Auch über Sonderkulturen wie Obst, Beeren oder Wein ist Agri-Photovoltaik denkbar. In Babberich in den Niederlanden wurde die im Sommer 2020 die bisher größte europäische APV-Anlage mit einer Leistung von 2,7 MWp auf einem 3,2 ha großen Himbeerfeld fertiggestellt. Die Anlage erzeugt genug Strom um rund 1.250 Haushalte zu versorgen. Bei Sonder- und Dauerkulturen wird erwartet, dass die Überdachung durch die PV-Module dabei helfen kann, die Kulturen vor Starkregen, Hagel oder direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Damit könnte auf den Einsatz von Folienschutztunneln verzichtet werden, wodurch Arbeitszeit und Kosten gespart und Müll reduziert würde.
Bei weiteren Anlagen soll untersucht werden, wie sich das die APV-Module auf die Pflanzengesundheit und das Fruchtwachstum von Johannisbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren und Erdbeeren auswirken.
Im Rahmen des EU-Programmes Horizon 2020 untersuchen Fraunhofer-Wissenschaftler mit Partnern in Algerien, wie sich die APV-Anlagen durch die geringere Verdunstung und die niedrigeren Temperaturen unter den Modulen auf den Wasserhaushalt auswirken. Besonders die Regenwassergewinnung mit PV-Modulen könnte zukünftig die Landwirtschaft revolutionieren.
Auch in Kombination mit Aquakultur-Anlagen ist Agri-Photovoltaik denkbar. Fraunhofer-ISE-Studien erwarten, dass eine Aqua-PV die Landnutzungsrate im Vergleich zu einer reinen Freiflächen-Photovoltaikanlage annähernd verdoppelt. Derzeit sind zwei Forschungsanlagen in der Shrimps- und Pangasiusproduktion in Vietnam geplant.
Fazit
Agri-Photovoltaik ist ein vielversprechender Lösungsansatz, um die Effizienz in der Landnutzung zu erhöhen. Sie kann grundsätzlich über allen Böden errichtet werden, auch auf fruchtbaren Ackerböden. Agri-Photovoltaik ermöglicht die gleichzeitige Stromerzeugung und die Nahrungsmittelproduktion auf derselben Fläche. Die landwirtschaftliche Nutzfläche bleibt weitestgehend erhalten, der Schlag wird weiter pflanzenbaulich genutzt und muss nicht in Grünland umgewandelt werden, wie es bei der Freiflächenanlagen der Fall ist.
Mit der Gewinnung erneuerbarer Energien wird die Diskussion um Teller, Trog oder Tank entschärft. Es bleibt jedoch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit, konkret ob und nach welcher Zeit sich eine Stromproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen auch ohne Förderung amortisiert. Auch sind weitere Untersuchungen mit verschiedenen landwirtschaftlichen Kulturen in Forschungs- und Praxisanlagen notwendig, die die Langzeit-Effekte auf die Bestandsführung und den Ertrag untersuchen.
Anstrebenswert ist eine gesonderte Ausweisung im Flächennutzungsplan als Sondergebiet Agri-Photovoltaik, sodass für die betroffenen Flächen weiterhin Agrarsubventionen bezogen werden können, sowie eine Förderung der Stromeinspeisung nach EEG.
Letzte Aktualisierung 29.09.2020