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E. Böckmann, Julius Kühn-Institut
Kohlarten werden von verschiedensten Insekten-Schädlingen befallen. Einige, wie etwa die Mehlige Kohlblattlaus, Kohlerdflöhe oder der Große und der Kleine Kohlweißling sind auf Kreuzblütler spezialisiert. Diese Schädlinge sind daher besonders darauf angewiesen, geeignete Wirtspflanzen sicher aufzufinden, auf denen sie sich entwickeln können. Die visuelle wie auch die olfaktorische Orientierung spielen dabei eine wichtige Rolle: Je größer der Kontrast der Wirtspflanze zum umgebenden Hintergrund ist und umso weniger Duftstoffe anderer nicht-Wirtspflanzen in der Umgebung freigesetzt werden, desto einfacher ist es, die passende Wirtspflanze zu finden.
Genau diese Mechanismen werden bei der Verwendung von Untersaaten und anderen Mischkulturen ausgenutzt. Durch die Mischung der Wirtspflanze, zum Beispiel Kohlgemüse, mit Nichtwirtspflanzen wird das Auffinden der geeigneten Wirtspflanze erschwert. Durch diesen Hintergrund von Nichtwirtspflanzen kommt es seltener zu einer Besiedlung der Wirtspflanze mit Schädlingen und die Verbreitung der Schädlinge im Pflanzenbestand wird verlangsamt. Weitere Effekte wie die Förderung natürlicher Gegenspieler durch geeignete Mischungen können den regulierenden Effekt verstärken.
In den Projekten OptiUnder und IPReg wurde ein solches Untersaatsystem an Weißkohl untersucht. Dazu wurde eine Getreide-Drillsaat zwischen den Kohlreihen ausgebracht. Durch die Aussaat von Wintergetreide im Frühling wurden das Schossen und die Ährenbildung des Getreides vermieden. Das Resultat war ein niedriger, grasartiger Wuchs des Getreides, was die Konkurrenz mit den Weißkohlpflanzen begrenzen sollte. Durch den Hintergrund des umgebenden Getreides war der Kohl durch Schädlinge weniger gut aufzufinden und das Schädlingsaufkommen konnte reduziert werden. Gut zu sehen war dies an dem reduzierten Auftreten von Kohlerdflöhen sowie den beiden wichtigsten Blattlausarten im Kohl, der Mehligen Kohlblattlaus und der grünen Pfirsichblattlaus. Natürlich fanden sich die Effekte nicht in allen Jahren in gleichem Maße, aber eine Reduzierung war in fast allen Versuchsjahren statistisch nachweisbar.
*Die Bilder wurden nicht gezielt auf starke Unterschiede hin ausgewählt, stammen aber aus dem Jahr 2022, in dem insgesamt sehr große Befallsunterschiede gefunden wurden:
* Zahlen über den Balken geben die Wochen nach Pflanzung des Weißkohls an. Balken zeigen die Mittelwerte und Fehlerbalken die positive Standardabweichung an. 2017 und 2019 wurden keine Daten zum Befall durch die Grüne Pfirsichblattlaus erhoben. In den Jahren 2017-2021 wurde Weizen, in 2022-2023 Gerste als Untersaat verwendet.
Relevante Veränderung des Vorkommens natürlicher Gegenspieler wie Schwebfliegenlarven oder Marienkäfer hingegen konnten trotz intensiver Bonituren nicht nachgewiesen werden.
Speziell für die Förderung von natürlichen Gegenspielern sind Blühpflanzen ein wichtiges Werkzeug. Viele dieser Insekten benötigen Nektar und/oder Pollen, um ihre volle Leistung zu bringen. Nach Aufnahme dieser Nahrung legen sie mehr Eier und können größere Strecken bei der Suche nach Schädlingen bewältigen. Wichtig ist jedoch, dass die verwendeten Pflanzen nicht gleichzeitig auch Schädlingen als Nahrung dienen, die dann wieder in den angebauten Nutzpflanzen zu Problemen führen.
Um gezielt natürliche Gegenspieler zu fördern und den Effekt auf Schädlinge noch zu verstärken, wurde in den genannten Projekten eine Kombination der Getreideuntersaat mit vereinzelten Pflanzungen von Steinkraut kombiniert.
Steinkraut ist eine sehr gute Nektarquelle für Schwebfliegen, deren Larven wiederum sind sehr effektive Gegenspieler von Blattläusen. Steinkraut hat viele Vorteile gegenüber anderen Blühpflanzen, für die Kohlkultur ist hier vor allem die sehr lange Blütezeit zu nennen.
Tatsächlich konnte in den Versuchen auch ein erhöhtes Vorkommen der adulten Schwebfliegen durch das Steinkraut nachgewiesen werden. Jedoch konnte nicht gezeigt werden, dass dadurch auch mehr Schwebfliegenlarven, die eigentlichen Blattlausgegenspieler, vorhanden sind. Entsprechend wurden auch die Blattlauszahlen im Vergleich zur Kontrolle nicht stärker reduziert. Letzteres könnte aber durchaus am Versuchsdesign gelegen haben. Schwebfliegen sind sehr gute Flieger und können große Strecken von der besuchten Blühpflanze zu den Blattlauskolonien zurücklegen, bei denen sie dann ihre Eier ablegen. Entsprechend schwierig ist es zu verhindern, dass die Schwebfliegen von den Versuchsplots mit Steinkraut zur Eiablage in Plots ohne Steinkraut fliegen und die Schwebfliegenlarven dort ebenfalls die Blattläuse fressen.
Ein weiteres Problem war hier jedoch noch gravierender: Steinkraut, ebenfalls ein Kreuzblütler, lockte in großem Umfang Kohlerdflöhe an, die an den Blüten fraßen. Nachdem die Blüten abgestorben waren wanderten die Schädlinge dann massenhaft in den benachbarten Kohl und sorgten dort für große Fraßschäden. Als Alternative wurde daher im Projekt IPReg noch die Verwendung anderer Blühpflanzen getestet, konkret einer Mischung aus Phacelia, Koriander und Buchweizen. Die verwendeten Blühpflanzen sind ebenfalls gute Nektarquellen für Schwebfliegen und haben zusammengenommen auch eine lange Blühperiode. Dennoch führten die Versuche ebenfalls nicht zu eindeutigen Ergebnissen bezüglich der Förderung natürlicher Gegenspieler.
Die Untersaat von Wintergetreide wie Weizen oder, nach letzten Erfahrungen im Projekt IPReg, vermutlich noch besser Gerste ist ein Werkzeug, um Schädlingsdruck in Kohlgemüse zu reduzieren. Ein großer Vorteil etwa gegenüber oft untersuchten Klee-Untersaaten ist das Fehlen einer insektenattraktiven Blüte im Getreide. Dadurch bleibt dem Landwirt die Möglichkeit, bei Bedarf Pflanzenschutzmittel einzusetzen, die laut Auflagen nicht in der Blüte verwendet werden dürfen. Ein Problem jedoch bleibt: Obwohl die Konkurrenz durch das Getreide durch die Verwendungsweise so gering wie möglich gehalten wurde, kam es dennoch zu Ertragsreduktionen. Diese waren im Umfang sehr unterschiedlich, was mit den Wetterbedingungen aber vor allem auch mit der verwendeten Weißkohlsorte zusammenhing. In einem sehr trockenen Jahr kam es bei der Sorte Kilaton (Volmary GmbH) zwar zu einer Ertragsreduktion von im Mittel 40 Prozent. Allerdings kam es in vier aufeinander folgenden Jahren mit der Sorte Socrates (Syngenta Seeds GmbH) nur zu Reduktionen des Ertragsgewichtes von im Mittel 3 - 16 Prozent. Statistisch signifikant unterschieden sich die Erträge nur in einem dieser vier Jahre, in den zwei Versuchsjahren mit Gerste als Untersaat kam es nicht zu signifikanten Ertragseinbußen. Diesen Erfahrungen entsprechend sollte das Verfahren immer zuerst auf kleineren Teilflächen auf die Eignung für die konkreten betrieblichen Gegebenheiten getestet werden.
Projekt - Optimierung von Untersaaten zur Schädlingsregulation im Kohl- und Zwiebelanbau