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Ein Großteil der in Gartenbau und Landwirtschaft genutzten Folien besteht aus Polyethylen (PE). Diese Folien werden fast ausschließlich aus Erdöl hergestellt. Für die Umwelt ist das problematisch, denn das Mikroplastik aus solchen Agrarfolien kann Böden und Gewässer belasten. Die Branche sucht deshalb seit einigen Jahren nach Alternativen. Eine davon ist die Verwendung umweltfreundlicher und ressourcenschonender Kunststoffe.
Viel diskutiert wird in diesem Zusammenhang über Folien aus biologisch abbaubaren Kunststoffen. Solche Folien sind bereits auf dem Markt. Laut dem Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk (C.A.R.M.E.N.) liegt der Marktanteil dieser Folien in Deutschland aktuell bei ein bis zwei Prozent.
Biologisch abbaubare Folien werden häufig aus nachwachsenden Rohstoffen wie Stärke, Milchsäure oder Cellulose hergestellt. Eine Herstellung aus Erdöl ist auch möglich und führt zum Teil zu höherwertigen Folien, allerdings ist das sehr teuer. Man findet erdölbasierte Bestandteile daher oft nur als Zusätze in abbaubaubaren Folien, um deren Eigenschaften zu verbessern.
Biologisch abbaubare Kunststoffe werden von Mikroorganismen im Boden komplett in ihre organischen Bestandteile zerlegt, vor allem in Wasser und Kohlendioxid. Im Gegensatz zu konventionellen Kunststoffen verbleiben dadurch keine Plastikfragmente oder Mikroplastik im Boden.
Wie gut und wie schnell dieser Abbau gelingt, hängt sehr von den äußeren Bedingungen ab. Daher sind die Bezeichnungen für den Grad der Abbaubarkeit per Norm geregelt (siehe Infobox).
Laut Deutschem Institut für Normierung (DIN) bedeutet biologisch abbaubar erst einmal nur, dass Mikroorganismen einen Stoff (unter aeroben oder anaeroben Bedingungen) zersetzen können. Hier gibt es jedoch bedeutende Unterschiede. So sind zum Beispiel Biokunststoffe, die in einer industriellen Kompostierungsanlage biologisch abbaubar sind, nicht automatisch auch im Wasser oder Boden oder einem Komposthaufen im hauseigenen Garten biologisch abbaubar.
Wie lange die Abbauprozesse jeweils unter welchen Bedingungen dauern dürfen, wird durch verschiedene Normen geregelt. Für Folien im Pflanzenbau (vor allem Mulchfolien) haben folgende Normen Relevanz:
Bioabbaubar im Boden (nach DIN 17033): Innerhalb von maximal 24 Monaten müssen bei einer konstanten Temperatur zwischen 20 und 28 °C mindestens 90 Prozent des Materials zersetzt sein.
OK biodegradable SOIL (nach TÜV Austria): Innerhalb von 24 Monaten müssen mindestens 90 Prozent des Kohlenstoffs im Kunststoff in CO2 umgesetzt sein.
Der Einsatz biologisch abbaubarer Folien für landwirtschaftliche Betriebe bietet auch handfeste arbeitswirtschaftliche Vorteile. Denn diese Folien können nach der Ernte einfach in den Boden eingepflügt werden. Das spart das arbeitsaufwändige und kostenintensive Bergen der Folien. Zu bedenken ist jedoch, dass biologisch abbaubare Folien 1,5- bis dreimal so viel kosten wie konventionelle PE-Folien.
Betrachtet man den gesamten Lebensweg biologisch abbaubarer Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen – von der Herstellung bis zur Entsorgung – so schneiden diese, nicht unbedingt besser ab als herkömmliche Kunststoffe. So zumindest die Aussagen des Umweltbundesamtes (UBA) im Zusammenhang mit der Bewertung von Tragetaschen aus Bioplastik.
So sei der CO2-Ausstoß bei Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen zwar geringer, ebenso der Verbrauch von Erdöl. Dafür könne es aber in anderen Umweltbereichen zu Belastungen kommen – vor allem durch den Düngemitteleinsatz beim Anbau der Rohstoffpflanzen. Außerdem komme es zu Konkurrenz um Flächen mit der Lebensmittelerzeugung.
Ein gewisser Vorteil könne sich laut UBA ergeben, wenn für die notwendigen Rohstoffe keine zusätzlichen Pflanzen angebaut, sondern Reststoffe aus bestehender Pflanzenproduktion (zum Beispiel Weizenstroh, Kartoffelabfälle) eingesetzt würden.
In vielen Bereichen, wie zum Beispiel bei Verpackungen, sowie einem Großteil von Folien in der Landwirtschaft, sehen Expertinnen und Experten die Verwendung von abbaubaren Kunststoffen daher kritisch. Hier sei es aus ökologischer Sicht besser, die Rohstoffe so lange wie möglich im Kreislauf zu halten.
Es gibt jedoch Anwendungen bei denen biologisch abbaubare Kunststoffe sinnvoll sein können. Darüber sind sich Institutionen wie C.A.R.M.E.N., der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und das Nova Institut einig. Dazu zählen die Anwendungsbereiche, in denen Rückholung und Recycling der Rohstoffe nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich sind. In Gartenbau und Landwirtschaft betrifft das die Verwendung von Mulchfolien.
Mulchfolien sind häufig sehr dünn, geschlitzt oder gelocht – entweder um Jungpflanzen einzusetzen oder damit Niederschlagswasser hindurchfließen kann. Um die Folien zu fixieren, werden sie an den Rändern mit Erde bedeckt, außerdem durchwachsen Pflanzen sie an verschiedenen Stellen. Dadurch zerreißen die Folien leicht und können nur schwer vom Acker geholt werden. So ist es kaum zu vermeiden, dass Kunststofffragmente im Boden bleiben. Auf Dauer kommt es dadurch zu einer Anreicherung von Plastik im Ackerboden. Mulchfolien aus biologisch abbaubaren Kunststoffen würden diese Plastikemissionen vermeiden.
Für Gartenbau und Landwirtschaft ist Plastik im Boden besonders problematisch, weil auf ihren Böden Lebensmittel wachsen. Plastikpartikel und an diese gebundene Schadstoffe können so in die Nahrungskette gelangen. Außerdem können die Bodeneigenschaften und die Bodenorganismen durch das Plastik negativ beeinträchtigt werden.
Verlässliche und vergleichbare Zahlen darüber, wie hoch die Kunststoffeinträge aus Mulchfolien auf Ackerflächen sind, gibt es bislang nur wenige – unter anderem deswegen, weil es lange an geeigneten und einheitlichen Analysemethoden fehlte.
Eine Studie des Fraunhofer Instituts und Ökopol aus dem Jahr 2021 schätzt, dass es rund acht Kilogramm pro Hektar und Jahr sind, die allein durch Mulchfolien in den Ackerboden gelangen. Diese Kunststoffeinträge könnten durch den Einsatz von biologisch abbaubaren Folien verhindert werden.
Eine biologisch abbaubare Mulchfolie muss so lange stabil bleiben, wie sie auf dem Acker benötigt wird. Nach der Ernte und der Einarbeitung in den Boden soll sie sich dann so schnell wie möglich abbauen.
Wie sich in der Praxis immer wieder zeigt, variieren diese Abbauzeiten bei biologisch abbaubaren Folien aber sehr stark. Das liegt daran, dass dieser Prozess vom jeweiligen Boden und den mikroklimatischen Gegebenheiten abhängig ist. Vor allem bei Folien aus Poly-Milchsäure (PLA) sind die Abbauzeiten und Abbaugrade sehr unterschiedlich und variieren zwischen fast vollständigem Abbau in 180 Tagen und nahezu keinem Abbau innerhalb eines Jahres.
Werden die Folien nicht vollständig zersetzt, kann es vorkommen, dass sich Anwohnende sowie Verpächterinnen und Verpächter beschweren, die Betriebe würden PE-Folien illegal im Acker entsorgen oder sie nicht sauber entfernen, so berichtet die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Direktvermarktende Betriebe beklagen überdies, dass sie ihrer Kundschaft die Kunststoffschnipsel auf dem Acker nur schwer begreiflich machen können.
Die Hersteller biologisch abbaubarer Mulchfolien arbeiten derzeit intensiv daran, diesen Zielkonflikt zwischen Folienhaltbarkeit und -festigkeit einerseits und dem Folienabbau andererseits durch eine Optimierung der Rohstoffzusammensetzung aufzulösen.
Was für Mulchfolien gilt, gilt nicht für alle Agrarfolien. Für viele Anwendungsbereiche wie zum Beispiel Thermo- und Lochfolien oder dicke Spargelfolien ist der Einsatz biologisch abbaubarer Folien laut verschiedener Umweltexpertinnen und -experten nicht sinnvoll. Und zwar aus folgendem Grund: Diese Folientypen sind meist dicker als Mulchfolien und können mehrfach verwendet werden. Sie lassen sich sehr viel einfacher und rückstandsfrei vom Acker bergen und damit einem geregelten Recycling zuführen. Daher raten Expertinnen und Experten bei diesen Folien dazu, auf herkömmliche Kunststoffe zurückzugreifen – am besten auf solche, die bereits aus recyceltem Kunststoff hergestellt wurden.
Jährlich werden schätzungsweise rund 19.056 Tonnen Kunststoff in landwirtschaftliche Böden eingetragen. Die Kunststoffeinträge sind dabei je nach Anwendungsgebiet und Kulturtyp unterschiedlich hoch. Doch woher stammt der Kunststoff?
Letzte Aktualisierung 01.03.2023