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Kichererbsen und Linsen für die menschliche Ernährung Kichererbsen und Linsen für die menschliche Ernährung

Anbau und Vermarktung von Kichererbsen und Linsen müssen gut geplant sein. Dann können die trockenheitstoleranten Leguminosen eine sinnvolle Ergänzung für Fruchtfolgen sein. Denn die Nachfrage nach Kichererbsen und Linsen in Deutschland übersteigt das heimische Angebot um ein Vielfaches.

Linsenbestand in der Blüte
Bild: ABIS Selektion, Geschwister Bickert GbR

Kichererbsen und Linsen gewinnen in Deutschland zunehmend an Popularität. Zum einen trägt der Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr regional erzeugten und vegetarischen oder veganen Lebensmitteln dazu bei, dass diese Nischenkulturen in den Lebensmittelmarkt gelangen. Zum anderen rückt die Suche der Landwirtinnen und Landwirte nach trockenheitstoleranten Kulturpflanzen vor dem Hintergrund zunehmender Sommertrockenheit Linsen und Kichererbsen vermehrt in den Anbaufokus.

Petra Zerhusen-Blecher von der FH Südwestfalen sowie Cecilia Antoni von Naturland geben zusammen mit dem Leguminosen-Netzwerk im Folgenden wichtige Tipps und Hinweise zum Anbau und zur Vermarktung von Linsen und Kichererbsen.

Linsen: Anbau und Nachfrage in Deutschland

Während Ende des 19. Jahrhunderts fast 4.500 Hektar regionale Linsensorten angebaut wurden, besonders im Bereich der Schwäbischen Alb, brach der Linsenanbau nach dem zweiten Weltkrieg aufgrund aufwändiger Ernte- und Aufbereitungsarbeiten und des niedrigen Ertrages fast vollständig ein. Erst in den 1980ern engagierte sich der Bio-Landwirt und „Linsen-Pionier“ Woldemar Mammel für die Linse und brachte sie in die schwäbische Landwirtschaft zurück.

Im Jahr 2024 wird die Linse in Deutschland auf einer Fläche von circa 2.000 Hektar zumeist ökologisch und nur in wenigen ausgewählten Regionen angebaut. Anbauschwerpunkte sind in Baden-Württemberg auf den kargen Böden der Schwäbischen Alb, dem Heckengäu und Hohenlohe, im bayerischen Franken sowie im hessischen Vogelsberg. Seit einigen Jahren werden auch in Nordrhein-Westfalen (Paderborner Hochebene) und in Brandenburg in überschaubarem Umfang Linsen angebaut.

Die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher übersteigt das Angebot an heimischen Linsen um ein Vielfaches. Lediglich vier Prozent der Linsen, die auf deutschen Tellern landen stammen aus heimischem Anbau. In 2023 wurden ca. 36.690 Tonnen Linsen importiert. Hauptanbauländer sind laut einer Marktrecherche des BZLs von Anfang 2024 Kanada, Indien, Australien und die Türkei.

Kichererbsen: Anbau und Nachfrage in Deutschland

Kichererbsenbestand (Juni 2023)
Bild: ABIS Selektion, Geschwister Bickert GbR

Die im Mittelmeerraum, dem Nahen und Mittleren Osten beheimatete Kichererbse ist auch in Deutschland keine unbekannte Kultur mehr. Bis ins 19. Jahrhundert wurde sie in den wärmsten Gegenden des Weinklimas angebaut.

Als möglicher Profiteur des Klimawandels ist sie seit einigen Jahren gerade für die von Sommertrockenheit geprägten Regionen interessant geworden. Die Kichererbse findet man daher zum Beispiel in der Rheinebene oder am Kaiserstuhl, aber auch in Sachsen-Anhalt und Brandenburg. 2023 wurden in Deutschland auf circa 1.100 bis 1.300 Hektar Kichererbsen angebaut. Aufgrund der sehr feuchten Witterung brachten Schätzungen zufolge allerdings lediglich 100 bis 150 Hektar einen guten Ertrag bei guter Qualität1.

Wie bei Linsen übersteigt die Nachfrage das heimische Angebot deutlich. Die in Deutschland verarbeiteten Kichererbsen stammen zu einem überwiegenden Teil aus Importen, der Selbstversorgungsgrad liegt im einstelligen Prozentbereich. 2023 wurden 14.900 Tonnen Kichererbsen importiert. Bedeutendstes Anbauland ist nach der Marktrecherche des BZLs Indien, daneben außerdem Australien, die Türkei, Äthiopien und Russland.

Anbau für den Lebensmittelbereich

Kichererbsen und Linsen werden in Deutschland laut BZL-Marktrecherche ausschließlich für die menschliche Ernährung angebaut. Die kurze Garzeit von Linsen und die Verfügbarkeit von bereits vorgekochten Kichererbsen, verbunden mit bekannten internationalen und einfach umsetzbaren Rezeptideen, machen sie in Privathaushalten und auch in der Außer-Haus-Verpflegung zu den am häufigsten verwendeten Hülsenfrüchten.

Die Lebensmittelindustrie nutzt zudem die Vielseitigkeit von Linsen und Kichererbsen, um neue Produkte mit dem Fokus auf einen hohen Protein- und geringen Fettgehalt zu entwickeln oder sie durch das positive Nährwertprofil von Linse und Kichererbse aufzuwerten. Dabei werden Linsen und Kichererbsen weniger als Ersatzprodukte für tierische Bestandteile eingesetzt, sondern verleihen Fertigprodukten ein internationales Flair. Gründe für den Verzehr von Linsen und Kichererbsen sind zudem ihre klimaschonenden und nachhaltigen Eigenschaften durch den regionalen Anbau.

Produktbeispiele für die Verarbeitung von Linsen und Kichererbsen
Bild: Petra Zerhusen-Blecher und Cecilia Antoni

Acker- und pflanzenbauliche Aspekte beim Anbau: auf den richtigen Standort kommt es an

Linsen und Kichererbsen sind als trockentolerante Sonderkulturen zu betrachten. Ihr Anbau ist nicht ohne Risiko zu sehen. Ihre Standortansprüche sind sehr speziell, ihre Anbaupotenziale daher auf bestimmte Regionen begrenzt. Langjährige Anbauerfahrungen liegen zu Linsen vor, bei Kichererbsen werden derzeit Erfahrungen zusammengetragen.

Linsen

Linsen gedeihen bei warmen, trockenem Klima, sind aber auch für kühlere Regionen geeignet. Die leicht sauren bis alkalischen Böden (pH-Wert > 6) sollten gut durchlüftet und durchlässig sein, Staunässe verträgt die Linse nicht. Trockene und kalkreiche Böden eignen sich ebenso wie basische, steinige Böden bis hin zu kalkarmen Grenzertragsböden. Aufgrund der schwachen Unkrauttoleranz ist der Anbau auf fruchtbareren Böden eher schwierig

Linsen werden meist im Gemenge mit Getreiden oder Leindotter angebaut, in diesem Fall mit Gerste.
Bild: Petra Zerhusen-Blecher und Cecilia Antoni

Üblicherweise wird die Linse im Gemenge mit Getreide oder Leindotter als Stützfrucht angebaut, was eine nachträgliche Gemengetrennung des Erntegutes beim Erfassungshandel oder bei speziellen Lohnaufbereitern erforderlich macht. Wegen der schlechten Selbstverträglichkeit muss eine Anbaupause von 4 bis 6 Jahren eingehalten werden. Linsen haben einen indeterminierten Wuchs, das heißt sie wachsen am oberen Stängel kontinuierlich weiter und haben gleichzeitig Blüten und Hülsen. Der Wahl des Erntezeitpunktes ist daher ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Reifegraden der Hülsen. Die Erträge der Linse schwanken zwischen 2 bis 10 Dezitonnen pro Hektar mit großen Jahreseffekten.

Kichererbsen

Kichererbsen nach gelungenem Einsatz von Hacke und Striegel.
Bild: Berlinghof

Die Kichererbse liebt leichte, schnell erwärmbare Böden und warmes, sonnenreiches Klima. Eine Wärmesumme von 1745 °C für den Zeitraum vom 01. Mai bis zum 30. September dient als Orientierung für die Anbaueignung. Während der Wasserbedarf zur Keimung hoch ist, kommt die Kultur in der übrigen Wachstumsphase gut mit wenig Wasser zurecht (150 bis 200 Millimeter während der Vegetationszeit). Staunässe verträgt die Kichererbse hingegen nicht.

Auch die Kichererbse hat ein indeterminiertes Wachstum. Um Ertragseinbußen durch Abreifeverzögerungen, Pilzbefall oder Neuaustrieb vor der Ernte zu vermeiden sind für ihren Anbau Standorte auszuwählen, die verlässlich trockenes Klima in den Sommermonaten aufweisen. Die Erträge unterliegen großen Jahreseffekten und reichen von 0 bis 35 Dezitonnen pro Hektar.

Bei der Kichererbse unterscheidet man zwei Sortentypen. Der Kabuli-Typ bildet große, helle, runde Samen (Tausendkorngewicht 300 bis 500 Gramm). Die dunklen Samen des Desi-Typs sind dagegen kleiner und eckiger (Tausendkorngewicht 150 bis 300 Gramm).

Kichererbsen vom Desi-Typ mit violetter Blüte und dunklen Samen (links) und vom Kabuli-Typ mit weißer Blüte und cremefarbenen Samen (rechts)
Bilder: C. Blessing, LTZ Augustenberg

Hierzulande erhältliche Sorten stammen meist aus Frankreich oder südeuropäischen Ländern, deutsche Sorten gibt es nicht. Eine Saatgutimpfung mit den für die Kichererbse wichtigen Rhizobienbakterien empfiehlt sich kurz vor der Aussaat, da diese Bakterienarten in Deutschland nicht heimisch sind. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) führt auf seiner Webseite eine Liste mit Saatgutanbietern und Impfmitteln.

Saatgutimpfung bei Linsen und Kichererbsen

Linsen müssen nicht geimpft werden, da die spezifischen Rhizobienbakterien für Linsen bei uns in den Böden in der Regel vorhanden sind.

Für Kichererbsen sind Torfmittel auf dem Markt. Diese mischt man im Verhältnis entsprechend der Anleitung des Mittels mit dem Saatgut. Je nach Menge des Saatgutes kann dies von Hand (bei Sortenversuchen), mit Schaufel in Zubern oder maschinell (Betonmischer) erfolgen. Es hilft, das Saatgut leicht anzufeuchten/zu besprühen. Wichtig ist, dass das Impfmittel gleichmäßig auf dem Saatgut verteilt ist. Bei den Kabuli Typen ist dies leicht zu sehen. Bei den schwarzen Desi Typen muss man genau hinschauen.

Integration von Linsen und Kichererbsen in die Fruchtfolge

Als stickstoffliefernde Leguminosen lassen sich Kichererbsen und Linsen sehr gut in die Fruchtfolge integrieren. Vorfrüchte, die nach der Ernte wenig Stickstoff hinterlassen wie beispielsweise Getreide sowie stickstoffzehrende Nachfrüchte wie beispielsweise Wintergetreide sind geeignete Fruchtfolgepartner.

Linsen und Kichererbsen sind, wie andere Körnerleguminosen auch, mit sich und anderen Leguminosen unverträglich. Anbaupausen von vier bis sechs Jahren sollten daher unbedingt eingehalten werden.

Vermarktung von Linsen und Kichererbsen

Genauso vielfältig und regional unterschiedlich wie die auf Hülsenfrüchten basierenden Produkte sind die Vermarktungsstrukturen und -möglichkeiten. Die bestehenden und sich entwickelnden Absatzwege für Linsen und Kichererbsen sind zahlreich:

  • Die Direktvermarktung über eigene Hofläden oder digitale Plattformen für regionale Lebensmittel oder, bei größeren Erntemengen, die Listung über den Großhandel stellen mögliche Verkaufswege dar.
  • Auch die Ansprache regionaler Gastronomien, Küchen für die Außer-Haus-Verpflegung, Kita-Verpflegung oder Großkantinen kann für die Nischenkulturen vielversprechend sein.
  • Darüber hinaus sollte der direkte Kontakt zu Hülsenfrüchte verarbeitenden Firmen, Erzeugergemeinschaften oder Initiativen unbedingt genutzt werden.

Aufgrund der zum Teil großen Preisdifferenz zugunsten der Importware ist der Absatz regionaler Ware allerdings oft schwierig.

Auf der Homepage des Leguminosen-Netzwerkes findet sich eine Liste mit Lohndienstleistern zur Aufbereitung von Körnerleguminosen auch für den Speisewarenbereich.

Vermarktung rechtzeitig planen

Da Linsen und Kichererbsen Nischenkulturen sind und ihr Anbau einem gewissen Anbaurisiko unterliegt, wird empfohlen, sich an diese Kulturen heranzuarbeiten. Bereits vor dem Anbau sollten ihre weitere Verwendung und Vermarktung geplant und mit der aufnehmenden Hand Gespräche geführt werden. So können im Vorfeld geforderte Qualitätsanforderungen und Sortenfragen geklärt sowie Abnahmemenge und Preis ausgehandelt werden. Anbauverträge bieten verlässliche Rahmenbedingungen über den Zeitraum von mindestens einem Wirtschaftsjahr. Sie können ein gutes Vermarktungsmodell für die erzeugten Hülsenfrüchte darstellen.

Letzte Aktualisierung 05.08.2024


Quellen

1 Torsten Weber (Strube Saatgut): Evaluation Kichererbsen Anbau in Deutschland 2023. Vortrag während des Praxisaustausches Kichererbsen-Ring am 10.01.2024

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