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„Digitalisierung ist kein Hexenwerk“ Leitbetriebe Pflanzenbau

Zwei Landwirte aus dem Netzwerk Leitbetriebe Pflanzenbau berichten über ihre Erfahrungen mit Digitalisierung & Co. Der Austausch kann für Interessierte wertvolle Impulse für den eigenen Hof liefern.

Das bundesweite Netzwerk Leitbetriebe Pflanzenbau macht modernen, umwelt- und ressourcenschonenden Pflanzenbau erlebbar. Betriebe aus allen Regionen Deutschlands haben sich zu einem Vorbildnetzwerk zusammengeschlossen.

Das Netzwerk umfasst konventionell und ökologisch wirtschaftende Ackerbau- und Gemischtbetriebe. Diese tauschen sich fachlich aus, präsentieren ihre Arbeit der Öffentlichkeit und fördern so das Wissen über nachhaltigen Pflanzenbau.

Zwei Landwirte aus dem Netzwerk geben einen Einblick was Digitalisierung konkret auf ihren Betrieben bedeutet. Wie der Einstieg gelang, welche Maßnahmen auf dem jeweiligen Betrieb umgesetzt werden und wie dies den Umweltschutz positiv beeinflussen kann.

Martin und Renate Ernst bewirtschaften in Ottbergen, Landkreis Hildesheim, 140 Hektar Ackerland konventionell. Martin baut Getreide, Zuckerrüben und Raps an. Einen Teil der Ernte verfüttert er an seine Freilandhühner.
Quelle: BLE

Martin Ernst bewirtschaftet seinen Betrieb in der Hildesheimer Börde. Seit fast 40 Jahren ist er in der Landwirtschaft tätig, davon 30 Jahre als Betriebsleiter. Sein Fokus liegt schon immer auf dem Boden. Doch trotz des Einsatzes von organischen Düngemitteln und Mulchsaaten bemerkte er keine Fortschritte in der Bodenqualität.

„Am Boden änderte sich nichts“, erzählt Martin. „Deshalb habe ich mich mit dem Konzept der regenerativen Landwirtschaft beschäftigt.“ Er reduzierte die Bodenbearbeitung weiter, setzte auf vielfältige Zwischenfrüchte und erweiterte die Fruchtfolge.

„In der Fachpresse las ich dann von einem Netzwerk, das Öffentlichkeitsarbeit leistet. Das Netzwerk Leitbetriebe Pflanzenbau“, erinnert sich Martin. „Da wir bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Verbraucher hatten, griffen wir das auf.“ Das Netzwerk richtet sich ebenfalls an Berufskollegen und gibt Ideen an Bundesbehörden weiter. „Es ist schwieriger, Berufskollegen zu erreichen als Verbraucher“, sagt Martin. „Aber durch das Netzwerk können wir zeigen, was möglich ist.“

Nahe der thüringischen Grenze in Raßdorf bewirtschaften Rico und Astrid Platzdasch den Quellwiesenhof. Im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg baut Rico auf 130 Hektar Hanglage alte Getreidearten, Leguminosen und Buchweizen ökologisch an.
Quelle: BLE

Rico Platzdasch, ein Biolandwirt aus Osthessen, sieht das ähnlich. „Wir haben einen Ackerbaubetrieb nach Bioland-Richtlinien und eine Hofmühle“, berichtet er. „Unser Getreide bereiten wir selbst auf und vermarkten es direkt im Hofladen.“ Auch Rico ist Teil des Netzwerks. „Der Kontakt unter Kollegen ist wichtig“, betont er. „Wir veranstalten regelmäßig Feld- und Hoftage, um den Menschen die Landwirtschaft näherzubringen.“

Beide Landwirte sehen die Digitalisierung als Chance. „Digitalisierung erleichtert die Arbeit und macht sie präziser“, sagt Martin. „Techniken wie GPS-gesteuerte Düngerstreuer sind unverzichtbar.“ Rico ergänzt: „Im Büro begann die Digitalisierung schon früh. Elektronische Schlagkarteien und betriebswirtschaftliche Auswertungen sind mittlerweile Standard.“

Doch es gibt auch Bedenken. „Wenn Entscheidungen von Algorithmen abhängen, gebe ich Verantwortung aus der Hand“, warnt Martin. „Das kann die Motivation der Mitarbeiter beeinträchtigen.“ Rico führt aus: „Eine Herausforderung besteht darin, die mit fortschreitender Sensorik gesammelten Daten sinnvoll zu nutzen. Digitale Mittel können den Landwirt nicht vollständig ersetzen.“

Beide Landwirte nutzen moderne Technik, um effizienter und umweltfreundlicher zu wirtschaften. „Durch Technik kann ich menschliches Versagen ausschließen“, erklärt Martin. „Die Spritze funktioniert hinter der Feldgrenze nicht mehr, und ich halte die Grenzen ein.“ Rico fügt hinzu: „Besonders im ökologischen Landbau ist es wichtig, dass präzise gearbeitet wird. Digitale Möglichkeiten helfen dabei.“

Die Teilnahme am Netzwerk Leitbetriebe Pflanzenbau fördert und fordert den aktiven Austausch zwischen Landwirtinnen und Landwirten. So auch im Rahmen eines Netzwerktreffens auf den DLG-Feldtagen.
Quelle: BLE

Für die Zukunft haben beide Landwirte klare Vorstellungen. „Ich möchte eine Ertragskartierung an unserem Mähdrescher integrieren“, sagt Martin. „So kann ich genau sehen, welche Maßnahmen gegriffen haben.“ Rico interessiert sich für Sensoren, die Bodenwerte direkt bei der Überfahrt messen. „Das wäre eine Investition wert“, meint er.

Zum Abschluss geben beide Landwirte Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die noch zögern, in die Digitalisierung einzusteigen. „Seht das politische und gesellschaftliche Umfeld als Chance und seid offen für neue Impulse“, rät Martin. „Digitalisierung ist kein Hexenwerk“, ergänzt Rico. „Schaut euch Betriebe an, die damit arbeiten, und lasst euch die Technik vorführen. Bildet euch kontinuierlich weiter, um die Vorteile der modernen Technik zu nutzen.“

Letzte Aktualisierung 25.06.2024

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