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Die Gesundheit von Honigbienen und Wildbienen sowie ihre Lebensbedingungen in Agrarlandschaften stehen zunehmend im Fokus von Forschung, Politik und Öffentlichkeit. Die Insekten spielen als Bestäuber eine zentrale Rolle für den Erhalt von Ökosystemen und für die landwirtschaftliche Produktion. Doch Vielfalt und Häufigkeit von Wildbienen und die Vitalität der Honigbienen sind alarmierend zurückgegangen, viele Bestäuberarten sind akut gefährdet. Wissenschaft und Praxis sind gefordert.
Um die Widerstandskraft von Bienen zu stärken, agrarische Systeme insektenfreundlicher zu gestalten und die Wechselwirkungen zwischen Landwirtschaft, Imkerei und Bestäuberinsekten besser zu verstehen, fördert das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) innovative Forschungsansätze und Maßnahmen. Es hat hierfür die Vernetzungs- und Transfermaßnahme zur "Bekanntmachung über die Förderung von Forschungsvorhaben zum Schutz von Bienen und weiteren Bestäuberinsekten in der Agrarlandschaft" (Beenovation) ins Leben gerufen. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreut die geförderten 16 Verbundprojekte von Beenovation als Projektträger. Die Expertise aus Wissenschaft und Praxis wird darüber hinaus durch das Fachforum „Bienen und Landwirtschaft“ der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA) gebündelt.
Im Folgenden werden aktuelle Bienen-Forschungsprojekte vorgestellt, die zum überwiegenden Teil zu den geförderten 16 Verbundprojekten von Beenovation gehören. Sie sind grob drei Themenfeldern zuzuordnen:
Vitalität von Bienen stärken
Agrarlandschaften bienenfreundlich gestalten
Wechselwirkungen zwischen Landwirtschaft, Imkerei und Bestäuberinsekten besser verstehen
Um die Gesundheit der Bienen zu stärken und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressfaktoren zu verbessern, werden verschiedene Forschungsprojekte umgesetzt, die innovative Ansätze verfolgen und praxisnahe Lösungen entwickeln.
Ein zentraler Ansatz ist das Projekt NutriBee, das die sensiblen Wachstumsphasen junger Bienenvölker untersucht. In bundesweiten Feldversuchen werden Jungvölker gezielt Stressoren wie Nahrungsmangel und Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt, um ihre Entwicklung im Vergleich zu Wirtschaftsvölkern, also Bienenvölker, die mindestens ein Jahr alt sind, zu analysieren. Diese Forschung soll zeigen, welche Faktoren die Bienengesundheit am stärksten beeinflussen, und helfen, Rückstandsbelastungen in Bienenvölkern und Bienenprodukten, etwa in kultivierten Trachten wie Obst- und Rapsanbau, zu verringern.
Zur Bekämpfung bienenpathogener Viren wird im Projekt LAFAS ein Schnelltestsystem entwickelt, das den gleichzeitigen Nachweis von vier Virentypen ermöglicht. Das Verfahren bietet sowohl Imkern als auch Fachanwendern eine praktische Möglichkeit, Infektionen frühzeitig zu diagnostizieren. Diese schnellen und zuverlässigen Ergebnisse sind besonders für vorbeugende Maßnahmen und Monitoringprogramme von großer Bedeutung, da sie eine gezielte Stabilisierung der betroffenen Bienenvölker und eine effektive Eindämmung der Viren erlauben.
Einen neuartigen Ansatz zur Verbesserung der Resilienz von Honigbienen verfolgt das Projekt Vitalbiene. Hier wird eine Methode untersucht, die eine mehrwöchige Brutpause im Spätsommer mit einer einmaligen Oxalsäurebehandlung kombiniert, ohne die Drohnenbrut zu entfernen. Ziel ist es, die Widerstandskraft der Bienen gegenüber Umweltstress und Varroamilben zu stärken. Dabei werden umfassende Faktoren wie Flugverhalten, Tanzkommunikation, Immunabwehr und die Spermaqualität der Drohnen analysiert. Diese Methode soll langfristig eine nachhaltige Bienenhaltung ermöglichen.
Ein weiterer innovativer Ansatz wird im Projekt Sense4Bee verfolgt, das integrierte Sensorsysteme zur Überwachung von Bienengesundheit und Umweltbedingungen entwickelt. Diese Systeme ermöglichen es, sowohl den Zustand innerhalb von Bienenstöcken als auch die Gesundheit einzelner Bienen kontinuierlich zu überwachen. Mit Hilfe moderner Technologien wie Microbatterien und Energy-Harvesting werden die erhobenen Daten in eine intelligente Cloud-Lösung integriert. Dadurch entsteht eine umfassende Datenbasis, die das Bienenmanagement signifikant verbessert und es ermöglicht, frühzeitig auf Umwelt- und Gesundheitsprobleme zu reagieren.
Die Entwicklung bestäuberfreundlicher Agrarlandschaften und innovativer Anbausysteme ist ein zentraler Ansatz, um die Biodiversität und Bestäubungsleistung nachhaltig zu fördern. Verschiedene Verbundprojekte von Beenovation zielen darauf ab, Wechselwirkungen zwischen Landschaftsstruktur, landwirtschaftlichen Praktiken und Bestäubern zu untersuchen und praktische Lösungen für die Zukunft zu entwickeln.
Ein wichtiger Ansatz wird im Projekt BienenHaltenHof verfolgt, das die extensive Haltung von Honigbienen auf landwirtschaftlichen Betrieben fördert. Ziel ist es, widerstandsfähige Bienenpopulationen zu entwickeln, die durch minimalinvasive Haltungssysteme mit geringerem Eingriffspotenzial und ohne Fokus auf Honigertrag unterstützt werden. Die Nutzung von Nisthöhlen zur Anpassung an Klima- und Standortbedingungen wird ebenfalls untersucht. Damit soll nicht nur die Bestäubung von Nutzpflanzen gesichert, sondern auch das Interesse der Landwirte an biodiversitätsfördernden Maßnahmen gesteigert werden.
Im Projekt ComBee werden die Auswirkungen der Landschaftsstruktur und kombinierter Agrarumweltmaßnahmen auf Wild- und Honigbienen untersucht. Der Fokus liegt auf der Diversität von Bestäuberarten, der Populationsentwicklung sowie trophischen Interaktionen zwischen Pflanzen, Bestäubern und Pathogenen. Ziel ist es, die Wirksamkeit agrarischer Maßnahmen auf die Gesundheit und Vielfalt von Bestäubern zu bewerten und praxisorientierte Empfehlungen abzuleiten.
Das Projekt FarmerBeeWild analysiert spezifisch den Rückgang von Bestäubern in Bayerns Agrarlandschaften. Es bewertet die Effektivität agrarpolitischer Programme wie Greening und KULAP und untersucht in einer Feldstudie mit 240 Flächen den Einfluss von Blühflächen und naturnahen Habitaten auf Wildbienenpopulationen. Dabei werden praktikable und ökonomisch umsetzbare Lösungen unter Einbezug der Landwirte entwickelt.
Mit dem Projekt FINDIG werden Systeme für den ökologischen Landbau entwickelt. Der Schwerpunkt liegt auf der Extensivierung und Diversifizierung von Grünbrachen, um das Nahrungsangebot für Bestäuber zu verbessern. Ziel ist es, ökologische und ökonomische Anforderungen in Einklang zu bringen und so langfristig mehr Lebensraum für Insekten zu schaffen. Ein weiterer innovativer Ansatz findet sich im Projekt INTEGRA, das ein frei verfügbares Softwaretool zur räumlichen Planung von Agrarlandschaften entwickelt. Dieses Tool erlaubt es Landwirten, gezielt Bäume, Sträucher und Blühpflanzen zu platzieren, um ein ganzjähriges Nahrungsangebot und geeignete Nistplätze für Insekten zu schaffen. Die Integration in Landwirtschaft-4.0-Anwendungen macht die Lösung besonders zukunftsweisend und ermöglicht datenbasiertes Management zum Schutz der Bestäuber.
Mit MonVia wird ein umfassendes Monitoring der Biodiversität in Deutschlands Agrarlandschaften etabliert. In Zusammenarbeit zwischen dem Julius-Kühn-Institut, dem Thünen-Institut und der BLE werden Honig- und Wildbienen in einem integrierten Monitoringprogramm untersucht. Historische und aktuelle Daten werden genutzt, um Vitalitätsindikatoren und die Vielfalt von Wildbienen zu erfassen. Die Ergebnisse werden über eine digitale Plattform visualisiert und mit Landschaftsparametern verknüpft.
Das Projekt OCELI nutzt modernste Kamerasysteme und künstliche Intelligenz, um das Verhalten von Honigbienen und Hummeln als Bioindikatoren zu überwachen. Mit Daten zu Wetter, Landnutzung und Geo-Informationen können Gefahrenquellen identifiziert und geeignete Gegenmaßnahmen entwickelt werden.
Im Projekt Raps-OP wird untersucht, wie „Anlock-Streifen“ mit spezifischen Fangpflanzen wie Rübsen oder Markstammkohl genutzt werden können, um Rapsschädlinge gezielt anzulocken und zu bekämpfen. Gleichzeitig verlängern diese Pflanzen den Blühzeitraum und dienen als wertvolle Nahrungsquelle für Bestäuber. Diese Ansätze könnten den Einsatz von Insektiziden reduzieren, die Biodiversität fördern und den Lebensraum für Nützlinge erweitern.
In diesen Themenbereich ist beispielsweise das Projekt non-Apis einzuordnen, das federführend vom Julius Kühn-Institut durchgeführt wird. Darin werden Prüfmethoden zur Untersuchung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Wildbienen entwickelt. Ziel ist es, zu prüfen, ob bestehende Methoden und Ergebnisse für die Honigbiene auf Wildbienenarten übertragbar sind und welche zusätzlichen Faktoren berücksichtigt werden müssen. Experimente mit Modellorganismen wie Hummeln und Mauerbienen werden unter Labor-, Halbfreiland- und Freilandbedingungen durchgeführt. Ergänzend gibt es biologische Untersuchungen zu Kokons, Nistverhalten und Volksentwicklung. Die Tests sollen die Sensitivität verschiedener Wildbienenarten gegenüber Pflanzenschutzmitteln erfassen und artübergreifende Risikobewertungen ermöglichen.
In Hessen beschäftigt sich ein Projekt der EIP-Agri Zukunftsfähiger Bienenwald - Innovative Ideen im Forst zu erweitertem Nahrungsangebot für Bienen und bestäubende Insekten damit, bei bevorstehenden Aufforstungen zu erproben, inwieweit durch eine spezielle Baum-, Strauch- und Krautauswahl Lebensraum mit hohem ökologischem Wert für blütenbestäubende Insekten, wie beispielsweise Bienen, geschaffen werden kann. EIP-Agri steht für Europäische Innovationspartnerschaften für Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit.
Die Schwerpunkte der Bienenforschung auf Ebene der Bundesländer liegen in praxisnaher Forschung, Beratung, Aus- und Weiterbildung sowie Dienstleistungen rund um die Bienenhaltung. In jedem Bundesland gibt es spezialisierte Fachzentren, die sich mit spezifischen Themen der Bienenkunde befassen. Sie nehmen beispielsweise Honiganalysen vor, bieten Lehrgänge für Imker an und forschen zu Pflanzenschutzmitteln.
Übergreifend sind Amtstierärzte in den Bundesländern für die Bekämpfung von Bienenseuchen verantwortlich, während Landeslabore die Qualität von Honig prüfen. Viele Landeszentren der Bienenkunde sind in die Beenovation-Verbundprojekte involviert.
Bei der Bienenforschung in Deutschland stehen praktische Ansätze im Vordergrund: Die Forschung entwickelt Methoden zur kontinuierlichen Überwachung der Bienengesundheit und zur frühzeitigen Reaktion auf Umwelt- und Gesundheitsprobleme, um Bienenvölker gezielt zu stabilisieren. Durch Tests wird die Sensitivität verschiedener Wildbienenarten gegenüber Pflanzenschutzmitteln erfasst, was artübergreifende Risikobewertungen ermöglicht.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Stärkung der Widerstandskraft von Bienen gegen Umweltstress und Varroamilben, um eine nachhaltige Bienenhaltung langfristig zu sichern. Gleichzeitig sollen Landwirte durch praxisnahe Empfehlungen und Tools unterstützt werden, biodiversitätsfördernde Maßnahmen zu ergreifen, wie das gezielte Anlegen von Blühflächen, Nistplätzen oder die Pflanzung von Gehölzen.
So werden ökologische und ökonomische Anforderungen miteinander in Einklang gebracht, um bienenfreundliche Agrarlandschaften zu schaffen, die nicht nur Bestäuber fördern, sondern auch die landwirtschaftliche Produktivität steigern.
Auf ihrer Strategiekonferenz im Januar 2024 hat die Deutsche Agrarforschungsallianz (DAFA) einige Vorschläge gemacht, worauf sich Bienenforschung und -förderung in Zukunft stärker konzentrieren sollten. Dabei geht es zum Beispiel darum, pflanzenbauliche Maßnahmen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch zu bewerten und die Auswirkungen auf die Landschaft insgesamt im Blick zu behalten. Außerdem sollen subletale Effekte, d.h. stark beeinträchtigende Effekte, auf die Gesundheit von Wild- und Honigbienen genauer untersucht werden.