Wir verwenden Cookies, um Ihnen die optimale Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen. Es werden für den Betrieb der Seite nur notwendige Cookies gesetzt. Details in unserer Datenschutzerklärung.
In der Praxis wird Humusaufbau bereits vielfältig betrieben, meist mit Fokus auf Bodenfruchtbarkeit, Wasserhaushalt und Erosionsminderung. Im Modell- und Demonstrationsvorhaben „HumusKlimaNetz“ steht der Humusaufbau als Kohlenstoffspeicher und Klimaschutzmaßnahme im Vordergrund. Im Rahmen des Projekts werden humusmehrende Maßnahmen umgesetzt, für die eine Humus- und Klimawirkung wissenschaftlich belegt ist. Diese werden unter verschiedenen Standort- und betrieblichen Voraussetzungen erprobt.
Die teilnehmenden Betriebe bilden unterschiedliche Umwelt- und wirtschaftliche Voraussetzungen im Ackerbau in ganz Deutschland ab. So werden systematisch die Umsetzbarkeit, Effektivität und die entstehenden Kosten der Maßnahmen mit unterschiedlichen Voraussetzungen erprobt und ausgewertet. Zusätzlich werden neue oder weniger bekannte Maßnahmen auf Demoflächen umgesetzt und mit Referenzflächen verglichen.
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und der Deutsche Bauernverband (DBV) koordinieren das Projekt, das Thünen-Institut begleitet es wissenschaftlich. Die Förderung des Projekts erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
150 landwirtschaftliche Betriebe sind mit ausgewählten Ackerbauflächen Teil des HumusKlimaNetz. Die Betriebe sind in ihrer Struktur sehr unterschiedlich: groß und klein, erfahren im Humusaufbau oder Neulinge. Je 15 Betriebe bilden eine regionale Betriebsgruppe.
Um den Wissensaustausch unter den teilnehmenden Betrieben zu fördern, finden in den einzelnen Betriebsgruppen regelmäßig HumusClubs statt. Sie treffen sich abwechselnd bei einem gastgebenden Mitglied ihrer Gruppe, um über Herausforderungen, Erfahrungen und Lösungen bei der Umsetzung der humusmehrenden Maßnahmen zu sprechen.
Die HumusClubs dienen nicht nur dem Austausch, sondern auch der Diskussion über betriebliche Kosten-Nutzen-Analysen und Humusbilanzen. Hierbei werden die Landwirtinnen und Landwirte durch die Betriebsbegleitungunterstützt. Um den Wissenstransfer darüber hinaus zu fördern, finden regelmäßig öffentliche Feldtage statt.
Das Thünen-Institut hat Maßnahmen-Steckbriefe erstellt, die wissenschaftlich belegte Humus- und Klimawirkungen zusammenfassen. Die teilnehmenden Betriebe setzen diese Maßnahmen in der Praxis um. Dazu gehören unter anderem eine erweiterte Fruchtfolge, Zwischenfrüchte, Untersaaten, mehrjährige Kulturen und Agroforstsysteme. Im Zuge des Projektes werden die einzelnen Maßnahmen bewertet und die Auswirkungen auf den Humusgehalt sowie die Kosten und Synergieeffekte ermittelt. Einige Maßnahmen stellen wir hier vor:
Fruchtfolge:
Der Anbau humusmehrender Kulturen wie Körnermais oder mehrjährige Kulturen wird ausgeweitet, während humuszehrende Kulturen wie Silomais, Kartoffeln oder Zuckerrüben reduziert werden. Mehrjährige Kulturen erhöhen den Biomasseeintrag und fördern den Humusgehalt.
Zwischenfrüchte und Untersaaten:
Diese Maßnahmen fördern den Humusaufbau durch die Bildung von Biomasse. Untersaaten werden in bestehende Bestände gesät und nach der Ernte der Hauptfrucht stehen gelassen. Zwischenfrüchte werden zwischen zwei Hauptkulturen integriert. Optimierte Anbaupraktiken können höhere Biomasseerträge erzielen.
Mehrjährige humusmehrende Kulturen:
Diese Kulturen bilden größere Wurzelsysteme aus und bieten ein gutes Potenzial für den Humusaufbau. Beispiele sind Kleegras, Miscanthus, Durchwachsene Silphie und Wildpflanzenmischungen. Sie ersetzen Silomais und wirken sich positiv auf andere Umweltziele aus. Zudem wird untersucht, wie sich diese Kulturen wirtschaftlich in die Betriebe integrieren lassen.
Weitere Maßnahmen finden sich in den Maßnahmen-Steckbriefen des HumusKlimaNetz.
Thomas und Beate Lang, Lang Bioland-Betrieb
„Mehr als 33 Jahre bewirtschaften wir unseren Betrieb nun schon ökologisch. Seit 2023 haben wir keine Tierhaltung mehr und versuchen mit den von uns angewendeten Maßnahmen den Humusgehalt der Böden zu steigern und sie gesund und fruchtbar zu erhalten. Dafür wenden wir eine neue und weite Fruchtfolge mit Untersaaten und Zwischenfrüchten an, reduzieren die Fläche mit Kartoffeln und haben ein Agroforstsystem.“
Wirtschaftsweise: | Ökologisch |
Bodenklimaregion: | Gäue Mitte |
Betriebsschwerpunkt: | Ackerbau |
Betriebsfläche (ha): | 22 |
Bodenart und -punkte: | Schwere Böden; 70-90 |
Niederschlag (mm/m² p.a.): | 600-700 |
Kulturen: | Winter-Hafer, Winter-Erbse, Winter-Weizen, Soja, Dinkel, Sonnenblume, Buchweizen und Hirse |
Nutztierhaltung: | Nein |
Maßnahmen und Ziele
„Wir haben die Kartoffelanbaufläche um etwa 90 Prozent reduziert. Kartoffeln entziehen dem Boden viel Humus. Unser Klee-Luzerne-Gras leidet unter Vorsommertrockenheit, Hitze bis 39 Grad Celsius, Mäusen und Blattrandkäfern. Deshalb haben wir es aus der Fruchtfolge gestrichen. Stattdessen setzen wir auf intensive Untersaaten und Zwischenfrüchte. Diese Mischungen sind winterhart und enthalten viele Leguminosen. Sommerzwischenfrüchte ersetzen wir durch winterharte Varianten mit höherem Wachstumspotenzial. Diese brechen wir erst im Frühjahr um, um die längeren Vegetationsperioden im Winter zu nutzen.“
„Eine weitere wichtige Maßnahme ist unser Agroforstsystem, das wir „enkeltauglicher Acker“ nennen. Hier entwickeln wir ein Ackerbausystem, das auch unter extremen Klimabedingungen Lebensmittel produziert. Unsere Ziele, die wir mit dieser Maßnahme verfolgen, sind vielfältig. Sie umfassen die Nutzung des Agroforsts als Wind- und Wasserbremse zur Reduzierung von Verdunstung und Abschwemmung, die schattenspendende Wirkung und Kühlung durch Transpiration sowie die Nutzung tiefer Wasser- und Nährstoffvorräte durch ein starkes Wurzelnetzwerk. Zudem kann so die Biodiversität durch bienenfreundliche Krautsäume und Bäume erhöht werden und es ergibt sich eine zusätzliche Nutzung der Fläche für Obst und Wertholz.“
Erste Schritte der Umsetzung
„Seit 2023 etablieren wir die neue Fruchtfolge und planen die Maßnahmen. Die Betriebsbegleitung und die Regionalkoordination des Projekts unterstützen uns dabei hervorragend.“
Hürden und Lösungen
„Im Jahr 2023 und den Jahren davor haben wir trotz optimierter Aussaattechnik keine ausreichende Flächendeckung mit Untersaaten erreicht. Deshalb haben wir den Umbruch der Untersaat vorgezogen und im August eine Wick-Roggen-Zwischenfrucht eingesät. Bei zu üppigem Bestand mulchen wir diese im Herbst. Nach einer frühen Ernte 2023 haben wir die Untersaat umgebrochen und eine doppelte Zwischenfrucht etabliert. Leider standen die Aufwände für Bodenbearbeitung, Zeit, Kraftstoff und Saatgut in keinem Verhältnis zur geringen Ernte.“
Auswirkungen auf die Betriebskosten
„Neben den Maßnahmen im HumusKlimaNetz haben wir 2023 auf 2,5 Hektar mit verschiedenen Methoden der regenerativen Landwirtschaft experimentiert. Das hat viel gekostet: zum einen den Umbruch der Winterzwischenfrucht im April mit Applikation von 100L/ha Rottenlenker. Zum anderen haben wir Bodenproben nach Albrecht-Kinsey gezogen und daraus abgeleitet dem Boden 300kg/ha Kieserit Magnesium und 75kg/ha Elementar Schwefel hinzugeführt. Außerdem haben wir noch Corfus C (Vogelfraß-Repellent zur Saat) und Komposttee beim letzten Hacken angewandt.
Diese Maßnahmen kosteten etwa 450 Euro pro Hektar. Eindeutige Effekte gegenüber einer Null-Parzelle konnten wir zunächst kaum feststellen.“
Zukünftige Maßnahmen
„Derzeit konzentrieren wir uns darauf, die geplanten Maßnahmen anzupassen und erfolgreich umzusetzen. Erste gute Erfahrungen haben wir mit Untersaaten direkt zur Wintergetreideaussaat gemacht. Diese Begleitsaat besteht aus 5-8 Kilogramm Inkarnatklee und Gelbklee je Hektar und überlebt das Hacken im Frühjahr. Auch scheint Elementarschwefel in geringen Mengen Leguminosen auf unserem Standort zu fördern. Deshalb mischen wir etwa 10 Kilogramm pro Hektar bei Aussaat und Hackmaßnahmen bei.“
Johannes Gawlik, Vipperow Agrar GmbH & Co. KG
„Unser Betrieb setzt sich für eine hohe Bodenfruchtbarkeit der bewirtschafteten Flächen ein. Es ist uns wichtig, die Bewirtschaftungspraxis stetig zu optimieren und an äußere Umstände anzupassen.“
Wirtschaftsweise: | Konventionell |
Bodenklimaregion: | Sandböden Ost |
Betriebsschwerpunkt: | Ackerbau |
Betriebsfläche (ha): | 1500 |
Bodenart und -punkte: | Sand, leicht lehmiger Sand; 15-35 |
Niederschlag (mm/m² p.a.): | 500-600 |
Kulturen: | Erbse, Gerste, Raps, Weizen, Silomais, Roggen, Hafer, Lupine, Topinambur, Kartoffeln und Rollrasen |
Nutztierhaltung: | Nein |
Maßnahmen und Ziele
„Wir setzen auf innovative Techniken und sähen zum Beispiel Untersaaten in Silomais und Weizen per Drohne aus. Zudem verwenden wir festen Gärrest, der mit Pflanzenkohle angereichert ist. Auch die Bodenbearbeitung haben wir reduziert, obwohl dies nicht Teil der HumusKlimaNetz-Maßnahmen ist. Unsere Ziele sind klar: Wir wollen die Bodenstruktur verbessern, Schadverdichtungen minimieren, Wasser sparen und die Nährstoffverfügbarkeit nachhaltig steigern. Gleichzeitig möchten wir Arbeitskosten, vor allem für Energie und Zeit, senken.“
Erste Schritte der Umsetzung
„Schon vor der Teilnahme am HumusKlimaNetz begannen wir, die Bearbeitungstiefe zu reduzieren und den Pflug seltener einzusetzen. Der nächste Schritt war die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister für Drohnenaussaat.“
Hürden und Lösungen
„Die größte Herausforderung bei der Drohnenaussaat war die richtige Terminierung. 2023 zeigte sich, dass der Erfolg stark von der Witterung abhängt. Geringe Niederschläge nach der Aussaat der Gräsermischung im Mais ließen die Samen zwar keimen, aber die Anwachsrate war enttäuschend. Nach der Aussaat der Zwischenfrucht im Weizen verzögerte sich die Ernte erheblich wegen der Nässe. Die Samen keimten auf der Bodenoberfläche und trockneten dann aus, da eine schützende Strohmatte fehlte. Diese Probleme waren jedoch wetterbedingt und könnten in anderen Jahren anders ausfallen. Sollte die Drohnenaussaat erfolgreich sein, planen wir, eigene Technik anzuschaffen, um die Ausbringung besser zu terminieren.
Die Einmischung der Pflanzenkohle in den Gärrest ist vom Arbeitsablauf nicht optimal. Sollte sich der positive Effekt auf den Boden und die Pflanze bestätigen, werden wir die Kohle z.B. bereits in der Biogasanlage einsetzen.“
Auswirkungen auf die Betriebskosten
„Die Kosten für die Ausbringung der Zwischenfrüchte nach Weizen haben sich durch die Drohnentechnik mindestens halbiert, verglichen mit der günstigsten bisherigen Methode.“
Zukünftige Maßnahmen
„Wenn die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen es erlauben, möchten wir weitere Maßnahmen testen. Dazu gehören die Direktsaat und ein Agroforstsystem.“
Das HumusKlimaNetz möchte zeigen, dass der Humusaufbau und -erhalt ein vielversprechender Ansatz für die Verbesserung der Bodenqualität ist und welchen Beitrag er zum Klimaschutz leisten kann. Es bedarf jedoch weiterhin systematischer Untersuchungen zur Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen mit unterschiedlichen Standortfaktoren.
Die praktische Umsetzung und der Austausch innerhalb der Betriebe liefern schon jetzt wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Landwirtschaft. Bis 2027 läuft das Modell- und Demonstrationsvorhaben HumusKlimaNetz. Die teilnehmenden Betriebe können bis dahin weitere Maßnahmen testen, um den Humusaufbau und -erhalt in den Ackerböden zu verbessern und den Klimaschutz zu stärken.
Für weitere Informationen:
Letzte Aktualisierung 14.08.2024