„Das ist doch ganz einfach: Wir machen einen Übergabevertrag. Lisa kriegt den Betrieb wie abgemacht und fertig. Franz lebt doch schon seit 10 Jahren nicht mehr hier, hat außerdem Betriebswirtschaft studiert und verdient als Unternehmensberater eine sechsstellige Summe. Den tollen Posten hat er doch nur deshalb bekommen, weil wir ihm das Studium und das Jahr in Amerika an einer Privat-Universität finanziert haben.“, antwortet Bauer Müller seiner Frau auf die Frage, ob sie nicht endlich “etwas“ regeln sollten.
Wenige Monate später freuen sich Lisa und die Eltern über die Unterzeichnung des Notarvertrages, Franz ist zu diesem Zeitpunkt schon wieder in den USA. Sie wollen ihn später über die Details informieren, wenn er mal Zeit hat. Doch das gerät in Vergessenheit. Drei Jahre später verstirbt Bauer Müller.
Nach der Beerdigung sitzen Mutter, Franz und Lisa zusammen. Franz liest den Hofübergabevertrag nun zum ersten Mal. Er ist entsetzt: Lisa hat den gesamten Betrieb bekommen, sogar der alte Porsche-Traktor, den der Papa ihm eigentlich versprochen hatte, gehört jetzt ihr. Für die Mama ist der „Sitz“ im Haus und eine kleine Leibrente vereinbart, das ist seiner Meinung nach auch richtig so. Nur er geht leer aus. Im Vertrag steht, die Eltern hätten sein Studium und seinen Auslandsaufenthalt in Höhe von 100.000 € finanziert, das sei sein Anteil am Erbe.
Trotz ihres Kummers bemerkt Frau Müller die Sprachlosigkeit ihres Sohnes. Sie versucht zu begründen: „Lisa hat das Vermögen ja nur auf dem Papier. Eigentlich haben wir ihr mit der Hofübergabe ihren Arbeitsplatz bereitgestellt. Du hast ja auch eine gute Ausbildung bekommen. Papa hat für uns lediglich 10.000 € zurückbehalten.“