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In vielen landwirtschaftlichen Familien ist die Hofnachfolge nicht geklärt oder nicht vorhanden. Andererseits gibt es junge, gut ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte, die einen Betrieb suchen, auf dem sie sich eine Existenz in der Landwirtschaft aufbauen können. Diese außerfamiliäre Hofnachfolge wird in der Beratung oftmals noch mit Zurückhaltung und Skepsis, aber auch Unsicherheit betrachtet.
Die Projektgruppe „Sozioökonomische Beratung“ des Verbandes der Landwirtschaftskammern hat verschiedene Modelle diskutiert, die den Beraterinnen und Beratern die Begleitung des Übergabeprozesses erleichtern soll. Die Ergebnisse sind Inhalt dieses Beitrags. Sie wurden von Anne Dirksen von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zusammengefasst und zeigen eine mögliche Vorgehensweise.
Zunächst sollten die zentralen Fragen nach den jeweiligen Motiven für die außerfamiliäre Hofübergabe oder -übernahme im Vordergrund stehen.
Im nächsten Schritt erfolgt eine Analyse der Chancen und Risiken sowie der Stärken und Schwächen des Vorhabens, kurz: SWOT-Analyse (= analysis of strengths, weaknesses, opportunities and threats). Ziel ist es, die Ausgangssituation der Beteiligten zu durchleuchten und jeweils ein Leitbild zu entwickeln.
Dazu bedarf es der Analyse des persönlichen, familiären sowie betrieblichen Umfelds. Dabei kann die Beantwortung folgender Fragen helfen:
Wichtig ist auch die Klärung der gegenseitigen Vorstellungen hinsichtlich des zukünftigen Zusammenlebens und -arbeitens:
Bestehen an irgendeinem Punkt noch bisher unausgesprochene Erwartungen? Wenn ja, sollten sie jetzt klar formuliert werden. So kann „die andere Seite“ entscheiden, ob sie diese Erwartungen erfüllen kann.
Aufgabe der Beratungskraft ist es, mit Hilfe geeigneter Unterlagen das Wunschprofil darzustellen sowie ein Kompetenzprofil hinsichtlich der möglichen Übergabeformen und der Finanzierung zu erarbeiten. Hierbei geht es um die Darstellung der Chancen und Risiken verschiedener Wege wie Kauf, Pacht, Übergabe, Kooperationen, Überführung in gemeinnützige Trägerschaft sowie um die Information über Finanzierungs- und gegebenenfalls Fördermöglichkeiten.
Gemeinsam mit den Beteiligten findet dann idealerweise eine ausführliche Profilbewertung und Beurteilung der Alternativen statt.
Aus dem formulierten Leitbild lässt sich ein geeignetes Handlungskonzept mit entsprechenden Etappenzielen entwickeln. Dazu gehören dann auch konkrete Betriebs- und Finanzierungskonzepte, die fachlich durch Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Liquiditätsplanungen und Ähnliches untermauert werden. In Frage kommende Fördermittel müssen fristgerecht beantragt werden.
Auch die Absicherung der jeweiligen Personen darf nicht vernachlässigt werden. Für die einen steht die Einkommenssicherung im Alter im Vordergrund, für die anderen die Risikoabsicherung bei Berufsunfähigkeit und im Todesfall. Auch die Absicherung betrieblicher Risiken sollte überdacht werden, zumal unter Umständen außerordentliche Kündigungsrechte bei den Sach- und Haftpflichtversicherungen bestehen. Ein guter Anlass, alle Versicherungen gründlich unter die Lupe zu nehmen.
Ohnehin spielt das Risikomanagement gerade bei außerfamiliärer Hofübergabe eine entscheidende Rolle. Das unternehmerische Risiko ist nicht automatisch höher als in traditionell fortgeführten Familienbetrieben. Dennoch dürfte tendenziell weniger Eigenkapital zur Verfügung stehen und das Unternehmen damit risikoanfälliger sein. Die unternehmerischen Fähigkeiten bekommen dadurch eine größere Bedeutung – nicht nur in der Kommunikation mit Banken.
Wichtig ist es, klare Absprachen zu treffen: Was ist bis wann und gegebenenfalls mit wem zu erledigen. Auch diese Punkte sollten im Handlungskonzept klar formuliert sein. So bietet es eine ideale Voraussetzung dafür, dass auch im weiteren Prozess „mit offenen Karten gespielt“ wird. Grundbedingung für jede Hofübergabe ist einfach gegenseitiges Vertrauen.
Ein kritischer Punkt aber absolutes Muss ist es, an geeigneter Stelle im Prozess auch die Frage nach einem realisierbaren Ausstieg aus der Zusammenarbeit und deren Konsequenzen zu beantworten. Dies ist gerade kein Ausdruck des Misstrauens, sondern gehört in jede Form von Kooperationsvereinbarungen.
Besonders in der Phase der Strategieentwicklung ist es wichtig, für spezielle Fragestellungen frühzeitig geeignete Fachkräfte einzubeziehen. Sie kommen beispielsweise aus der Steuerberatung, der produktionstechnischen oder betriebswirtschaftlichen Spezialberatung, der Bau- und Förderberatung. Wenn es um juristische Fragen wie die Vertragsgestaltung oder auch erbrechtliche Aspekte gehören selbstverständlich Juristen mit „ins Boot“.
Die Phase der Umsetzung und Kontrolle wird insgesamt in der Beratung immer noch gerne vernachlässigt. Dabei ist sie ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hierbei kommt der Beratung als Moderator eine wichtige Rolle zu:
Die außerfamiliäre Hofübergabe kann gerade im Rahmen des fortschreitenden Strukturwandels eine gute Möglichkeit sein, Höfe zu erhalten und damit den ländlichen Raum zu stärken. Die Beratung kann als ganzheitliche Begleitung in diesem Prozess mitwirken. Dabei kommt ihr die wichtige Aufgabe zu, die Übergabe vorzubereiten, zu moderieren, Impulse zu geben. Daneben kann sie ihre Fachkompetenz sowie ihr vielfältiges Netzwerk einbringen.
Letzte Aktualisierung 19.07.2022
Ansprechpersonen zum Thema Hofnachfolge in den Bundesländern (pdf-Datei)