Hier beginnt der Hauptinhalt dieser Seite

Bewässerung in der Landwirtschaft und im Gartenbau

Klimaforscherinnen und -forscher prognostizieren einen weiteren Anstieg der Temperaturen und eine ungünstige Verteilung der Niederschläge. Die Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen könnte daher in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen.

Hitze, Dürre und wochenlang kein Regen, so ließ sich beispielsweise der Sommer 2018 in den meisten Regionen Deutschlands beschreiben. Auch 2020 war lange Zeit in vielen Teilen des Landes kein Regen in Sicht. Weder die Menge des Niederschlags noch seine Verteilung und zeitliche Abfolge entsprachen dem Wasserbedarf unserer (Kultur-)Pflanzen. Sie gerieten in Trockenstress und reagierten mit Ertrags- und Qualitätseinbußen.

Kreisberegnungsmaschine zur Großflächenbewässerung im Einsatz.
Bild: Cordula Möbius

In den nächsten Jahren könnte sich solch ein Szenario durchaus wiederholen, sagen Klimaforscherinnen und -forscher. Sie prognostizieren einen weiteren Anstieg der Temperaturen und eine ungünstige Verteilung der Niederschläge. Das wird Landwirtinnen und Landwirte vor weitere Herausforderungen stellen. Doch wie reagieren? Diskutiert wird neben dem Anbau trockenstressresistenterer Sorten auch die zusätzliche Bewässerung und Beregnung der Feldkulturen. Sie könnte in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.

Klima und Niederschläge

Wenn es um das Klima geht, spielt vor allen Dingen die Verteilung der Niederschläge eine Rolle. Sie ist in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich. Im Osten Deutschlands und in Niedersachsen ist es häufig deutlich trockener als im Westen Deutschlands und im Norden trockener als im Süden. Im Jahr 2023 beispielsweise fielen in Nordrhein-Westfalen 1220 Liter Regen pro Quadratmeter. In Mecklenburg-Vorpommern waren es dagegen nur 685 Liter.

BZL-Broschüre "Agrarmeteorologie"

Die Broschüre zeigt die Bedeutung des Einflusses von Wetter und Klima auf die Kulturpflanzen und gibt entsprechende Empfehlungen für die Arbeit auf dem Feld. Der Download dieser Veröffentlichung steht kostenlos zur Verfügung.

Herunterladen

Der richtige Boden

Auch die unterschiedlichen Wasserspeichereigenschaften der Böden fallen ins Gewicht, wenn es um den Bewässerungsbedarf von Kulturpflanzen geht, denn je nach Bodenart und -zusammensetzung ist das Bodenwasser für die Pflanzen unterschiedlich verfügbar.

Die Pflanzenverfügbarkeit hängt grundlegend von Umfang und Größe der Bodenporen ab. Besonders die Mittelporen (Durchmesser zwischen 0,002 und 0,01 mm) und die engeren Grobporen (0,01 – 0,05 mm) sind für die Wasserversorgung der Pflanzen wichtig. In ihnen wird das Wasser gegen die Schwerkraft festgehalten, kann aber von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden.  Drei Kennzahlen beschreiben die Pflanzenverfügbarkeit des Wassers:

  1. Feldkapazität: Benennt die Wassermenge, die ein natürlich gelagerter Boden nach Sättigung durch Regen oder anderweitige Wasserzufuhr gegen die Schwerkraft halten kann.
  2. Totwasser: Das nicht pflanzenverfügbare Bodenwasser, das mit hoher Saugspannung fest an die Bodenteilchen gebunden ist.
  3. Nutzbare Feldkapazität: Das Maß für das maximal pflanzenverfügbare Wasser; es ergibt sich aus der Differenz von Feldkapazität und Totwasser.

Tonböden beispielsweise können zwar sehr viel Wasser speichern, verfügen jedoch über einen erheblichen Anteil Totwasser. Sandböden können dagegen nur wenig Wasser speichern; ihre Feldkapazität und ihre nutzbare Feldkapazität sind niedrig. Lehmböden und insbesondere schluffreiche Lössböden besitzen das größte Speichervermögen für pflanzenverfügbares Wasser.
 

Beispiel: Lehmboden aus Löss

Porenanteile am Bodenvolumen in einem Lehmboden aus Löss; links: mit 100 % nutzbarer Feldkapazität (nFK), rechts: nach Austrocknung mit 50 % nFK und Bewässerungsbedarf bis 80 % nFK nach: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)(2008), verändert

Nutzbare Feldkapazität in verschiedenen Böden

 Sand sandiger Lehmlehmiger SandLehm    
Bodenwertzahl20 - 3035 - 5055 - 7075 - 85
nutzbare Feldkapazität,
mm Wasser für
60 cm Bodentiefe
32 - 5466 - 10490 - 180160 - 300
 

Auch der potenzielle Wurzelraum ist wichtig für die Menge an verfügbarem Wasser, zum Beispiel ist er bei einer Rendzina mit 30 cm durchwurzelbarem Ah-Horizont auf diesen Bereich beschränkt, im Gegensatz zu tiefgründigen Böden.

Pflanzenarten und ihre Wurzeln

Links: Ausreichend mit Wasser versorgter Mais wächst bis zu drei Meter hoch. Rechts: Aufgrund der Dürre haben die nur knapp einen Meter hohen Maispflanzen keine Kolben ausgebildet.
Bild: Landpixel

Unsere Kulturpflanzen verfügen je nach Art über eine sehr unterschiedliche Fähigkeit zur Nutzung des Bodenwassers. Die Kartoffel beispielsweise bildet ihren Hauptwurzelbereich nur bis in 40 cm Tiefe aus. Dementsprechend kann sie den Bodenwasservorrat auch nur bis in diese Tiefe ausschöpfen. Mais oder Zuckerrüben dagegen erschließen den Boden bis in größere Tiefen und haben daher ein größeres Bodenvolumen für die Deckung ihres Wasserbedarfs zur Verfügung.³

Trotz dieser Unterschiede wird bei den meisten landwirtschaftlichen Kulturen mit der Beregnung begonnen, wenn dem Boden die Hälfte seines speicherbaren Wassers entzogen wurde, also bei einer nutzbaren Feldkapazität von 50 Prozent. Vor allem Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Getreide oder Freilandgemüse sollten dann bewässert werden. Nur so lassen sich Ertrags- und Qualitätseinbußen vermeiden.

KulturBodenwertzahl
 20 - 3035 - 5055 - 70 
Kartoffeln80 -10070 -8055 - 60 
Zuckerrüben1109065 
Mais1309070 
Braugerste604025 
Feldgras160130100 
Richtwerte für den durchschnittlichen Zusatzwasserbedarf in Millimeter pro Jahr

Quelle: Leitfaden zur Beregnung landwirtschaftlicher Kulturen Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung des Landes Brandenburg)

Wasserentnahme ist gesetzlich geregelt

Dem Bedarf an Wasser zur Bewässerung steht jedoch nur ein begrenztes Angebot gegenüber. Deshalb ist die Höhe der Wasserentnahme gesetzlich geregelt: Wer Wasser zu Bewässerungszwecken aus dem Grund- oder Oberflächenquellwasser entnehmen möchte, benötigt dazu eine Erlaubnis nach dem Wasserhaushaltsgesetz¹. Die Genehmigung dazu erteilt – je nach Zuständigkeit – die obere oder untere Wasserbehörde des jeweiligen Bundeslandes.

Grundsätze der guten fachlichen Praxis beachten

Weil Wasser ein so kostbarer Rohstoff ist, sollte dem Boden nicht mehr davon zugeführt werden als die Pflanzen nutzen können. Für eine effiziente und nachhaltige Bewässerung gelten folgende Grundsätze der guten fachlichen Praxis²:

  1. Bewässerungsgaben dem Pflanzenbedarf, dem Wasserspeichervermögen des Bodens und dem Witterungsverlauf anpassen.
  2. Verdunstungsverluste so weit wie möglich vermeiden.
  3. Nährstoffauswaschung vermeiden.
  4. Anforderungen an die Qualität des Bewässerungswassers beachten.
  5. Betreiben der Bewässerungsanlage nach den Vorgaben der wasserrechtlichen Genehmigung.

Entscheidend ist die betriebswirtschaftliche Prüfung

Soweit eine Bewässerung technisch und standortgerecht möglich ist, muss in jedem Fall geprüft werden, ob die hierfür erforderlichen Investitionen auch betriebswirtschaftlich sinnvoll sind. Hier gelten die klassischen Kriterien von Rentabilität, Stabilität und Liquidität. Es geht also nicht allein um die Frage, ob sich die Anlage lohnt, sondern auch ob die finanziellen Voraussetzungen für deren Realisierung im jeweiligen Betrieb gegeben sind.

Ein zusätzlicher Aspekt einer solchen Maßnahme kann vor dem Hintergrund zunehmend häufigerer Extremwetterlagen sein, Ertragsrisiken zu mindern. Dies ist jedoch zumindest teilweise auch durch entsprechende Ertragsschaden- oder Mehrgefahrenversicherungen zu erreichen. Bei hoher Präferenz zur Risikominderung können daher entweder entsprechende Versicherungen abgeschlossen oder statt einer Versicherung die eingesparten Beiträge zugunsten der Bewässerung in die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen einbezogen werden.

Literaturverzeichnis:

(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG)

(2) Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (2008): Bewässerung im Ackerbau und in gärtnerischen Freilandkulturen.

(3) Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung (2005): Leitfaden zur Beregnung landwirtschaftlicher Kulturen.

Letzte Änderung dieser Seite am 17.02.2025