen wurden 17 Parzellen mit einem Standardmähdrescher und die verbleibenden Parzellen mit einem Mähdrescher mit angebauter „BeA“ abgeerntet.

Wirksames Verfahren

Aus den bisherigen Feldversuchen und Versuchsdaten lässt sich festhalten, dass eine hohe Abscheideeffizienz und damit Wirksamkeit erreicht wurde.

In Zahlen ergab sich eine Abscheideeffizienz beim Verlustkorn von 80-93 % (siehe Abb. 3). Dies konnte anhand von Drohnenaufnahmen bestätigt werden (siehe Abb. 4).

In den Bereichen, in denen die Abscheideeinheit eingesetzt wurde, ist der Nachernteauflauf geringer als in den Vergleichsparzellen. Auch in den Erträgen zeichnet sich dieser Effekt ab, sodass die Verringerung des Beikrautdrucks die Erträge verbessern kann. 

Abb. 3: Versuchsergebnisse – Abscheideeffizienz der BeA
Bild: Pantke
Abb. 4: Gerstenfeld nach der Ernte 2024 mit Nachernteauflauf. In den Standard-Parzellen mit mehr auflaufendem Beikraut/Verlustkorn (grüne Streifen) ist der Effekt deutlich zu erkennen. (BeA = Parzellen mit Abscheideeinheit eingeschaltet, Standard = Parzellen ohne Abscheideeinheit, ZG = Schlag, WH = Wiederholung)
Bild: Pantke

In den bisherigen Feldversuchen erwies sich das Trommelsieb als äußerst robust und funktionssicher. Besonders in stark verunkrauteten Beständen können die Trommelsiebe lange, feuchte Stängel sehr gut separieren, was wiederum die Funktionssicherheit der Hammermühle verbessert und den Leistungsbedarf begrenzt. 

Der Leistungsbedarf für die Abscheideeinheit im Betrieb mit der Devitalisierungseinheit wird je nach Erntebedingungen auf 20-40 kW geschätzt.

Fazit

Es kann festgestellt werden, dass das entwickelte Verfahren einen wichtigen Beitrag zum Beikrautmanagement während der Ernte leistet. Der Durchsatz für die Devitalisierungseinheit (Hammermühle) kann durch die Vorabscheidung um ca. 65 % wirksam verringert und somit der Leistungsbedarf für die Zerstörung der Beikrautsamen reduziert werden. Die Effekte im Feld sind messbar und weisen auf eine positive Entwicklung hin. 

Das Verfahren kann eines von vielen Werkzeugen für den zukunftsorientieren Werkzeugkasten des integrierten Beikrautmanagements sein. Durch den Einsatz von BeA  kann die Menge  chemischer Pflanzenschutzmittel nachhaltig reduziert und in der Folge die Biodiversität deutlich erhöht werden.

Für den praktischen Einsatz in der Landwirtschaft besteht noch weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf bezüglich der langfristigen Wirksamkeit des Verfahrens und der technischen Robustheit. Es wird angestrebt die offenen Forschungsfragen in einem weiteren Projekt zu klären und eine praxisfähige Lösung anzubieten. Die bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen zeichnen ein überaus positives Stimmungsbild.

Das Projekt erfolgte im Rahmen der Deutschen Innovationspartnerschaft Agrar (DIP) mit Förderung aus den Mitteln des Zweckvermögens des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Fachlich betreut wurde das Verbundvorhaben von der Innovationsförderung des Projektträgers BLE (PT BLE). 

Titel: BeA – Verbundprojekt: Nichtchemisches Beikrautmanagement im Mähdrusch zur Verbesserung der Feldhygiene
Förderkennzeichen: 28RZDP09A20, 28RZDP09B20, 28RZDP09C20
Projektlaufzeit: 01.02.2021 – 30.09.2024
Ansprechpartner: Samuel Pantke, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Agrarsystemtechnik der TU Dresden (www.agrarsystemtechnik.de)

Projektpartner: 
Technische Universität Dresden, Bereich Ingenieurwissenschaften, Fakultät Maschinenwesen, Institut für Naturstofftechnik, Professur für Agrarsystemtechnik, Dresden
Zürn Harvesting GmbH & Co. KG (www.zuern-harvesting.de)
EXAgT GmbH Büro für präzise Agronomie (www.exagt.de)

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Letzte Änderung dieser Seite am 20.02.2025