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Wie kann Beratung die außerfamiliäre Hofübergabe begleiten? Hofnachfolge

Beratungskräfte können dabei helfen eine Hofübergabe zu strukturieren und moderieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie eine Beratung den Prozess der Hofübergabe begleiten kann.

Der erste Schritt für eine außerfamiliäre Hofübergabe ist, sich über die Beweggründe und Folgen auszutauschen.
Bild: Agrarfoto

In vielen landwirtschaftlichen Familien ist die Hofnachfolge nicht geklärt oder nicht vorhanden. Andererseits gibt es junge, gut ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte, die einen Betrieb suchen, auf dem sie sich eine Existenz in der Landwirtschaft aufbauen können. Diese außerfamiliäre Hofnachfolge wird in der Beratung oftmals noch mit Zurückhaltung und Skepsis, aber auch Unsicherheit betrachtet.

Die Projektgruppe „Sozioökonomische Beratung“ des Verbandes der Landwirtschaftskammern hat verschiedene Modelle diskutiert, die den Beraterinnen und Beratern die Begleitung des Übergabeprozesses erleichtern soll. Die Ergebnisse sind Inhalt dieses Beitrags. Sie wurden von Anne Dirksen von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zusammengefasst und zeigen eine mögliche Vorgehensweise.

Erste Gespräche

Zunächst sollten die zentralen Fragen nach den jeweiligen Motiven für die außerfamiliäre Hofübergabe oder -übernahme im Vordergrund stehen.

  • Was bewegt die Hofeigentümer, ihren Betrieb in familienfremde Hände zu geben?
  • Geht es um den Erhalt des Hofes oder um die Sicherung einer bestimmten Wirtschaftsweise (z. B. ökologischer Landbau, Tierzucht)?
  • Stehen materielle Aspekte im Vordergrund (maximaler Verkaufserlös, hohe Pachterträge o. Ä.)?
  • Bestehen bereits konkrete Vorstellungen und Erwartungen an die Nachfolgerin oder den Nachfolger?
  • Ist die außerfamiliäre Übergabe wirklich eine Option oder lediglich ein oberflächlicher Gedanke?
  • Welche Motive haben die mögliche Übernehmerin oder der mögliche Übernehmer?
  •  Haben sie realistische Vorstellungen von ihrer persönlichen Zukunft auf einem familienfremden Hof?
  • In diesem Zug erfolgt auch die Auftragsklärung für die Beraterin oder den Berater.

SWOT-Analyse: Welche Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken gibt es?

Im nächsten Schritt erfolgt eine Analyse der Chancen und Risiken sowie der Stärken und Schwächen des Vorhabens, kurz: SWOT-Analyse (= analysis of strengths, weaknesses, opportunities and threats). Ziel ist es, die Ausgangssituation der Beteiligten zu durchleuchten und jeweils ein Leitbild zu entwickeln.

Dazu bedarf es der Analyse des persönlichen, familiären sowie betrieblichen Umfelds. Dabei kann die Beantwortung folgender Fragen helfen:

  • Welche Ressourcen bringt die Existenzgründerin oder der Existenzgründer mit?
  • Welche Ausbildung und gegebenenfalls Zusatzqualifikationen kommen zum Einsatz?
  • Welche Möglichkeiten bietet der Betrieb:
    • Welche Anbaumöglichkeiten bietet der Boden?
    • Welche Nutzungs- oder Erweiterungsmöglichkeiten die vorhandenen Gebäude sind denkbar?
    • Welche Vermarktungswege können beschritten werden?
    • Gibt es aussichtsreiche Produktionsnischen?
  • Welche finanziellen Möglichkeiten stehen bereit?
  • Kann die Übergeberfamilie damit leben, wenn die „Neuen“ anders wirtschaften?

Wichtig ist auch die Klärung der gegenseitigen Vorstellungen hinsichtlich des zukünftigen Zusammenlebens und -arbeitens:

  • Welche Wünsche bestehen?
  • Lassen sie sich realisieren?
  • Können Kompromisse gefunden werden?
  • Stehen getrennte Wohneinheiten zur Verfügung?
  • Wie sieht es mit der Mithilfe aus? Ist sie beiderseits erwünscht und, wenn ja, in welchem Rahmen?
  • Wie sieht es mit Leistungen bei eventueller Pflegebedürftigkeit aus?

Bestehen an irgendeinem Punkt noch bisher unausgesprochene Erwartungen? Wenn ja, sollten sie jetzt klar formuliert werden. So kann „die andere Seite“ entscheiden, ob sie diese Erwartungen erfüllen kann.

Zur Ausarbeitung von Wunsch- und Kompetenzprofilen bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit der Beratungskraft.
Bild: Agrarfoto

Aufgabe der Beratungskraft ist es, mit Hilfe geeigneter Unterlagen das Wunschprofil darzustellen sowie ein Kompetenzprofil hinsichtlich der möglichen Übergabeformen und der Finanzierung zu erarbeiten. Hierbei geht es um die Darstellung der Chancen und Risiken verschiedener Wege wie Kauf, Pacht, Übergabe, Kooperationen, Überführung in gemeinnützige Trägerschaft sowie um die Information über Finanzierungs- und gegebenenfalls Fördermöglichkeiten.

Gemeinsam mit den Beteiligten findet dann idealerweise eine ausführliche Profilbewertung und Beurteilung der Alternativen statt.

Mit einer klaren Strategie zum Ziel

Aus dem formulierten Leitbild lässt sich ein geeignetes Handlungskonzept mit entsprechenden Etappenzielen entwickeln. Dazu gehören dann auch konkrete Betriebs- und Finanzierungskonzepte, die fachlich durch Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Liquiditätsplanungen und Ähnliches untermauert werden. In Frage kommende Fördermittel müssen fristgerecht beantragt werden.

Auch die Absicherung der jeweiligen Personen darf nicht vernachlässigt werden. Für die einen steht die Einkommenssicherung im Alter im Vordergrund, für die anderen die Risikoabsicherung bei Berufsunfähigkeit und im Todesfall. Auch die Absicherung betrieblicher Risiken sollte überdacht werden, zumal unter Umständen außerordentliche Kündigungsrechte bei den Sach- und Haftpflichtversicherungen bestehen. Ein guter Anlass, alle Versicherungen gründlich unter die Lupe zu nehmen.

Vor allem im Bereich der personenbezogenen Versicherungen sollte bei einer Hofübergabe genau hingeschaut werden. Auch die Absicherung der betrieblichen Risiken sollte bei einer Umstellung der Produktion und Vermarktung an die neuen Verhältnisse angepasst werden.
Bild: SvetaZi/iStock/Getty Images Plus via Getty Images

Ohnehin spielt das Risikomanagement gerade bei außerfamiliärer Hofübergabe eine entscheidende Rolle. Das unternehmerische Risiko ist nicht automatisch höher als in traditionell fortgeführten Familienbetrieben. Dennoch dürfte tendenziell weniger Eigenkapital zur Verfügung stehen und das Unternehmen damit risikoanfälliger sein. Die unternehmerischen Fähigkeiten bekommen dadurch eine größere Bedeutung – nicht nur in der Kommunikation mit Banken.

Wichtig ist es, klare Absprachen zu treffen: Was ist bis wann und gegebenenfalls mit wem zu erledigen. Auch diese Punkte sollten im Handlungskonzept klar formuliert sein. So bietet es eine ideale Voraussetzung dafür, dass auch im weiteren Prozess „mit offenen Karten gespielt“ wird. Grundbedingung für jede Hofübergabe ist einfach gegenseitiges Vertrauen.

Ein kritischer Punkt aber absolutes Muss ist es, an geeigneter Stelle im Prozess auch die Frage nach einem realisierbaren Ausstieg aus der Zusammenarbeit und deren Konsequenzen zu beantworten. Dies ist gerade kein Ausdruck des Misstrauens, sondern gehört in jede Form von Kooperationsvereinbarungen.  

Besonders in der Phase der Strategieentwicklung ist es wichtig, für spezielle Fragestellungen frühzeitig geeignete Fachkräfte einzubeziehen. Sie kommen beispielsweise aus der Steuerberatung, der produktionstechnischen oder betriebswirtschaftlichen Spezialberatung, der Bau- und Förderberatung. Wenn es um juristische Fragen wie die Vertragsgestaltung oder auch erbrechtliche Aspekte gehören selbstverständlich Juristen mit „ins Boot“.

Beratung kann Umsetzung begleiten und moderieren

Auch in der Umsetzungsphase spielt die Beratung eine wichtige Rolle. Sie kann die Verwirklichung der geplanten Maßnahmen begleitend moderieren.
Bild: Agrarfoto

Die Phase der Umsetzung und Kontrolle wird insgesamt in der Beratung immer noch gerne vernachlässigt. Dabei ist sie ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hierbei kommt der Beratung als Moderator eine wichtige Rolle zu:

  • Können die Etappenziele erreicht werden? Wenn „nein“, warum nicht?
  • Muss das Handlungskonzept gegebenenfalls angepasst werden?
  • Welche Unterstützung benötigen die Beteiligten zusätzlich?
  • Treten Konflikte auf?
  • Lassen sie sich mit Hilfe einer Beratung oder Mediation lösen?

Fazit

Die außerfamiliäre Hofübergabe kann gerade im Rahmen des fortschreitenden Strukturwandels eine gute Möglichkeit sein, Höfe zu erhalten und damit den ländlichen Raum zu stärken. Die Beratung kann als ganzheitliche Begleitung in diesem Prozess mitwirken. Dabei kommt ihr die wichtige Aufgabe zu, die Übergabe vorzubereiten, zu moderieren, Impulse zu geben. Daneben kann sie ihre Fachkompetenz sowie ihr vielfältiges Netzwerk einbringen.

Letzte Aktualisierung 19.07.2022

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