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Risikomanagement in der Landwirtschaft: Welche Möglichkeiten gibt es? Risikomanagement in der Landwirtschaft: Welche Möglichkeiten gibt es?

Wie können sich landwirtschaftliche Betriebe besser auf produktions- und marktbedingte Risiken einstellen? Landwirtinnen und Landwirten stehen neben staatlicher Unterstützung verschiedene betriebliche Maßnahmen zur Verfügung, mit denen Sie vorsorgen können.

Das Risikomanagement wird für landwirtschaftliche Betrieb immer wichtiger.
Bild: mp2/stock.adobe.de

Die Risiken in der Landwirtschaft haben sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt: Extreme Wetterereignisse wie Dürre, Sturm oder Dauerregen treten – bedingt durch den Klimawandel – immer häufiger auf und verursachen erhebliche Ertrags- und Qualitätsverluste. Auch die Corona-Krise und Kriegsgeschehen haben gezeigt, wie schnell es zu enormen Verwerfungen auf den Märkten kommen kann. Außerdem stellt die zunehmende Liberalisierung der EU-Agrarpolitik und die daraus resultierende stärkere Marktorientierung die Betriebe vor Herausforderungen.

Betriebliche und staatliche Vorsorge möglich

Wie können sich landwirtschaftliche Betriebe besser auf diese Unsicherheiten einstellen? Über diese Frage diskutieren Vertreter aus Praxis, Wissenschaft und Politik bereits seit einigen Jahren. Prinzipiell sind sich alle einig, dass der Umgang mit produktions- und marktbedingten Risiken in erster Linie Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs ist. Dafür stehen vielfältige inner- und außerbetriebliche Instrumente und Maßnahmen zur Verfügung, die wir im Folgenden erläutern. Neben den betrieblichen Instrumenten und Maßnahmen werden außerdem auch verschiedene Modelle staatlicher Unterstützung diskutiert.

Die landwirtschaftliche Produktion anpassen

Landwirtschaftliche Betriebe müssen ihre Produktionssysteme in Zukunft besser auf die sich ändernden Klimabedingungen einstellen. Dazu zählt zum Beispiel der Einsatz von Sorten, die an die veränderten Bedingungen wie Trockenheit, verlängerte Vegetationsperiode oder Hitze besser angepasst sind, oder neue Kulturarten, die hierzulande bislang noch kaum angebaut werden: So könnte Mais beispielsweise durch die wesentlich trockentolerantere Sorghum-Hirse als Futter- oder Rohstoffpflanze ersetzt werden. Auch wärmeliebende Kulturen wie Sojabohne oder Hirse werden zukünftig wahrscheinlich häufiger auf den Äckern zu finden sein und müssen züchterisch entsprechend an die hiesigen Bedingungen angepasst werden.

Die Züchtung ist ebenfalls gefragt, Sorten zu entwickeln, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge sind. Denn es ist zu befürchten, dass sich Pilze, Viren und Schadinsekten, bedingt durch die milderen Winter, verstärkt ausbreiten.

Auch eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und der Wasserhaltefähigkeit des Bodens kann zu einer Risikominimierung beitragen. Diesbezüglich kommt dem Zwischenfruchtbau und der konservierenden Bodenbearbeitung eine große Bedeutung zu.

Risiko streuen durch Diversifizierung

Solidarische Landwirtschaft ist auch eine Möglichkeit zur Diversifizierung. Das Risiko der Produktion wird dann auf viele Schultern verteilt.
Bild: Oksana Kuzmina/stock.adobe.de

Die starke Spezialisierung in der Landwirtschaft hat dazu geführt, dass die Betriebe immer krisenanfälliger für Preis- oder Ertragsschwankungen geworden sind. Dies kann verhindert werden, indem wieder stärker diversifiziert wird. Denn Ertragsschwankungen oder Preiseinbrüche treten in den seltensten Fällen in allen Produktionsbereichen gleichzeitig auf. Betriebe mit mehreren Standbeinen können das Risiko somit besser ausgleichen.

Mit Diversifizierung ist nicht allein die Erweiterung der Fruchtfolge gemeint. Diversifizierung bedeutet auch, in die Weiterverarbeitung von Produkten oder die Direktvermarktung einzusteigen, Urlaub auf dem Bauernhof anzubieten, oder Energie durch Photovoltaik oder Biogas zu erzeugen.

Investition in neue Technik

Auch Investitionen in neue technische Anlagen können das Risiko mindern. Zum Beispiel macht die Anschaffung einer effizienten Bewässerungstechnik überall dort Sinn, wo künftig mit zunehmender Trockenheit zu rechnen ist.

Einige solcher Investitionen werden über staatliche Programme gefördert. Diese Programme gehen entweder auf den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) oder auf die Gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) zurück. Ein zentrales Element der einzelbetrieblichen Förderung ist das Agrarinvestitionsförderprogramm.

Verschiedene Rücklagen bilden

Es lohnt sich, in „guten“ Jahren Rücklagen zu bilden, um „schlechte“ Jahre besser überbrücken zu können. Rücklagen müssen dabei nicht immer Geld bedeuten. Auch das Einlagern von Getreide oder Futterreserven zählt unter die Rücklagenbildung. Dieses Instrument der betrieblichen Risikovorsorge ist sehr beliebt unter Landwirtinnen und Landwirten.

Risiken richtig versichern

Versicherungen sind ein bewährtes Instrument zur Absicherung bestimmter Risiken. So ist die Hagelversicherung bei vielen Betrieben inzwischen fast übliche Praxis. Versicherungen gegen Sturm, Starkregen oder Frost sind dagegen weitaus seltener. Seitdem der Versicherungssteuersatz 2013 herabgesetzt wurde, nahm die Zahl solcher Policen zu, meist in Form von Mehrgefahrenversicherungen.

Versicherungen gegen Hochwasser und Überschwemmungen sind nicht nur selten – für viele landwirtschaftliche Betriebe sind sie auch schlicht zu teuer.
Bild: landpixel.eu

Gegen Dürre ist dagegen bislang kaum ein Landwirtschaftsbetrieb in Deutschland versichert. Und das, obwohl Dürre das mit Abstand größte Ertragsrisiko in Deutschland darstellt. Das Problem ist: Es gibt nur sehr wenige Angebote für Versicherungen gegen Dürre, und die sind sehr teuer. Mehr dazu lesen Sie in unserem Beitrag Landwirtschaft im Klimawandel – was leisten Versicherungen? Ähnlich sieht es für Versicherungen gegen Hochwasser und Überschwemmungen aus. Auch hier ist das Angebot sehr dünn und die Beiträge entsprechend hoch.

Etwas anders sieht es bei tierhaltenden Betrieben aus. Neben der staatlich gewährten Entschädigung, die die Tierseuchenkasse für Tierverluste zahlt, können sich Tierhalter über sogenannte Ertragsschadenversicherungen zusätzlich privat absichern. Diese Zusatzversicherungen decken auch Folgeschäden ab, die sich zum Beispiel im Seuchenfall aus der Einrichtung von Sperrbezirken oder Beobachtungsgebieten und einem damit verbundenen Vermarktungsverbot ergeben.

Verträge mit vor- oder nachgelagerten Unternehmen schließen

Bindungen in Vertragsform zwischen dem Landwirtschaftsbetrieb und vor- bzw. nachgelagerten Unternehmen sind bei Landwirtinnen und Landwirten ein beliebtes Mittel der Risikovorsorge. Vorherrschend sind hier einmalige oder langfristige Lieferverträge für einzelne Produkte oder Produktgruppen. Aber auch eine vertikale Integration über mehrere Stufen der Wertschöpfungskette ist möglich.

Vertragliche Bindungen bieten eine längerfristige Planungssicherheit hinsichtlich Menge, Qualität und Preis – und zwar für alle Vertragspartner. Längerfristige Bindungen sind häufig auch Voraussetzung für die Erschließung bestimmter Märkte, zum Beispiel für gewisse Qualitäts- bzw. Regionalprogramme.

Preisabsicherung über Warenterminbörsen

Der Handel über Warenterminbörsen bietet landwirtschaftlichen Unternehmen die Möglichkeit, Risiken durch Preisschwankungen abzusichern. Bei Warenterminbörsen handelt es sich um streng organisierte Marktveranstaltungen, auf denen Lieferverpflichtungen für bestimmte Waren zu bestimmten zukünftigen Terminen in Form von Kontrakten gehandelt werden.

Die gehandelten Waren werden täglich aufgrund neuer Marktinformationen (beispielsweise Regenfälle oder Trockenheit) für zukünftige Liefermonate neu bewertet. Dadurch, dass die Kontraktpreise auf einer breiten Informations- und Meinungsbasis beruhen und die Marktteilnehmer für ihre Preiserwartungen finanziell einstehen, spiegeln diese Preise relativ zuverlässig die Gleichgewichtspreise des betreffenden Marktes in der Gegenwart und naher Zukunft wider. Die vorherige Absicherung eines Preises im Zuge eines Warentermingeschäfts schützt die Marktteilnehmer damit vor ungünstigen Preisentwicklungen.

In der Regel erfolgt die Absicherung an der Warenterminböse durch den Handel. Es gibt aber auch einige Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Erzeugnisse direkt über einen Broker an der Warenterminbörse absichern.

Staatliche Hilfen für die Risikoabsicherung

Steuerliche Anreize könnten helfen, die betriebliche Risikovorsorge zu verbessern.
Bild: Marco2811/stock.adobe.de

Landwirtschaftsbetriebe erhalten von der Europäischen Union Direktzahlungen für die Einkommens- und Risikoabsicherung, sowie als Ausgleich für Umwelt-, Tier und Verbraucherschutzstandards – die Beihilfen machen im Wirtschaftsjahr 2021/202 fast die Hälfte des Einkommens aus. Trotz dieser Direktzahlungen musste der Staat jedoch in den vergangenen Jahren regelmäßig zusätzliche Sonderbeihilfen in mehrstelliger Millionenhöhe bereitstellen, um einen Teil der landwirtschaftlichen Betriebe bei größeren Witterungs- und Marktkrisen vor dem Aus zu bewahren.

Damit solche Zahlungen künftig nicht mehr – oder zumindest nicht mehr in dieser Höhe – nötig werden, fordern einige Vertreter der Agrarbranche vom Staat, die betriebliche Risikovorsorge der Landwirtinnen und Landwirte durch steuerliche Anreize zu unterstützen. Diskutiert wurden dabei bereits verschiedene Modelle, wie die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage oder die Reduzierungen der Versicherungssteuer, beispielsweise für Trockenheit. In die Praxis schaffte es aber nur die mehrjährige Gewinnglättung. Hiernach wurde die Einkommensteuer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nicht auf der Grundlage des aktuellen Steuerjahrs bemessen, sondern ein geglätteter dreijähriger Durchschnittsgewinn herangezogen. Die Maßnahme steht nicht mehr zur Verfügung – der Bundesrat entschied sich 2022 gegen eine Verlängerung.

Letzte Aktualisierung: 25.10.2023

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