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Bewässerungssteuerung mit künstlicher Intelligenz im Freilandgemüsebau Gartenbau

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Gartenbau birgt ein enormes Potenzial bei der Optimierung von Prozessen. Das Projekt „GeoSenSys“ lässt erahnen, dass KI künftig eine wichtige Rolle bei Entscheidungen in Bewässerungsfragen spielt.

Bewässerung auf einem Gemüsefeld
Die Vorteile des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Gartenbau: Wasserverbrauch wird reduziert, Nitratauswaschung minimiert und Arbeitzeit eingespart. Das Projekt "GeoSenSys" wirft einen Blick auf die moderne Bewässerungssteuerung der Zukunft.
Bild: ©BLE, Bonn/Foto: Thomas Stephan

Im Rahmen des Verbundprojektes GeoSenSys (Georeferenziertes Sensorgestütztes Daten-Management-System) hat sich ein Team der Herausforderung gestellt, die Bewässerungspraktiken im Freilandgemüsebau durch den Einsatz von KI zu optimieren. Das Resultat dieser Bemühungen ist ANNI (Artificial Neural Network for Irrigation), ein Modell, das speziell für die präzise Schätzung des Wasserbedarfs entwickelt wurde.

Wie lauten die Ziele der Künstlichen Intelligenz ANNI?

Das GeoSenSys-Projekt und das entwickelte ANNI-Modell tragen zur technologischen Entwicklung des Gartenbaus bei und bieten praktische Lösungen für ein essenzielles Element des Gartenbaus: das Bewässerungs-Management. Ziel von ANNI ist, die Bewässerungssteuerung im Gemüsebau effizienter zu gestalten. Denn durch präzise Schätzungen des Bewässerungsbedarfs kann Wasserverschwendung vermieden und die Pflanzengesundheit sowie der Ernteertrag optimiert werden. In der Praxis versetzt ANNI Mitarbeitende am Hof in die Lage, fundierte und datengestützte Entscheidungen zu treffen.

Wie funktioniert ANNI?

ANNI analysiert Echtzeitdaten zu Wetterbedingungen, Bodenfeuchtigkeit und spezifischen Pflanzenbedürfnissen, um eine zielgerichtete Bewässerung zu ermöglichen:

Die lokalen Wetterdaten werden von der nächstgelegenen Wetterstation bezogen oder direkt vom Betrieb erfasst. Weiterhin fließen wichtige Anbauinformationen, wie der Zeitpunkt der Aussaat, in das Modell ein. Ein entscheidendes Element ist der Einsatz eines am Traktor montierten Spektralsensors, der Einblicke in den Entwicklungszustand der Pflanzen ermöglicht. ANNI berechnet außerdem die nutzbare Feldkapazität in drei unterschiedlichen Bodenschichten bis 60 Zentimeter Tiefe.

Vorteile im Überblick

ANNI unterstützt Betriebe dabei ökonomischer und ökologischer zu handeln. Denn eine durchdachte und nachhaltige Bewässerungspraxis trägt zur verantwortungsbewussten Nutzung der Ressource Wasser bei. ANNI bietet dabei folgende Vorteile:

  • Wasserverbrauch wird reduziert: Es wird nur so viel Wasser zugeführt, wie die Pflanzen tatsächlich benötigen.
  • Nitratauswaschung wird minimiert: Durch die präzise Anpassung der Bewässerungsmenge an den tatsächlichen Bedarf der Pflanzen verringern KI-gesteuerte Systeme das Risiko der Überbewässerung, die häufig zu einer erhöhten Nitratauswaschung in das Grundwasser führt. Dies vermindert die Belastung der Wasserwege und schützt die Wasserqualität.
  • Arbeitszeit wird eingespart: Durch automatische Bewässerungsempfehlungen und ‑steuerungen können Arbeitsaufwände reduziert werden. Dies erlaubt es den Betrieben, Personal effektiver einzusetzen.

Insgesamt verringert ANNI so den ökologischen Fußabdruck des Gartenbaus.

Herausforderungen bei der intelligenten Bewässerungssteuerung

Obwohl die KI-Technologie rasante Fortschritte macht, stehen Gartenbauunternehmen vor spezifischen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt:

  1. Die Qualität und der Zugang zu Daten spielen eine entscheidende Rolle für die Effizienz der KI-Systeme. Sie können nur dann zuverlässige und präzise Ergebnisse liefern, wenn sie mit umfassenden und qualitativ hochwertigen Daten gefüttert werden. Die Beschaffung und Aufbereitung dieser Daten, beispielsweise von Boden- oder Pflanzensensoren, kann für manche Betriebe eine beachtliche Herausforderung darstellen.
  2. Die erfolgreiche Einführung von KI-Technologien in der Landwirtschaft hängt auch wesentlich von der Bereitschaft der Mitarbeitenden ab, diese neuen Werkzeuge zu nutzen und zu verstehen. Letztendlich soll die KI als ein Hilfsmittel verstanden werden, das die Entscheidungsfindung unterstützt ohne sie zu ersetzen.
  3. Die Einführung von KI-basierten Systemen kann eine Anfangsinvestition erfordern. Die Anschaffungskosten für beispielsweise moderne Sensortechnik und die dazugehörigen Schulungen stellen insbesondere für kleinere Betriebe eine signifikante finanzielle Hürde dar. Diese Investitionen sind jedoch essenziell, um die KI-Systeme effektiv zu nutzen und den höchsten Ertrag aus ihnen zu ziehen.

Experteninterview: Wie bewerten Sie als Forschende den Fortschritt der Entwicklung in 5 Jahren, in 10 Jahren und in 15 Jahren?

Über die Entwicklung der KI im Gartenbau in den nächsten Jahren haben wir mit der Expertin Samantha Rubo gesprochen. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gemüsebau der Hochschule Geisenheim University. Dort promoviert Rubo mit dem Schwerpunkt KI für die Ermittlung des Bewässerungsbedarfs im Freilandgemüsebau:

„Die Zukunft der Bewässerungstechnik im Gartenbau wird durch die fortschreitende Entwicklung intelligenter Schnittstellen, die eine direkte Kommunikation zwischen Bewässerungsmanagement-Systemen und der Applikationstechnik ermöglichen, geprägt sein“, so Rubo.

„In den nächsten fünf Jahren könnte dies bedeuten, dass Bewässerungszyklen noch präziser und bedarfsgerechter gesteuert werden, indem sie unmittelbar auf Echtzeit-Daten reagieren und somit den Wasserbedarf der Pflanzen optimal decken.

Blickt man zehn Jahre in die Zukunft, ist es denkbar, dass solche Systeme nicht nur standardmäßig integriert sind, sondern durch selbstlernende Algorithmen kontinuierlich verbessert werden. Dies würde eine noch effizientere Nutzung von Wasserressourcen ermöglichen, was nicht nur kostensparend wirkt, sondern auch der Umwelt zugutekommt.

In fünfzehn Jahren könnten wir eine nahtlose Integration von KI-gestützten Bewässerungssystemen erleben, die nicht nur den Wasserverbrauch optimieren, sondern auch in der Lage sind, die Gesundheit der Pflanzen zu überwachen.

Das GeoSenSys-Projekt und das ANNI-Modell sind Beispiele dafür, wie moderne Technologien dazu beitragen können, traditionelle Landwirtschaftsverfahren zu transformieren.“

Rückmeldung aus der Praxis

Junge Spinatpflanzen auf einem Feld
Als Modellkultur wurde Spinat gewählt. Fazit der zwei Testbetriebe: Die Bewässerungsempfehlungen von ANNI stimmen gut mit ihren eigenen Einschätzungen überein.
Bild: ©BLE, Bonn/Foto: Thomas Stephan

Das entwickelte Bewässerungsmodell ANNI wurde 2023 im Erwerbsgartenbau getestet. Als Modellkultur wurde Spinat gewählt – eine Gemüsekultur, deren Wasserbedarf repräsentativ für ähnliche Gemüsesorten ist. Die Gemüsebetriebe Firma Haas und Marggraf KG mit Sitz in Lampertheim-Rosengarten und Firma Voll GbR in Bobenheim-Roxheim kultivierten Spinat auf Flächen mit unterschiedlichen Bodeneigenschaften. Dabei wurde ein Teil der Flächen nach den Vorgaben von ANNI bewässert, während ein anderer Teil traditionellen Bewässerungsmethoden folgte.

Die Betriebe bestätigten, dass die Bewässerungsempfehlungen von ANNI gut mit ihren eigenen Einschätzungen übereinstimmen. Eigene Beobachtungen wie „Boden ist gesättigt“ manuell in das Modell einspeisen zu können, schätzen die Betrieben besonders, weil so eine feinere Abstimmung bei den Bewässerungsempfehlungen gegeben ist. Zudem optimiert dies die Kulturpflege signifikant.

Für die Zukunft wünschen sich die Anwendenden auf dem Hof eine Weboberfläche, die es ihnen ermöglicht, weitere Daten selbstständig einzupflegen. Die Betriebe versprechen sich dadurch eine bessere Planung und einen dauerhaften Zugriff auf aktuelle Informationen. In der Testphase erledigten ausschließlich externe Geoinformationdienste die Eingabe von Grunddaten.

Weitere Informationen zum Projekt

Das Projekt GeoSenSys wird von der Hochschule Geisenheim University koordiniert und in einem Verbund zusammen mit dem Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ), dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz (DLR-RLP), der GeoInformationsDienst GmbH (GID) und der Fritzmeier Umwelttechnik GmbH & Co. KG durchgeführt. Das Vorhaben wird im Rahmen des Innovationsprogramms des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und vom Projektträger der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreut. Das Vorhaben läuft bis zum 31. Mai 2024.

Letzte Aktualisierung 18.04.2024

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