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Schafe gehören, wie Ziegen, zur Familie der Capridae und werden im Herdenverbund gehalten. Sie sind Wiederkäuer und verfügen über ein mehrmägiges Verdauungssystem. Schafe können somit rohfaserreiche und schwer verdauliche Futtermittel verwerten. Werden sie extensiv und mit geringen Leistungsanforderung gehalten, sind sie in der Lage ihren gesamten Nährstoff- und Energiebedarf aus Grünlandaufwüchsen zu decken. Aus diesem Grunde gelten Schafe als anspruchslose Nutz- und Weidetiere. Sie werden in fast allen Klima- und Vegetationszonen der Erde gehalten. Schafe und Ziegen werden aufgrund ihrer vergleichsweisen geringen Körpergröße auch als kleine Wiederkäuer bezeichnet.
Schafe haben eine schmale Kopf- und Maulform und gespaltene, bewegliche Oberlippen. Diese anatomischen Besonderheiten ermöglichen ihnen ihr selektives Fressen. Schafe wählen die für sie nahr- und schmackhaften Pflanzen aus und fressen in der Regel Blüten sowie weitere Pflanzenteile mit höherem Stickstoffgehalt zuerst. Diese bevorzugten Pflanzen werden dann bei längerer Verweildauer immer tiefer verbissen. Dieser tiefe Verbiss ist für Schafe typisch, häufig wird vom „Eisernen Zahn“ der Schafe gesprochen. Durch dieses Fressverhalten wird auf Schafweiden die Ausbreitung von nicht erwünschten Wildkräutern, zum Beispiel Löwenzahn, stark eingeschränkt und zurückgedrängt.
Schafe gehen bei der Futtersuche zwar selektiv vor, sie sind jedoch anspruchslos was das Futterspektrum eines Grünlandpflanzenbestands angeht. Somit beeinflusst der vorhandene Pflanzenbestand das Fressverhalten von Schafen. Schmackhafte, gern gefressene Pflanzenarten werden zügig genutzt, verholzte und überständige nur zögerlich verbissen. Weniger schmackhafte oder giftige Pflanzen werden gemieden.
Schäferinnen und Schäfer wissen um das Fressverhalten ihrer Schafe und nutzen es, um einerseits ihre Tiere zu ernähren und darüber hinaus um damit ihre Weideflächen ganz gezielt und differenziert zu beeinflussen. Dabei ist die Wahl der richtigen Nutzungsintensität, also des Tierbesatzes und der Beweidungsdauer, maßgebend um die gewünschten Effekte zu erzielen. Beispielsweise werden durch das Überweiden von Flächen mit geringem Tierbesatz und kurzer Verweildauer nur die gern gefressenen, hochwertigen Pflanzen verbissen. So werden höhere Nährstoffbedarfe der Schafe, zum Beispiel in der Trächtigkeitskeitsphase, gedeckt. Gleichzeitig werden Bodenbrüter geschont, da die Schafe aufgrund der kurzen Verweildauer und das zügige Überweiden den Pflanzenbestand weniger tief verbeißen und geschützte Nistplätze erhalten bleiben.
Alternativ dazu ist auch eine längere Nutzungs- und Verweildauer mit mehr Tieren je Flächeneinheit möglich. Nachdem die bevorzugten Pflanzen abgeweidet sind, werden auch solche verbissen, die nicht so gern gefressen werden, beispielsweise auch Sträucher und Gehölzanflug. Dadurch wird der Offenlandcharakter des Grünlands gestärkt, jedoch sinkt der Futterwert für die Schafe. Weiterhin hat diese intensivere Nutzung einen größeren Einfluss auf die Weideflächen durch Trittwirkung und Nährstoffeinträge über Kot und Harn.
Neben dem Pflanzenbestand wird die Futteraufnahme auch durch Witterungs- und Bodeneinflüsse geprägt. So fressen Schafe bei feuchter Witterung lieber auf höher gelegenen und trockneren Flächen. Mit diesem Wissen kann die Futterversorgung der Schafe ganzjährig gesichert und gleichzeitig die Pflege und Nutzung bewirtschafteten Flächen optimiert werden. Dies ist insbesondere in der Hütehaltung möglich.
Die Schafhaltung in Deutschland dient, neben der Erzeugung von Fleisch, Wolle und Milch, zum überwiegenden Teil der Erhaltung und Pflege des natürlich vorkommenden Grünlandes. Diese Pflegeleistung wird im Wesentlichen durch die Futternutzung – und damit durch Beweidung – realisiert. Die für die Nahrungsmittelproduktion häufig nicht nutzbaren Flächen, erfahren dadurch eine wirtschaftliche Aufwertung. Insbesondere durch die Beweidung mit Schafen werden solche Grünlandflächen für die menschliche Ernährung und für die Rohstoffproduktion nutzbar.
Darüber hinaus sind Schafe in der Lage, Aufwüchse die für Menschen oder andere Nutz- und Weidetiere nicht mehr nutzbar sind, durch Nachbeweidung zu verwerten. Das sogenannte „absolute Schaffutter“ erschließt damit Futterquellen, wie Ernterückstände des Hackfrucht- und Getreideanbaus, die eine preiswerte Nährstoffversorgung der Tiere sichert. Gleichzeitig wird dadurch eine umfassendere Verwertung landwirtschaftlicher Rohstoffe gewährleistet. Auch andere agrotechnische Vorteile gehen damit einher. Beispiele dafür sind das Saatenhüten oder die wirtschaftliche Verwertung von Nebenprodukten der Nahrungsgüterproduktion (Kleien, Extraktionsschrote, Kartoffel- und Zuckerrübenverarbeitung). Das Weidetier Schaf stellt mit seiner Mobilität und Anpassungsfähigkeit einen idealen Partner für die regionale Kreislaufwirtschaft dar.
Besonders zur Deichpflege und Pflege von Hanglagen werden Schafe eingesetzt. Der tiefe Verbiss bis zur Bestockungszone der Pflanzen verdichtet die Grasnarbe und regt das Graswachstum an. Der Druck der vergleichsweise kleinen Schafklauen bei geringem Körpergewicht schafft eine oberflächliche Bodenverdichtung. Durch diesen „goldenen Tritt“ der Schafe wird der natürliche Bodenschluss gefördert, das Bodengefüge gefestigt und der Bodenerosion vorgebeugt. Auch der Schadnagerbefall wird deutlich eingeschränkt. Diese Wirkungen bietet die Schafbeweidung auf allen mit Schafen bewirtschafteten Flächen. Auf Deichen und somit zum Hochwasserschutz macht das die Schafhaltung in manchen Regionen unverzichtbar.
Durch das Beweiden und damit das Nutzen von Grünlandflächen entstanden über Jahrhunderte Pflanzengemeinschaften, die an unterschiedliche regionale Klima- und Standortbedingungen angepasst sind. Viele dieser Grünlandtypen stehen heute unter Schutz, da sie sich durch eine hervorragende, manchmal auch einmalige floristische und faunistische Artenvielfalt auszeichnen. Erwähnt seien die Kalkmagerrasen, die Lüneburger Heide und die Wacholderheiden der Schwäbische und Fränkische Alb. Grünland stellt also einen wesentlichen Teil der von uns geschätzten Kulturlandschaften dar. Der Erhalt und die optimale Pflege dieser Flächen ist nur durch das Fortführen der Bewirtschaftungsweisen zu gewährleisten, die auch zu ihrer Entstehung geführt haben. Ohne die Beweidung entwickelt sich auf den unterschiedlichen Standorten die Urvegetation, in der Regel waldähnlicher Bewuchs. Besonders die Beweidung mit Schafen oder im Mischbestand mit Ziegen dient der erhaltenden Landschaftspflege.
Schafe sind bereits seit der Jungsteinzeit – und sogar früher – unentbehrliche Begleiter der menschlichen Entwicklung. Gründe dafür liegen in ihrer Anspruchslosigkeit, einfachen Handhabbarkeit, ihrer Marsch- und Pferchfähigkeit sowie in den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Gleichzeitig war das Schaf als Pflanzenfresser kein unmittelbarer Nahrungskonkurrent des Menschen. Durch die Nutzung von Grasland in seiner vielfältigsten Form, war es praktisch überall mit Futter zu versorgen.
Schafe wurden vor allem als Fleischlieferant, Opfertier und Tauschobjekt genutzt. Auch Schaffelle und Wolle wurden als gut bearbeitbare und langlebige Materialien geschätzt. Die Nachfrage wuchs und die Tierproduktion konnte durch die Schafzucht gesteigert werden. Selektiert wurde zuerst nach der Fähigkeit der Schafe, sich in Gefangenschaft erfolgreich zu vermehren – ein „zahmer Typ“ war gefragt. Es folgte die Förderung der Fleischleistung durch Selektion und durch die Verbesserung der Umweltbedingungen. Mit der Entwicklung der Wollverarbeitung erfuhren Schafe im Wolltyp in sehr kurzer Zeit weltweite Verbreitung. Noch heute sind diese Grundtypen, wenn auch in vielfältiger Kombination, bei den Schafrassen erkennbar und werden auch weiterhin züchterisch bearbeitet und entwickelt. Den unterschiedlichen, oft wechselnden Anforderungen der Märkte wurde das Schaf durch Veränderung der Zucht und Nutzung immer wieder erfolgreich gerecht.
In vielen Teilen der Welt ist Schafhaltung Grundlage für die regelmäßige Versorgung großer Bevölkerungsgruppen mit hochverdaulichem Eiweiß in Form von Milchprodukten und Fleisch. Dies spielt insbesondere in den trockenen und halbtrockenen Gebieten eine große Rolle, oftmals macht Schafhaltung in diesen Gebieten das Siedeln des Menschen erst möglich.
Eng verbunden mit der Schafhaltung war und ist der Hirtenberuf. Der Traditionsberuf des Schäfers beziehungsweise der Schäferin ist jedoch im Wandel begriffen. Die Rückkehr des Wolfes stellt den Berufsstand, neben Nachwuchsproblemen und einem im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Betriebszweigen niedrigen Lohnniveau, vor Herausforderungen im Herdenschutz.
Letzte Aktualisierung: 10.11.2022