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Phosphor ist nach Stickstoff der mengenmäßig wichtigste Nährstoff für Kulturpflanzen. Tierhaltende Betriebe und Ackerbaubetriebe, die mit tierhaltenden Betrieben kooperieren, können einen Teil des benötigten Phosphors über Wirtschaftsdünger auf die Fläche bringen. Betriebe ohne Tiere können auf Kompost als organische Phosphorquelle zurückgreifen.
In aller Regel reicht die darin enthaltene Phosphormenge jedoch nicht aus, um den Bedarf der Kulturpflanzen zu decken. Konventionelle Ackerbäuerinnen und Ackerbauern greifen daher meist zu synthetisch hergestellten Phosphor- bzw. Mehrnährstoffdüngern. Der Phosphor in diesen Düngern liegt meist in gebundener Form als Phosphat vor. Ökobetriebe verwenden das reine Rohphosphat als Dünger.
Rohphosphat stammt zum allergrößten Teil aus Lagerstätten außerhalb Europas, die im Tagebau abgebaut werden. Mit Abstand die größten Bestände hat Marokko mit 50 Millionen Tonnen. Die Phosphatvorräte sind jedoch begrenzt. Verschiedenen Schätzungen zufolge reichen die weltweiten Reserven nur noch etwa 100 bis 300 Jahre.
Im Gegensatz zu anderen fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Kohle, die durch alternative Energieträger ersetzt werden können, ist Phosphor als Nährstoff für das Pflanzenwachstum nicht ersetzbar. Das heißt, die zunehmende Verknappung der Phosphatreserven wird mittel- bis langfristig dazu führen, dass das noch vorhandene Phosphat immer teurer wird. In ärmeren Ländern dieser Welt können sich schon heute viele Landwirtinnen und Landwirte kaum noch Phosphordünger leisten – mit der Folge, dass die Böden dort zunehmend an Phosphor verarmen. In Europa ist das zwar bislang noch nicht der Fall. Irgendwann wird dieses Problem aber auch uns erreichen. Deswegen steht Phosphor seit einigen Jahren auf der EU-Liste für kritische Rohstoffe.
Es ist also dringend angeraten, die bestehenden Phosphatreserven zu schonen. Das heißt, wir müssen sparsamer mit dem Phosphor umgehen, der uns noch zur Verfügung steht. Außerdem müssen wir damit beginnen, die Nährstoffkreisläufe zu schließen und ungenutzten Phosphor aus Abfall- und Nebenprodukten zurückzugewinnen. Dafür gibt es inzwischen viele gute Ansätze. Manche stecken noch in den Anfängen, andere haben bereits Marktreife erlangt.
Mit dem Einsatz von Klärschlamm verfolgt man bereits seit vielen Jahren den Ansatz, ungenutzte Nährstoffe aus kommunalen Abwässern auf die landwirtschaftliche Fläche zurückzuführen. Nicht ausreichend berücksichtigt wurde dabei allerdings, dass Klärschlamm nicht unerhebliche Mengen an Schadstoffen wie Schwermetalle, Arzneimittelrückstände und Kunststoffreste enthält, die somit in den Boden gelangen.
Daher ist man vor einigen Jahren dazu übergegangen, die Verwertung von Klärschlamm als Dünger in Deutschland stark zu reduzieren. 2019 wurde noch rund ein Viertel des anfallenden Klärschlamms stofflich verwertet, 17 Prozent als Düngemittel in der Landwirtschaft (siehe Infografik). Spätestens 2032 soll in größeren Kläranlagen (> 50.000 Einwohner) damit Schluss sein. Die stoffliche Verwertung von Klärschlamm ist dann nur noch bei kleineren Anlagen (< 50.000 Einwohner) zulässig, also vor allem in ländlichen Regionen.
Damit die im Klärschlamm enthaltenen wertvollen Nährstoffe dem Kreislauf dennoch erhalten bleiben, müssen Klärschlämme mit mehr als 20 Gramm Phosphor pro Kilogramm Trockenmasse und Klärschlammverbrennungsaschen künftig einer Phosphorrückgewinnung unterzogen werden. So schreibt es die 2017 novellierte Klärschlammverordnung vor.
Seit vielen Jahren laufen zahlreiche Versuche, in denen passende Techniken zur Phosphorrückgewinnung aus kommunalen Abwässern erprobt werden. Ein vielversprechendes Verfahren, das inzwischen auch in großtechnischem Maßstab in der Praxis Anwendung findet, ist die Rückgewinnung von Phosphor aus dem Schlammwasser oder Faulschlamm in Form von Struvit. Dieses kann als Düngemittel eingesetzt werden (siehe Kasten). Eine andere, großtechnisch ebenfalls bereits umsetzbare Möglichkeit der Phosphor-Rückgewinnung ist die Verbrennung von Klärschlamm zu Asche. Da die reine Asche aufgrund der schlechten Nährstoffverfügbarkeit und der hohen Schadstoffgehalte nicht direkt als Dünger eingesetzt werden kann, wird sie in verschiedenen Verfahren weiterverarbeitet.
Erfolgreich setzten sich verschiedene Vertreter der ökologischen Landwirtschaft dafür ein, Struvit (Ammonium-Magnesium-Phosphat) aus der Klärschlamm-Verwertung auf ökologischen Anbauflächen zuzulassen und in der EU-Ökoverordnung zu listen.
Struvit ist eine Verbindung, die zwischen 23 und 28 Prozent Phosphat enthält. In manchen Anlagen sind auch Gehalte von über 50 Prozent möglich. Struvit hat eine hohe Pflanzenverfügbarkeit: Nahezu 100 Prozent des Phosphats ist neutral-ammonium-citrat-löslich. Das heißt, es kann von den Pflanzen über die Wurzeln gut mobilisiert werden, es wird jedoch nicht ausgewaschen. Darüber hinaus enthält Struvit rund fünf Prozent Stickstoff und zehn Prozent Magnesium.
Laut Deutscher Phosphor-Plattform sind recycelte Phosphordünger bereits verfügbar, allerdings noch nicht in großen Mengen. Mit fortschreitender Umsetzung der Phosphorrückgewinnung ist in absehbarer Zeit jedoch damit zu rechnen, dass das Angebot an Phosphor-Rezyklaten zunimmt.
In viehintensiven Regionen fallen deutliche Gülleüberschüsse an. Was die Betriebe nicht über die eigene Fläche verwerten können, müssen sie loswerden. Wer kann, gibt die überschüssige Gülle an viehlose Ackerbaubetriebe in der Nachbarschaft ab – manchmal mit dem Umweg über die Biogasanlage. Da die Kapazitäten aufnehmender Betriebe in viehstarken Gebieten und in der näheren Umgebung meist schnell erschöpft sind, bleibt den Tierhaltungsbetrieben nichts anderes übrig, als die Gülle auch über weitere Distanzen an abnehmende Betriebe abzugeben.
Bei diesen Gülletransporten wird überwiegend Wasser befördert. Denn Nährstoffe und feste organische Bestandteile, um die es den abnehmenden Betrieben im Wesentlichen geht, machen gerade mal 10 Prozent der Gülle aus. Umweltfreundlicher und günstiger wäre es, wenn man der Gülle vor dem Transport das Wasser entzieht und nur die organischen Bestandteile und Nährstoffe transportiert.
Genau hier setzt das BioEcoSIM-Verfahren des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) an. Bei diesem Verfahren werden Gülle und Gärreste derart aufbereitet, dass gut verwertbare Produkte wie Phosphorsalze, Stickstoffdünger (Ammoniumsulfatlösung) und nährstoffarmes organisches Material entstehen. Letzteres kann als bilanzneutraler Bodenhilfsstoff für den Humusaufbau verwendet werden.
An den Versuchsanlagen des Fraunhofer-Instituts gelang es, aus 1,2 Tonnen Gülle sieben Kilogramm Phosphatsalze, 21 Kilogramm Ammoniumsulfat und 83 Kilogramm organischen Feststoff zu gewinnen. Damit werden 90 Prozent des in der Gülle enthaltenen Phosphors und Stickstoffs recycelt.
Das Einsparpotenzial an synthetischen Düngern ist groß: Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts ließen sich hochgerechnet aus der Aufbereitung von zwei Millionen Tonnen Gülle – das entspricht knapp einem Prozent der jährlich in Deutschland ausgebrachten Menge – 14.000 Tonnen Phosphatsalze zurückgewinnen. Das wären neun Prozent des jährlich nach Deutschland importierten mineralischen Phosphors.
Die Lizenz für das BioEcoSIM-Verfahren wurde von einem deutschen Entsorgungsunternehmen erworben, dass großtechnische Anlagen in viehstarken Regionen plant.
Das eigentliche Dilemma mit dem Phosphor in unseren Böden ist meist nicht, dass es davon zu wenig gibt. Das Problem ist vielmehr, dass der Phosphor chemisch fest gebunden ist und den Pflanzen damit nicht zur Verfügung steht. Deswegen müssen im Ackerbau so große Mengen an Phosphor gedüngt werden.
Um den Phosphor, der gedüngt wird, und jenen, der im Boden in gebundener Form vorliegt, besser auszunutzen, gibt es verschiedene pflanzenbauliche und düngungstechnische Maßnehmen. Dazu zählen beispielsweise
Ein interdisziplinäres Forscherteam der Universität Bayreuth und der Universität Kopenhagen fand heraus, dass man den im Boden gebundenen Phosphor über die gezielte Düngung von Silizium wieder verfügbar machen kann. Silizium mobilisiert nämlich den an Eisen gebundenen Phosphor, sodass dieser von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden kann.
Wenn Landwirtinnen und Landwirte ihren Böden also genau dosierte Mengen Silizium zuführen, können sie ohne Ernteverluste für gewisse Zeit – gegebenenfalls sogar über mehrere Jahre – auf phosphorhaltige Dünger verzichten, so die Wissenschaftler. Silizium ist im Überfluss vorhanden: Es ist nach Sauerstoff und Eisen das dritthäufigste Element der Erde. Gewonnen wird es meist aus Sand.
Es gibt noch weitere positive Effekte der Silizium-Düngung. Wie die Forscher in zahlreichen Versuchen herausfanden, können Siliziumverbindungen auch enorme Mengen an Wasser im Boden speichern. So konnte gezeigt werden, dass ein Prozent mehr amorphe Silikate in den oberen 20 Zentimetern des Bodens 40 Prozent mehr pflanzenverfügbares Wasser bedeuten. In Dürreperioden könnte solches Wasser für die Pflanzen lebenserhaltend sein und Ernteverluste deutlich mindern.
Wichtig ist nach Aussagen der Forscher jedoch, dass das Silizium sehr genau dosiert wird. Denn gelangt zu viel Silizium in den Boden, könnten zu große Mengen an Nährstoffen in kurzer Zeit freigesetzt werden. Im ungünstigsten Fall werden die Nährstoffe dann ausgewaschen und gelangen in Oberflächengewässer. Hier bedarf es daher noch weiterer Forschung, welche Siliziummengen bei welcher Bodenart und Pflanze sinnvoll sind.
Letzte Aktualisierung 25.10.2023