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Auf einem Großteil der Moorstandorte in Deutschland findet eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung statt, im Ackerbau, aber vor allem in der Grünlandwirtschaft, und Veredelung durch die Milchviehhaltung. Die Moorböden wurden dafür über Jahrhunderte drainiert und trockengelegt, um die Befahrbarkeit und Nutzbarkeit zu sichern.
Große Teile der norddeutschen Tiefebene sind Grünlandregionen, in denen traditionell die Milchviehhaltung vorherrscht, aber auch in Bayern und Baden-Württemberg, gibt es ausgedehnte Grünlandregionen auf Moorstandorten mit Milcherzeugung.
Mit dem Klimaschutzgesetz und der nationalen Moorschutzstrategie verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Treibhausgasemissionen zu vermindern und speziell die CO2-Austräge aus trockengelegten Mooren zu verringern. Dies gelingt mit der Wiedervernässung von Mooren. Der damit einhergehende höhere Wasserstand reduziert die Torfzehrung, so dass weniger CO2 in die Atmosphäre gelangt. Mit dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe entsteht allerdings ein Zielkonflikt. Denn Milcherzeugung ist auf hochwertiges, gut verdauliches Grünlandfutter angewiesen, dessen Gewinnung bei einer Anhebung der Wasserstände erschwert bis unmöglich gemacht wird. Die Herausforderung ist es nun, Methoden für eine klimagerechte Bewirtschaftung von Moorböden zu schaffen und gleichzeitig das Überleben der landwirtschaftlichen Betriebe zu ermöglichen.
In einer gemeinsamen Erklärung der Naturschutzbehörden der Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Niedersachsen werden die Potentiale und Ziele zum Moor- und Klimaschutz beleuchtet. Nach der Wiedervernässung von landwirtschaftlich genutzten Flächen gehören nach Ansicht der Herausgeber neben den Paludikulturen auch die Grünlandnutzung mit extensiver Beweidung mit Kühen zu einer moorschonenden und moorerhaltenden Nutzung. Die Erklärung fordert unter anderem von der Landwirtschaft die Einhaltung des Grünlandumbruchverbotes auf Moorböden und die umbruchlose Grünlanderneuerung als alleiniges Verfahren in der guten fachlichen Praxis.
Der Bauernverband Schleswig-Holstein hat zusammen mit Natur-, Wasser- und Deichschutzverbänden das Positionspapier „Marksteine neuer Wege im Moorschutz“ erarbeitet. Neben dem Zielkonflikt wird auf die notwendige Wertschätzung der Landwirtinnen und Landwirte durch die Gesellschaft verwiesen. Das Positionspapier fordert die Wiedervernässung von Hoch- und Niedermooren zur Einhaltung von politischen Klimazielen nur auf freiwilliger Basis.
Das Gutachten „Ökonomische Betroffenheit eines angepassten Niederungsmanagements für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein“ des Landwirtschaftsministeriums (2023) kommt zu dem Schluss, dass sich für den typischen Milchviehbetrieb durch die Wiedervernässung ein Erwerbsverlust von 400 Euro pro Hektar ergibt. Für Betriebe in bestimmten Regionen wie die Eider-Treene-Niederung oder im Oldenburger Graben könnte eine Wasserstandsanhebung um 20 Zentimeter gravierende Auswirkungen haben und die Milchviehhaltung unmöglich machen.
Wenn Grünland durch die Erhöhung der Wasserstände nicht mehr für die Grundfutterproduktion für Milchvieh, sondern nur noch mit extensiven Rindermastverfahren genutzt werden könne, dann ergeben sich Erwerbsverluste von über 600 Euro pro Hektar und damit mehr Einbußen als bei der Extensivierung der bestehenden Milchviehhaltung. Der Anbau der Paludikultur Rohrkolben bringt, so das Gutachten, im Vergleich zur intensiven Milchviehhaltung einen Erwerbsverlust von gut 500 Euro pro Hektar. Die Freiflächen-Photovoltaik wird als einzige nasse Alternativnutzung gesehen, die im Vergleich zur intensiven Milchviehhaltung einen besseren Deckungsbeitrag aufweist.
Ein wichtiger Akteur in der Moorforschung ist das Greifswald Moor Centrum (GMC), in dem die Universität Greifswald eine Schlüsselrolle einnimmt. Mit der Änderung im Umgang mit Mooren sehen die Wissenschaftler einen Paradigmenwechsel weg von tiergebundenen Nutzungsverfahren wie der Milchviehhaltung hin zur Bereitstellung anderer Ökosystemleistungen.
Nasswiesen könnten aber als Weiden zum Beispiel für Wasserbüffel oder extensive Rinderrassen wie Galloway, Scottish Highlands oder Uckermärker sowie andere Tiere wie Damwild, Moorschnucken oder Gänse oder trockenstehende Milchkühe dienen. Bei allen tiergebundenen Nass-Nutzungen sehen die Wissenschaftler allerdings Probleme für die Tiergesundheit, die von Huf- und Klauenproblemen über Giftpflanzen bis zu Parasiten reichen könnten. Als wichtige Faktoren für tiergebundene Verfahren in Paludikultur bezeichnen die Forscher Aufstallung, Zaunbau sowie geringere Leistung und Vermarktungsmöglichkeiten.
Die Wirtschaftlichkeit von Palidukulturen wird in vier Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuDs) zum Moorbodenschutz und zur Verwertung der Biomasse von wiedervernässten Flächen untersucht. Das Thünen-Institut und die Universität Greifswald koordinieren die wissenschaftliche Datenerfassung und Vernetzung im Projekt PaludiZentrale. Ergebnisse werden übergreifend ausgewertet und Vorschläge für politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie Handlungsempfehlungen für eine Umsetzung in die Praxis entwickelt. Ebenso zählt der Wissenstransfer zu ihren Aufgaben.
Ob die Milchviehhaltung unter bestimmten Voraussetzungen auf den Moorstandorten gehalten werden kann, ist eine zentrale Frage in der Forschungslandschaft. Das Grünlandzentrum Niedersachsen-Bremen prüft im Projekt GreenMoor, inwiefern bei einer Teilvernässung mit einer gemäßigten Wasserstandanhebung weiterhin Milchkühe auf den Flächen gehalten und qualitativ hochwertiges Futter für diese gewonnen werden können. Das Ziel ist es, die traditionelle Milchviehhaltung im Nordwesten Niedersachsens zu erhalten, dort Nahrungsmittel zu gewinnen und dem Klimaschutz durch eine angepasste Moornutzung Rechnung zu tragen.
Die Versuche finden auf einem Milchviehbetrieb im Ipweger Moor in Elsfleth im Landkreis Wesermarsch statt. Es wurden 4,5 Hektar teilvernässt und mit 3,5 Hektar Referenzfläche verglichen. Die Treibhausgasemissionen sollen durch eine angepasste Weide- und Schnittnutzung und eine geänderte Düngung verringert und die Grasnarbe verbessert werden. Die Flächen werden sowohl intensiv als auch extensiv beweidet und mit unterschiedlichen Düngeintensitäten bewirtschaftet und gemäht. Das Wassermanagement wird durch Grabeneinstau und Unterflurbewässerung vorgenommen. Beteiligt am Projekt sind das Grünlandzentrum mit wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität Greifswald sowie das niedersächsische Landwirtschaftsministerium und die Molkerei Ammerland. Die Laufzeit des Projektes ist von 2024 bis 2027.
Auf die Möglichkeiten der klimaschonenden Moorbewirtschaftung konzentriert sich eine Forschungsaktivität der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Im Jahr 2022 war der Startschuss für das Forschungsvorhaben "Unterstützung der Transformation der landwirtschaftlichen Moornutzung in Niedersachsen im Sinne des Klimaschutzes durch systemische Untersuchungen und Prozessbegleitung“ (MoWa). Es findet in der Geesteniederung im Landkreis Cuxhaven, im Gnarrenburger Moor im Landkreis Rotenburg und im Ipweger Moor im Landkreis Wesermarsch statt. Alle drei Gegenden sind traditionelle Grünlandregionen mit Milchviehhaltung.
Mittels einer agrarstrukturelle Analyse werden die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Region und die vor- und nachgelagerten Unternehmen der Landwirtschaft untersucht. Der Transformationsprozess könnte unter anderem Übersandung, Flurbereinigung und Umsiedelungen, Paludikulturen, PV-Anlagen, Renaturierung mit Tourismusausbau, Weidehaltung und Zertifikate-Handel beinhalten. Beteiligt sind das Landwirtschaftsministerium Niedersachsen und die Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Das Forschungsprojekt läuft vom 01.03.2022 bis zum 30.06.2026.
Das natürliche Dauergrünlandgebiet Oldenburger Graben in Ostholstein steht bei einer weiteren Forschungsaktivität im Vordergrund. Im EIP-Projekt (Europäische Innovationspartnerschaft) "Unsere MoorZukunft Oldenburger Graben", kurz UMZOG, wird die Frage einer gemeinschaftlichen Moornutzung für landwirtschaftliche Wertschöpfung und Klimaschutz untersucht.
Beteiligte aus der Region, darunter acht Milchviehhalter mit einem Gebiet von 2.500 Hektar, Kreis-Bauernverbände, Wasser- und Bodenverband, Lohnunternehmen und Berater, haben sich unter der Leitung der Fachhochschule Kiel zusammengeschlossen, um die Moornutzung im Oldenburger Graben zu untersuchen und neue Bewirtschaftungsformen zu finden.
Ein zentrales Ziel des Projektes ist es, die Wertschöpfung in der Region zu halten. Es ist allerdings zu erwarten, dass das Bewirtschaften der Moorflächen nach heutigem Maßstab aufgrund von steigenden Auflagen zukünftig teurer und unsicherer wird. Erforscht werden unter anderem alternative Anbaumethoden und die Optimierung der Flächennutzung durch eine Zonierung. Konkret für die Milchviehhaltung werden die Nutzungspotentiale für Intensivgrünland, Sommerweide und Polderflächen beleuchtet. Die Laufzeit des EIP-Projektes ist vom 01.01.2024 bis zum 31.12.2026. Träger sind das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) und die Europäische Kommission (EC). Weitere Informationen gibt es beim Forschungsinformationssystem des Bundes und der Länder fisaonline.
Die Vernetzung der Akteure im Moorschutz spielt im Forschungsprojekt MoorNet moor-net.de eine große Rolle. Seit 2022 werden das Bundesumweltministerium (BMUV) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bei der Umsetzung der Nationalen Moorschutzstrategie fachlich begleitet. Zu den Zielen und Aktionen des Forschungsvorhabens gehören beispielsweise der Aufbau einer Moorschutzdatenbank, die Erstellung eines Online-Forschungsportals und die Organisation von Veranstaltungen.
Im Rahmen der nationalen Moorschutzstrategie beschäftigen sich viele Forschungsprojekte mit der Anhebung von Wasserständen im Moor und alternativen pflanzenbaulichen Moornutzungsformen. Untersuchungen und Studien wie auch in Zukunft auf Moorstandorten Milchviehhaltung betrieben werden kann, gibt es dagegen wenige. Umso wichtiger sind diese für die bundesweite Milcherzeugung, ihre vor- und nachgelagerten Bereiche bis hin zur Struktur des ländlichen Raumes in den Dauergrünlandregionen auf Moorböden.