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Gestaltung von Arbeitsverhältnissen – Mitarbeitende finden und binden Beschäftigung in grünen Berufen

Attraktive Arbeitsverhältnisse und gute Arbeitsbedingungen sind neben einer angemessenen Vergütung wichtige Bausteine, um Mitarbeitende in den grünen Berufen zu finden und zu binden. Worauf ist dabei zu achten? Ellen Padeken und HaiYen Trinh von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beantworten im Beitrag diese Frage.

Strichzeichnung mit fünf Figuren, eine hält ein Magnet mit der Aufschrift Employer Branding, die anderen vier werden davon angezogen.
Eine ausgereifte Arbeitgebermarke zieht Arbeitskräfte an.
Bild: Trinh/LWK Niedersachsen

Bei der Suche nach guten Arbeitskräften steht die Agrarbranche nicht nur im Wettbewerb untereinander, sondern auch mit anderen Branchen. Die Betriebe in Landwirtschaft, Gartenbau und Weinbau sollten daher die Arbeitsbedingungen so attraktiv wie möglich gestalten. Hier bietet das Konzept New Work von Fritjof Bergman gute Ansätze.

Welche Bedeutung hat die „Arbeitgebermarke“?

Jedes Unternehmen hat eine sogenannte Arbeitgebermarke, die seine Stellung auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt. Diese ist vergleichbar mit einer Produktmarke, durch die Kundinnen und Kunden einen Gegenstand oder eine Dienstleistung wahrnehmen und von anderen ähnlichen unterscheiden.

Eine positive Arbeitgebermarke vermittelt die zentralen Unternehmenswerte und spricht potenzielle Bewerberinnen und Bewerber direkt an. Sie stärkt die Bindung an den Betrieb und fördert damit indirekt die Produktivität. Eine negative Arbeitgebermarke bewirkt genau das Gegenteil.

Der Prozess beim Aufbau einer positiven Marke heißt in der Fachsprache „Employer Branding“. Beim ihm wird das Leitbild des Unternehmens als Marke etabliert und intern und extern (im Arbeitsmarkt) vermittelt, um sich so von anderen Arbeitsangeboten zu unterscheiden. Dieses Leitbild muss von allen Beteiligten verstanden und gelebt werden und natürlich auch authentisch sein.

Der erste Schritt beim Employer Branding ist es, ein sogenanntes „Arbeitgeberversprechen“ zu formulieren, auch „Employer Value Proposition“ (EVP) genannt. Das EVP beinhaltet die Kernbotschaft des Unternehmens als Versprechen des Arbeitgebenden an die Mitarbeitenden. Um es zu formulieren, ist eine gründliche Analyse des Unternehmens notwendig. Folgende Fragen helfen bei der Analyse:

  • Wofür stehen wir und was macht uns als Arbeitgebende aus?
  • Was macht die Arbeit bei uns besonders attraktiv und wodurch heben wir uns im Wettbewerb um Mitarbeitende von anderen ab?
  • Warum ist es aktuell gut, bei uns zu arbeiten, und warum sollte man sich bei uns bewerben?

Mit diesen oder ähnlichen Fragen erkennt man besser eigene Stärken und kann diese dementsprechend verbreiten. Eine Befragung der Mitarbeitenden und Familienangehörigen ist oft der erste Schritt bei der Entwicklung des Arbeitgeberversprechens. Deren Sichtweise ist wertvoll, um festzustellen, warum sie gerne am Hof, im Gartenbau oder Weinbaubetrieb arbeiten.

Welche Anreize können die Arbeit attraktiv machen?

Die Arbeit in den Unternehmen der Agrarbranche empfindet die Mehrzahl der Mitarbeitenden als sinnstiftend und erfüllend. Dies ist ein großes Plus in den grünen Berufen.

Weiterhin gibt es oft nur wenige Mitarbeitende, die in der Regel in direktem Kontakt zueinander und zu den Vorgesetzten stehen. Absprachen können auf kurzem Weg getroffen werden. Den Mitarbeitenden kann dabei eine hohe Flexibilität eingeräumt werden.

Zusätzlich zum Lohn können landwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebe sogenannte Benefits, also Zusatzleistungen anbieten. Es gibt nichtmonetäre wie gemeinsame Veranstaltungen, Sachgeschenke und Eintrittskarten zu besonderen Anlässen oder ein zusätzlicher freier Tag. Ebenso sind monetäre Zusatzleistungen möglich wie der klassische 50 €-Gutschein.

Das Spektrum der Benefits ist groß. Fantasie und ein gutes Gespür für die Wünsche der Mitarbeitenden sind gefragt.
Bild: Trinh/LWK Niedersachsen

Bei der Auswahl kann es von Vorteil sein, gemeinsam mit den Mitarbeitenden oder Familienangehörigen die passenden Benefits auszuwählen. Damit erhöht sich die Sicherheit, dass diese gern gesehen sind. Auch die Bedingungen für den Erhalt können gegebenenfalls gemeinsam besprochen werden.

Das Spektrum kann individuell sein und vom Ausleihen von Werkzeug oder einem Zuschuss zum Fitnessstudio bis hin zur Unterstützung bei der Altersvorsorge reichen. In Zeiten hoher Mieten und Energiepreise kann die Bereitstellung von günstigem Wohnraum oder ein Fahrtkostenzuschuss positive Effekte erzielen.

Durch attraktive Benefits kommt die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden zum Ausdruck. Dabei ist zu bedenken, dass Benefits nur das Topping sind und nur dann zur Bindung der Mitarbeitenden führt, wenn auch die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsklima gut sind. Ist dies nicht der Fall, nützen auch Benefits nichts. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass kein Gewöhnungseffekt eintritt und sich niemand benachteiligt fühlt. Sonst verlieren sie an Wert.

Welche Spielräume gibt es bei der Arbeitszeitgestaltung?

In der Land- und Forstwirtschaft und im Erwerbsgartenbau sind die Arbeitszeiten nicht immer fest planbar. Die Arbeit mit Tieren und die Abhängigkeit von der Witterung erfordern von den Arbeitnehmenden eine gewisse Flexibilität. Diese ist oft vorhanden, wenn umgekehrt ein entsprechender Ausgleich gewährt wird. Grundlage hierfür ist eine gute Arbeitsorganisation.

Der Wunsch nach genügend Freizeit neben der Arbeit ist gerade bei der jungen Generation groß. Als Arbeitgebende ist also möglichst genau herauszufinden, was den einzelnen Mitarbeitenden in Bezug auf die Arbeitszeit wichtig ist. Möchten diese lieber eine Vier-Tage-Woche oder ist es ihnen wichtiger, abends pünktlich Feierabend zu haben, oder spielt die Pflege von Angehörigen oder die Kinderbetreuung eine besondere Rolle? Die Kunst besteht darin, gemeinsam mit den Mitarbeitenden eine Lösung zu finden, die den betrieblichen Belangen, den rechtlichen Vorgaben und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden entspricht.

In diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, die Arbeitszeit digital zu erfassen. Damit haben alle Beteiligten jederzeit einen guten Überblick über den aktuellen Stand. Transparenz vermeidet Streit und führt zu einer größeren Zufriedenheit bei allen Beteiligten.

Weiterbildung und Fortbildung – eine Win-win-Situation?

Mitarbeitende müssen regelmäßig Gelegenheit haben sich weiterzubilden. Die Transformation der Arbeitswelt und insbesondere der Landwirtschaft erfordert eine ständige Anpassung des Wissens. Weiterbildung verbessert die Qualifikation der Mitarbeitenden und damit die Qualität der Arbeit. Gleichzeitig unterstützt sie deren persönliche Weiterentwicklung. Sie ermöglicht den Blick über den Tellerrand und den Austausch mit Personen, die sich in einer ähnlichen Arbeitsumgebung befinden.

Neben der Freistellung von der Arbeit ist die Übernahme von Lehrgangskosten ein wichtiges Thema. Hierzu bietet die Agentur für Arbeit zahlreiche Fördermöglichkeiten für kleine und mittelständische Betriebe. Unter der Telefonnummer 0800 4 5555 20 erhält man erste Informationen und bekommt Kontakt zum örtlich zuständigen Arbeitgeberservice, der für die Förderung von Qualifizierungen zuständig ist.

Neben der Agentur für Arbeit gibt es in einzelnen Bundesländern zusätzliche Förderangebote für die Weiterbildung. Hierzu und zur Auswahl von geeigneten Veranstaltungen beraten die sogenannten zuständigen Stellen der Länder, beispielsweise die Landwirtschaftskammern.

Kommunikation und Mitarbeiterführung: Wie es in den Wald hineinruft …

Ein gutes Arbeitsklima entsteht durch gelungene Kommunikation und Mitarbeiterführung auf Augenhöhe, also in gegenseitig wertschätzender Weise. Vor allem die jüngere Generation fordert dies ein, da diese sinnstiftend arbeiten und etwas bewirken möchte.

Dunkelhaarige Frau mit blau-weiß kariertem Hemd und Strohhut stützt sich auf Holzstiel und schaut in Kamera, im Hintergrund Stroh-Großballen.
Arbeitszufriedenheit schaffen bedeutet auch, Mitarbeitende in Entscheidungen einzubinden und Ihnen einen klar definierten Entscheidungsraum zu öffnen.
Bild: JackF/stock.adobe.com

Die Herausforderung besteht darin, Verantwortung abzugeben, die Mitarbeitenden selbst Lösungen erarbeiten zu lassen und sie in Entscheidungen einzubinden. Diese Arbeitsweise fördert die Selbstständigkeit und die Identifikation mit der eigenen Tätigkeit. Dabei ist Fehlertoleranz und das Abschätzen möglicher negativer Folgen wichtig. Fehler sind unerwünscht, aber auch eine Chance zum Lernen und zur Weiterentwicklung. Weiterhin sind Achtsamkeit und aufmerksames Zuhören der beste Weg um herauszufinden, welche Bedürfnisse die einzelnen Mitarbeitenden haben.

Eine Führungskraft ist für die Motivation der Mitarbeitenden und die erfolgreiche Aufgabenerledigung verantwortlich. Dabei sollte sie sowohl die fachliche als auch die emotionale Ebene im Blick haben. Wichtige Bausteine sind dabei die bereits genannte Wertschätzung gegenüber der Person und das Lob für die geleistete Arbeit.

Diese Führungsaufgaben kann nur gut erledigen, wer die eigene Gesundheit und Motivation im Blick hat und gut für sich selbst sorgt. Die Fürsorge für die Mitarbeitenden beginnt mit der Selbstfürsorge.

Worauf ist bei Stellenausschreibungen zu achten?

Mit Anzeigen stellen Unternehmen nicht nur den jeweiligen Arbeitsplatz vor, sondern gleichzeitig auch sich selbst. Zu Beginn werden in der Regel die Rahmenbedingungen, die Berufsbezeichnung (geschlechtsneutral), der zeitliche Rahmen und der Arbeitsort benannt. Anschließend stellt sich das Unternehmen selbst und den Arbeitsplatz vor. Dazu gehören beispielsweise Größe, Lage und Ausstattung des Betriebs, das Team oder die Perspektiven des Arbeitsplatzes. Bilder, Videos oder ein Verweis auf den Internetauftritt des Betriebes unterstützen Bewerbende dabei, sich ein besseres Bild zu machen. Deren Kenntnis wird oft auch in Vorstellungsgesprächen erwartet.

Die Stellenausschreibung enthält in der Regel zwei Auflistungen. Zum einen gibt sie Auskunft darüber, welche Anforderungen an die Bewerbenden gestellt werden, zum anderen, was das Unternehmen den Bewerbenden bieten kann.

Zuletzt werden die benötigten Bewerbungsunterlagen, die Form der Zusendung sowie ggf. eine Ansprechperson für Fragen zur Anzeige genannt. Diese Angaben sollten auf das Nötigste reduziert sein, um das Bewerbungsverfahren zu vereinfachen und so viele Interessentinnen und Interessenten wie möglich zu erreichen.

Blick von oben auf Tisch aus dunklen Holzbohlen. Darauf liegt ein Notizblock mit Aufschrift Wir suchen dich m/w/d. Ein Laptop und eine Kaffeetasse sind im Anschnitt zu sehen.
Stellenanzeigen müssen geschlechtsneutral formuliert sein.
Bild: studio v-zwoelf/stock.adobe.com

Bei der Formulierung der Stellenausschreibung und im Bewerbungsverfahren, ist das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten. So sollen Ausschreibungen neutral formuliert sein und dürfen keine Benachteiligungen (zum Beispiel bezüglich des Geschlechts, des Alters oder der ethnischen Herkunft) enthalten. Das Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung (KOFA) bietet unter anderem eine Checkliste (siehe Kasten mit weiteren Informationen unten) für die Erstellung einer Stellenanzeige.

Das Format der Stellenanzeige muss zum jeweiligen Veröffentlichungskanal passen. Eine Stellenanzeige in einer Zeitung beispielsweise besteht meist nur aus Text. In sozialen Medien sind Bilder und kurze Videoclips von Vorteil. Auf entsprechenden Internetportalen können auch längere Texte entsprechend der jeweiligen Vorgaben veröffentlicht werden können.

Welche Kanäle sich für die Veröffentlichung einer Stellenanzeige eignen, hängt vor allem von der Zielgruppe ab. Werden Auszubildende oder Mitarbeitende für Hilfstätigkeiten, Fachkräfte oder Spezialisten gesucht? Soll die Stelle regional, bundesweit oder gar international beworben werden?

Über persönliche Kontakte, Aushänge und weitere Möglichkeiten können Stellenangebote offline bekannt gemacht werden. Klassische Kanäle wie die Zeitung und die Fachpresse veröffentlichen inzwischen neben Printausgaben auch eine Online-Ausgabe.

Im Internet gibt es zahlreiche Orte für Stellenanzeigen. Neben allgemeinen Jobbörsen wie die der Agentur für Arbeit, gibt es auch spezialisierte, beispielsweise die Agrarjobbörseoder den Stellenmarkt des Bildungsservers Agrar. Auch über soziale Medien wie Facebook oder Instagram können Stellenangebote veröffentlicht werden.

Letzte Aktualisierung 18.03.2024

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