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In Deutschland werden Schätzungen zu Folge rund 6500 Gehegewildhaltungen betrieben. In etwa 85 Prozent davon wird Damwild gehalten. Rot- und Sikawildhaltungen machen etwa 13 Prozent an der Gesamtzahl aus. In etwa ein bis zwei Prozent wird Muffelwild und vereinzelt anderes Wild gehalten. Die Begriffe Gehegewild und Gatterwild werden übrigens synonym verwendet.
Wichtigstes Betriebsmittel der Gatterwildhaltung ist das Grünland, das nahezu die gesamte Futterversorgung der Tiere gewährleisten muss. Daher gilt es, das Gehege als Weidefläche optimal zu nutzen und zu bewirtschaften. Denn: die Qualität des Grünlands beeinflusst entscheidend die Fortpflanzung, das Wachstum, die Schlachtleistung der Tiere und den Schlachtkörperwert des Wildfleisches.
Die landwirtschaftliche Gehegewildhaltung ist eine Nische, doch sie bietet oftmals einen Einstieg in die (Nebenerwerbs-) Landwirtschaft. Vor allem kleinere Grünlandflächen in Ortsnähe oder Ortsrandlage können so extensiv beweidet werden, stehen in Nutzung und bleiben als Grünland erhalten. Sind die Vermarkungswege von vornherein geklärt und sorgfältig mitgeplant, kann die Gatterwildhaltung eine wirtschaftlich interessante Option sein.
Die im Gatter gehaltenen Arten leben im Rudelverband, daher muss die Grünland-Fläche groß genug sein für mindestens ein männliches Tier und vier weibliche Tiere. Darüber hinaus hat jede Gehege-Wildart eigene Standortansprüche ans Grünland, die beim Errichten und Betreiben von Gattern berücksichtigt werden müssen.
Damwild, Rotwild und Sikawild unterscheiden sich in ihrer Geweihbildung, Fellfärbung, Körpergröße und Gewicht. Alle männlichen Tiere tragen ein Geweih, welches sie jährlich abwerfen und das danach neu wächst. Die weiblichen Tiere bleiben „kahl“, sie tragen kein Geweih. Der Fellwechsel findet bei Damwild, Rotwild und Sikawild zwei Mal im Jahr statt.
Die größte und schwerste Gatterwildart ist das Rotwild, gefolgt von Dam- und Sikawild. Das schlägt sich in den durchschnittlichen Schlachtgewichten nieder:
Sie sind Einzelgänger, beispielsweise wollen sich Muttertiere von ihrem Nachwuchs aus dem Vorjahr vor der neuen Setzperiode – der Zeit in der der Nachwuchs geboren wird – trennen. Das ist in einem eingezäunten Gehege mit begrenzter Platzkapazität schlecht möglich. Ein weiterer entscheidender Punkt gegen die Gatterwildhaltung von Rehen und Elchen: sie sind starke Futterselektierer und sind deshalb nur schwer in einem Gehege artgerecht mit Futter zu versorgen.
Jede Gehege-Wildart hat unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum. Darüber hinaus wird die Zusammensetzung des Grünland-Pflanzenbestandes durch das Fress- und Weideverhalten der verschiedenen Gatterwildarten nachhaltig beeinflusst. Der Pflanzenbestand des Grünlands verändert sich durch den ständigen Verbiss. Leguminosen und Kräuter werden zurückgedrängt, während die Anzahl der Gräser anwächst.
Ob Dam-, Rot- oder Sikawild zur vorhandenen Grünlandfläche passt, hängt nicht zuletzt von folgenden Standortfaktoren ab:
Ist die Entscheidung für die passende Wildart getroffen, sind Weideplanung, -management und -führung wichtige Werkzeuge für Gehegewildhalterinnen und Gehegewildhalter. Dabei ist wichtig, die optimale Besatzstärke und Besatzdichte im Gatter beziehungsweise in einzelnen Koppeln im Blick zu behalten. Verschiedene Koppeln innerhalb des Gatters abzutrennen, kann je nach Gattergröße und Bewirtschaftungsziel erforderlich sein. Beispielsweise können Zuchtgatter zur Separierung ausgewählter Hirsche mit ihren weiblichen Tieren oder Abschussgatter eingerichtet werden.
Grundsätzlich gilt: ein Mindesttierbesatz von einem männlichen Tier und vier weiblichen Tieren ist Grundbedingung für die artgerechte Haltung von Gehegewild. Die Obergrenze des Besatzes richtet sich nach den Grünlandverhältnissen, der Wüchsigkeit des Standortes, der Beschaffenheit, der Wildart und dem damit verbundenen Futterbedarf.
Als Richtwert kann beispielsweise für Damwild auf leichten Böden mit weniger Aufwuchs von einem Besatz von 5 bis 6 Muttertieren mit Nachzucht ausgegangen werden. Auf sehr wüchsigen Standorten mit guter Niederschlagsverteilung kann für Damwild auch eine Besatzobergrenze von 10 bis 12 Muttertieren mit Nachzucht möglich sein. Im Vergleich dazu kann in Rotwild-Gehegen auf ähnlichen Flächenverhältnissen nur etwa die Hälfte der genannten Tierzahlen gehalten werden.
Die unterste Größe für ein landwirtschaftliches Wildgatter für Dam- oder Sikawild wird mit einem Hektar Fläche veranschlagt, für Rotwild zwei Hektar und für Mischgehege drei Hektar. Größere Gehege bieten allerdings einige Vorteile:
Wie viele Tiere auf einer Weidefläche gehalten werden dürfen, ist auch für die Gehegewildhaltung gesetzlich geregelt. Dabei gilt als Berechnungsgrundlage – wie in der Nutztierhaltung üblich – die Bezugsgröße Großvieheinheit (GV). Sie entspricht 500 Kilogramm Lebendgewicht. Bei der Berechnung der Besatzstärke wird die GV auf die gesamte Weidefläche (in Hektar) bezogen. Bei der Berechnung der Besatzdichte wird die GV auf die zugeteilte Teil-Weidefläche (in Hektar) bezogen. Die Besatzdichte wird demnach zur wichtigen Kalkulationsgröße, wenn die Weidefläche in mehrere Koppeln aufgeteilt wird und die Tiere zeitweise kleinere Flächen als die Gesamtfläche beweiden.
Zur Errechnung wie viele Dam-, Rot- oder Sikawild eine GV ausmachen, wird die Berechnungsgröße Produktionseinheit betrachtet. Sie bezieht die Lebendmasse der Tiere in verschiedenen Altersstufen (Alttier, Kälber, Spießer, Schmaltiere, Hirsche) und deren Haltungsdauer im Gehege ein. Weiterhin finden so die unterschiedlichen Gewichte der einzelnen Wildtierarten kalkulatorisch Berücksichtigung. Die erlaubten und empfohlenen Tierbesatzzahlen können in den Bundesländern variieren. Daher ist eine Beratung zum optimalen Tierbesatz, der innerhalb der Regelungen liegt und optimal zum Grünland-Standort passt, empfehlenswert.
Die Gattergröße beeinflusst oftmals die Wirtschaftlichkeit der Gatterwildhaltung ab. Stehen nur kleinere Flächen zur Verfügung, die sinnvoll genutzt und damit erhalten werden sollen, liegt die Gehegewildhaltung eher im Hobbybereich. Größere Gatterflächen können einen eigenen Betriebszweig darstellen und ein Einkommen erwirtschaften. Die Praxis zeigt, dass Gehegegrößen ab 12 Hektar zur Bewirtschaftung des Grünlands optimal sind und zumeist eine höhere Wirtschaftlichkeit ermöglichen.
Die Vermarktungsform spielt für die Wirtschaftlichkeit ebenso eine entscheidende Rolle. Direktvermarktungen haben bei der Gehegewildhaltung das höchste Potenzial auf wirtschaftlichen Erfolg. Ebenso wertvoll – wenn auch monetär wenig darstellbar – ist, dass die landwirtschaftliche Wildhaltung dazu beiträgt, dass Grünlandflächen extensiv genutzt und damit erhalten werden.
Gehegewildhaltung wird aus lebensmittelrechtlicher Sicht in den Bundesländern unterschiedlich betrachtet. Es wird unterschieden zwischen:
Farmwild wird den landwirtschaftlichen Nutztieren zugeordnet. Für Farmwild sind damit jagdrechtliche Vorschriften nicht anwendbar. Gehegewild, das „ähnlich freilebenden Wilds“ gehalten wird, unterliegt jedoch den jagdrechtlichen Vorschriften. Sie gelten aus lebensmittelrechtlicher Sicht nicht als Nutztiere.
Die Unterscheidung hat Auswirkungen darauf, welche lebensmittelrechtlichen Rahmenbedingungen bei der Gatterwildhaltung zu beachten sind. Das betrifft unter anderem die unterschiedlichen Regularien zur Schlachttieruntersuchung, zur Fleischuntersuchung und welche Vermarktungswege möglich sind. Grundsätzlich gilt: alle Tiere, deren Fleisch zum Genuss für Menschen bestimmt ist, sind vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Schlachttier-und Fleischuntersuchung zu unterziehen.
Bundesverband für landwirtschaftliche Wildhaltung und seine Landesverbände
Bayrisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft
Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLG)
Letzte Aktualisierung: 11.12.2023