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Drohnen: Vom Monitoring zur gezielten Fungizidapplikation Pflanzenschutz

Drohnen können die Landwirtschaft revolutionieren. Mit hochauflösenden Kameras und KI-gestützter Bildanalyse ermöglichen sie eine präzise Überwachung und Behandlung von Pflanzenkrankheiten. Erfahren Sie, wie diese Technologie die Effizienz und Nachhaltigkeit im Pflanzenschutz in Zukunft steigern könnte.

Der Einsatz von Spritzdrohnen zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln ist eine vielversprechende Neuerung in der modernen Landwirtschaft. Mit der fortschreitenden Entwicklung von Drohnentechnologien und multispektralen Kamerasystemen eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Präzisionslandwirtschaft.
Abel Barreto und Stefan Paulus vom Institut für Zuckerrübenforschung geben einen Überblick, wie Drohnen im Pflanzenschutz genutzt werden können.

Das Wichtigste in Kürze:

-Drohnen können zur Fernerkundung eingesetzt werden und den Pflanzenbestand überwachen

-Durch automatische Krankheitsbonituren anhand von hochauflösenden Bildern können Befallshäufigkeit und -stärke ermittelt werden

-Daraus lassen sich Applikationskarten ableiten, die eine präzise Behandlung des Pflanzenbestandes erlauben

Die Digitalisierung im Ackerbau schreitet voran und bietet neue Wege zur Überwachung und Behandlung von Pflanzenkrankheiten. Drohnen mit multispektralen Kameras erfassen den Zustand der Pflanzen bis ins kleinste Detail. Diese Technologie ermöglicht eine genaue Analyse der Blattgesundheit und hilft, Blattflecken und andere Krankheitssymptome frühzeitig zu erkennen und zu quantifizieren. Im Vergleich zu traditionellen Fernerkundungsmethoden, die oft auf Satelliten oder bemannte Flugzeuge setzen, bieten Drohnen mehr Flexibilität und Genauigkeit. Dies ist besonders wichtig, um schnell auf Krankheitsausbrüche reagieren und die Wirksamkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen maximieren zu können.

Das Projekt „Farmerspace“ am IfZ Göttingen beschäftigt sich mit dem Einsatz von Drohnen und zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten im Pflanzenschutz. Es sollen automatisierte Handlungsabläufe, unter zu Hilfenahme von KI, entwickelt werden. Diese sollen eine schnelle Reaktion auf Befallsherde und somit einen effektiveren Schutz des Bestandes ermöglichen. Untersuchungsgegenstand ist die Bekämpfung der Cercospora-Blattfleckenkrankheit (Cercospora Leaf Spot, CLS) an Zuckerrüben.

Traditionelle Fernerkundungsmethoden

Traditionelle Fernerkundungsmethoden haben sich über die Jahre als wertvolle Werkzeuge zur Überwachung von Pflanzenbeständen bewährt. Sie nutzen Plattformen mit Kameras, die im visuellen (VIS) und nahinfraroten (NIR) Bereich des Lichtspektrums messen. Dazu gehören Satelliten, bemannte Flugzeuge und die ersten Drohnen-Generationen.

Satelliten decken große Flächen ab und liefern regelmäßig Daten, da sie die Erde auf festen Bahnen umkreisen. Diese Regelmäßigkeit kann jedoch auch nachteilig sein, da Satelliten wenig Flexibilität bei der Überwachung bestimmter Gebiete bieten. Zudem beeinträchtigen Wolken oft die Bildqualität, was die Bildanalyse erschwert oder unmöglich macht.

Flugzeuge bieten mehr Flexibilität als Satelliten, da sie gezielt über die entsprechenden Gebiete fliegen können. Sie sind jedoch teurer im Unterhalt und ihre Aufnahmen sind ebenfalls wetterabhängig.

Mit der Drohnentechnologie eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Fernerkundung. Drohnen lassen sich flexibel und unabhängig von festen Flugbahnen einsetzen, was eine zeitnahe Überwachung spezifischer Felder ermöglicht. Sie können unterhalb der Wolkendecke fliegen und sind daher weniger wetterabhängig aber nicht wetterunabhängig.

Vorteile von Drohnen

Für das Monitoring von Feldern bieten Drohnen zahlreiche Vorteile. Ihre Flexibilität und bedingte Unabhängigkeit von Wetterbedingungen, außer beispielsweise starken Winden, können sie zur bevorzugten Technologie für die präzise Überwachung von Pflanzenkrankheiten wie der Cercospora-Blattfleckenkrankheit machen.

Drohnen fliegen in niedrigen Höhen und nehmen hochauflösende Bilder im Zentimeter- bis Millimeterbereich auf. Diese Detailgenauigkeit ist entscheidend, um frühe Anzeichen von Krankheiten zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. So werden Veränderungen sichtbar und schaffen eine Grundlage für gezielte und effektive Pflanzenschutzmaßnahmen.

Neben den genannten Vorteilen gibt es jedoch auch verschiedene Nachteile und Herausforderungen. Die Kosten für Neuanschaffung und Wartung entsprechender Technik müssen für den Landwirt tragbar sein. Zudem ist die Technik auch durch schlechte Wetterbedingungen und Signalverluste störanfällig.

Überwachung von Versuchsfeldern, die mit verschiedenen Blattkrankheiten einschließlich Cercospora Blattfleckenkrankheiten infiziert sind.
Quelle: IfZ

Einsatz von Vegetationsindizes zur Quantifizierung von unspezifischem Pflanzenstress

Eine der effektivsten Methoden zur Quantifizierung von abiotischen und biotischen Stressfaktoren in Pflanzen ist die Nutzung von Vegetationsindizes, die aus multispektralen Bilddaten berechnet werden. Diese Indizes ermöglichen es, den Zustand von Pflanzen auf der Grundlage von Spektraldaten zu analysieren.

Der am weitesten verbreitete und bekannteste Vegetationsindex ist der Normalized Difference Vegetation Index (NDVI). Dieser Index wird durch die Kombination von Nahinfrarot- (NIR) und Rot-Kanälen berechnet. Der NDVI nutzt die Tatsache, dass gesunde Pflanzen mehr Nahinfrarotlicht reflektieren und weniger rotes Licht absorbieren. Indem der Unterschied zwischen diesen beiden Wellenlängen gemessen wird, kann der NDVI den Chlorophyllgehalt und den Zustand des Gefäßgewebes der Pflanzen widerspiegeln, um den Gesundheitszustand der Pflanzen zu bestimmen.

Der NDVI ist ein wertvolles Instrument zur Beobachtung physiologischer Veränderungen in Pflanzen, die durch verschiedene Stressfaktoren verursacht werden können. Solche physiologischen Veränderungen können jedoch nicht nur durch Krankheiten verursacht werden, sondern auch durch andere Stressfaktoren wie Dürreperioden, Hitzewellen, Nährstoffmangel oder Phytotoxizität.

Aufgrund dieser Vielzahl von Einflussfaktoren ist es oft schwierig festzustellen, ob NDVI-Veränderungen durch Krankheiten verursacht wurden. Der NDVI gibt lediglich einen allgemeinen Hinweis auf den Gesundheitszustand der Pflanzen, ohne die genaue Ursache der Veränderungen zu identifizieren. Daher ist es notwendig, zusätzliche Daten und Analysen einzubeziehen, um eine präzise Diagnose zu stellen und gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten zu ergreifen.

Darstellung des NDVI-Index in einem mit Cercospora beticola inokulierten Versuch.
Quelle: IfZ

Nutzung der KI zur Erkennung der Cercospora-Blattfleckenkrankheit in Zuckerrüben

Wie bereits erwähnt, sind Vegetationsindizes für die spezifische Erkennung von Krankheiten oft zu ungenau. Eine Lösung liegt in der Nutzung morphologischer und spektraler Informationen, die mit den spezifischen Symptomen von Krankheiten verknüpft sind. Blattkrankheiten, unter anderem durch Pilze verursacht, schädigen die Blattoberfläche und die Epidermis. Diese Schädigungen führen zu charakteristischen Läsionen, deren Form, Größe und Verteilung geschultes Personal zur Identifikation der Krankheitserreger im Feld nutzt.

Auch moderne Drohnen mit hochauflösenden Kameras können diese morphologischen Veränderungen genau erfassen. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Cercospora-Blattfleckenkrankheit (Cercospora Leaf Spot, CLS) bei Zuckerrüben.

Die ersten Symptome zeigen sich in Form von Läsionen mit einem Durchmesser von 3 bis 5 mm. Um diese Läsionen präzise zu erkennen, müssen die Bilder eine Auflösung von mindestens 3 mm pro Pixel aufweisen. Selbst eine geringfügige Abweichung in der Auflösung, beispielsweise auf 4 mm pro Pixel, kann die Erkennung erheblich beeinträchtigen, da sich die Informationen zwischen den kranken und gesunden Bereichen dann stärker vermischen.

Nach der Aufnahme müssen die Bilder bearbeitet und interpretiert werden, um eine Aussage über den Gesundheitszustand des Pflanzenbestandes zu treffen. Hier kommen moderne Bildnachbearbeitungstechniken und künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Es gibt jedoch einen großen Unterschied zwischen der Verwendung von KI zur Erkennung von Unkräutern und zur Quantifizierung von Blattkrankheiten. Bei der Erkennung von Unkräutern basiert die Entscheidung in der Regel auf der Charakterisierung einzelner Objekte, eben Unkraut oder Kulturpflanze. Bei der Erkennung und Quantifizierung von Blattkrankheiten hingegen muss eine Entscheidung auf Basis quantitativer Parameter getroffen werden, was nochmal eine größere Herausforderung darstellt.

Die Quantifizierung von Krankheiten erfordert eine Standardisierung pro Analyseeinheit. Im Fall von CLS in Zuckerrüben hat sich gezeigt, dass das Blatt selbst die am besten geeignete Einheit für die Quantifizierung darstellt, im Vergleich zur gesamten Pflanze. Analysetechniken wie Convolutional Neural Networks (CNN) und andere KI-Methoden sind derzeit vielversprechende Werkzeuge für die Segmentierung von Blättern in Bildern. Nachdem die Blätter segmentiert wurden, müssen Algorithmen zur Quantifizierung von Krankheitsparametern entwickelt werden.

Die relevantesten Parameter für die Entscheidungsfindung sind die Befallshäufigkeit und die Befallsstärke. Diese basieren auf dem Vorhandensein von Läsionen innerhalb eines segmentierten Blattes und dem prozentualen Anteil der Schädigung in Bezug auf die gesamte Blattfläche.

Moderne Algorithmen und neuronale Netze spielen eine entscheidende Rolle bei der Erkennung von Läsionen und der genauen Quantifizierung dieser Parameter. Durch die Kombination dieser Technologien können präzise und zuverlässige Daten zur Krankheitsbekämpfung generiert werden, die eine effektive Entscheidungsfindung in der modernen Landwirtschaft ermöglichen.

Die Drohne wird genutzt um Multispektralbilder aufzunehmen. Dies geschieht vom Zeitpunkt des Feldaufganges bis zur Erkennung von Läsionen.
Quelle: IfZ

Von der Krankheitskarte zur Applikationskarte

Um Krankheiten auf Feldern präzise zu überwachen und zu bekämpfen, wird das Feld in kleinere Abschnitte unterteilt. Diese Unterteilung ermöglicht die genaue Erfassung und Berechnung von Krankheitsparametern für jeden Abschnitt. Das Ergebnis ist eine sogenannte Krankheitskarte.

Krankheitskarten visualisieren verschiedene Parameter wie die Befallsstärke und die Befallshäufigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt. Unter Festlegung eines Schwellenwertes für die beiden Werte kann dann eine Applikationskarte erstellt werden. Diese Karte zeigt genau, welche Bereiche des Feldes mit Fungiziden behandelt werden müssen, um die Krankheit effektiv zu bekämpfen.

Krankheitskarte für die zwei Krankheitsparameter Befallsstärke (links) und Befallshäufigkeit (rechts).
Quelle: IfZ

Erste Versuchsergebnisse aus einer Spritzdrohnenanwendung

Nachdem die Gebiete, die am stärksten von der Cercospora-Blattfleckenkrankheit betroffen sind, identifiziert und Applikationskarten erstellt wurden, muss die Applikationstechnik diese Informationen einlesen und umsetzen können. Eine vielversprechende Alternative zu den herkömmlichen Systemen zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln ist der Einsatz von Spritzdrohnen.

Spritzdrohnen haben sich in Deutschland bisher hauptsächlich im Sonderkulturanbau, insbesondere im Weinbau in schwer zugänglichen Hanglagen, bewährt. Der Einsatz von Drohnen zur Ausbringung von Fungiziden auf herkömmlichen Feldkulturen ist derzeit nur zu Forschungszwecken und unter strengen Auflagen zugelassen.

Im Rahmen einer Masterarbeit wurden die Vorteile von Drohnen im Vergleich zu herkömmlichen Spritzsystemen untersucht. Es ist bekannt, dass luftgestützte Systeme hinsichtlich Geschwindigkeit, Genauigkeit und Effektivität Vorteile bieten. Diese Eigenschaften machen Spritzdrohnen zu einem nützlichen Werkzeug, insbesondere für die Applikation in schwer zugänglichen Gebieten wie Reisfeldern.

In den durchgeführten Versuchen konnte gezeigt werden, dass Drohnen im Vergleich zu Feldspritzen eine bessere Benetzungsleistung und eine höhere Effizienz der Pflanzenschutzmittel aufweisen. Dies gilt besonders für die älteren Blattetagen der Pflanzen, wo eine effektivere Verteilung der Mittel erzielt wurde. Der Versuch muss jedoch wiederholt werden, um valide und zuverlässige Aussagen treffen zu können.

Ein möglicher Grund für die bessere Benetzungsleistung liegt darin, dass die Rotorblätter der Drohne einen Abwind erzeugen, der die Pflanzenschutzmittel tiefer in den Pflanzenbestand transportieren kann. Diese tiefere Durchdringung führt zu einer höheren Wirksamkeit bei der Bekämpfung von Krankheitserregern.

Ob der Einsatz von Spritzdrohnen einen positiven Effekt auf den Gesamtertrag der Feldkulturen hat, kann derzeit nicht abschließend beantwortet werden. Weitere Untersuchungen und wiederholte Versuche sind notwendig, um die langfristigen Auswirkungen auf den Ertrag und die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Spritzdrohnen zu beurteilen. Dennoch zeigen die bisherigen Ergebnisse, dass Spritzdrohnen ein vielversprechendes Werkzeug in der modernen Landwirtschaft sein könnten, insbesondere für die präzise und effektive Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten wie der Cercospora-Blattfleckenkrankheit.

Benetzungsleistung von Feldspritze (links) und Drohne (rechts) in älteren Blattetagen.
Quelle: IfZ

Zukünftige Potentiale im Pflanzenschutz

Die Anwendung hochauflösender multispektraler Drohnenbilder zur Überwachung und Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten bietet bedeutende Vorteile für die Landwirtschaft. Die genaue Quantifizierung von Krankheitsparametern wie der Befallshäufigkeit und -intensität ermöglicht die Erstellung von präzisen Applikationskarten, welche die Grundlage für eine gezielte und reduzierte Fungizidanwendung bilden. Diese Technik stellt somit einen wichtigen Schritt zur Steigerung der Nachhaltigkeit dar. Des Weiteren können automatisiert erstellte Applikationskarten die Effizienz und Effektivität der Pflanzenschutzmaßnahmen erhöhen, indem bereits in frühen Phasen des Krankheitsbefalls agiert wird.

Drohnen könnten eine höhere Benetzungsleistung und Effizienz bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln erreichen, insbesondere in schwer zugänglichen Bereichen und unteren Blattetagen. Dies liegt hauptsächlich an dem Abwind, der durch die Rotorblätter der Drohne erzeugt wird und die Pflanzenschutzmittel tiefer in den Pflanzenbestand transportiert. Hier müssen jedoch noch weitere Versuche folgen, um belastbare Aussagen treffen zu können. Zudem sollten sich zukünftige Forschungsarbeiten darauf konzentrieren, die langfristigen Auswirkungen der Drohnentechnologie auf Ertrag und Nachhaltigkeit weiter zu untersuchen.

Für weitere Informationen:

FarmerSpace - Digitaler Pflanzenschutz

Letzte Aktualisierung 30.08.2024

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