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Extreme Wetterereignisse haben immer wieder verheerende Folgen für die Landwirtschaft. In den vergangenen Jahren kam es beispielsweise zu starken Dürren, so regnete es 2018 zwischen April und August in weiten Teilen Deutschlands kaum. Auch in den Folgejahren war es vielerorts zu trocken. Es fehlte an ausreichenden Niederschlägen, die die Trockenheit auch in tieferen Bodenschichten beheben könnten.
Bleiben wir beim Beispiel 2018, so war den Dürresommer ein extrem nasser Herbst und Winter vorausgegangen. Dies führte dazu, dass die Ernte von späträumenden Kulturen wie Mais oder Zuckerrüben nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden konnte. Die Herbstbestellung mit Raps und Wintergetreide war vielfach unmöglich, was notgedrungen zu einer starken Ausweitung des Anbaus von ertragsschwächeren Sommergetreiden führte. All dies verursachte auf vielen Äckern erhebliche Ertragseinbußen.
Am meisten litten die Futterbaubetriebe unter der anhaltenden Trockenheit: Die Grünfutterflächen brachten laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) im Norden und Osten des Landes nur etwa ein Viertel des üblichen Ertrags. Die Kühe und Schafe mussten vorzeitig von der Weide geholt werden und viele Tierhalter begannen bereits in den Sommermonaten damit, die Futtervorräte für den Winter anzubrechen und zuzufüttern. Um die Futterkosten zu senken, wurden zudem vermehrt Rinder zur Schlachtung gegeben. Dieses Beispiel zeigt: Das Zusammenspiel verschiedener Extremwetterereignisse kann gravierende Folgen mit sich bringen.
In der Regel stellen Bund und Länder in solchen „Katastrophenjahren“ Hilfsgelder für die Landwirtschaft bereit, beispielsweise auch nach der verheerenden Ahrflut im Jahr 2021. So verständlich und nachvollziehbar solche Hilfszahlungen sind, sie stellen immer nur eine Notlösung dar. Denn das vom Staat bereitgestellte Geld deckt meist nur einen Bruchteil des tatsächlich entstandenen Schadens ab. Kritiker bemängeln zudem, dass vor allem solche Landwirtschaftsbetriebe von den Geldern profitieren, die nicht genug für die Risikovorsorge getan haben.
Extremwetterereignisse treten immer häufiger auf, darauf weisen verschiedene Klimamodelle des Deutschen Wetterdienstes eindeutig hin. Politik, Wissenschaft und Praxis sind daher gefragt, Wege zu finden, wie man mit solchen Extremwetterlagen in Zukunft umgeht und wie Landwirtschaftsbetriebe sich besser darauf vorbereiten können.
Für viele sind Versicherungen ein naheliegender Gedanke, wenn es darum geht, Flächen und Kulturen besser gegen witterungsbedingte Gefahren abzusichern. Das ist bei Hagel seit vielen Jahren übliche Praxis. Immer mehr Betriebe entscheiden sich zudem dafür, auch Ausfälle durch Sturm, Starkregen oder Frost in Form einer Mehrgefahrenpolice abzusichern.
Gegen Dürre ist bislang kaum ein Landwirt in Deutschland versichert. Und das, obwohl Dürre das mit Abstand größte Ernterisiko in Deutschland darstellt: Knapp 60 Prozent aller Ernteschäden zwischen 1990 und 2006 waren auf extreme Trockenheit zurückzuführen.
Aber genau da liegt das Problem: Denn wenn Schäden durch Dürre auftreten, sind meist sehr viele Betriebe auf einmal betroffen. Damit werden die Kosten, die der Versicherung entstehen, immens hoch. Hinzu kommt, dass Versicherungen gegen Dürre – anders als bei Hagel, Sturm und Starkregen – in Deutschland nicht von der Versicherungssteuer befreit sind. Eine staatliche Zulage für Versicherungen, wie sie in den USA und vielen anderen EU-Ländern die Regel ist, gibt es in Deutschland auch nicht. Entsprechend teuer sind hierzulande die Versicherungsbeiträge für die Landwirte.
Als eine weitere Möglichkeit, sich gegen Ausfälle in Katastrophenjahren abzusichern, wird angesichts der Debatte um den Agrardiesel im Januar 2024 wieder die sogenannte steuerfreie Risikoausgleichsrücklage diskutiert. Funktionieren soll das so: Der Betrieb spart in guten Zeiten Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen. In Krisenjahren werden diese Ansparungen dann aufgelöst, um Ertragsausfälle, zum Beispiel durch Dürre, auszugleichen. Eine solche Maßnahme zur Absicherung von Ertrags- und Einkommensrisiken kommt zum Beispiel in Neuseeland, Australien und Kanada seit mehreren Jahren zum Einsatz.
Der Deutsche Bauernverband fordert die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage schon lange und auch immer mehr Politiker sprachen sich bereits dafür aus. So votierte der Bundesrat am 21. September 2018 für die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage. Ein solches positives Bundesratsvotum gab es auch bereits zwei Jahren zuvor.
Die Bundesregierung hatte sich damals allerdings gegen eine steuervergünstigte Rücklagenbildung ausgesprochen. Sie berief sich dabei auf eine Studie der Universität Hohenheim. Die Wissenschaftler kamen darin zu dem Schluss, dass eine solche Rücklage nicht den erwünschten Entlastungseffekt bei markt- und witterungsbedingten Einkommensschwankungen hätte. Zu der gleichen Einschätzung kam 2015 auch das Thünen-Institut in einer Bewertung.
Als Alternative schlugen die Wissenschaftler die Einführung einer mehrjährigen Gewinnglättungsregelung vor. Danach sollen Landwirtschaftsbetriebe Verluste beziehungsweise Gewinne über einen Zeitraum von mehreren Jahren verrechnen können. Auftretende Gewinnschwankungen können auf diese Weise nachträglich durch eine individuelle Steuerermäßigung korrigiert werden. Eine solche Gewinnglättungsregelung auf drei Jahre wurde Ende 2016 dann auch von der Bundesregierung beschlossen und 2019 nach der Zustimmung der EU wirksam.
Doch auch die Gewinnglättung brachte offenbar nicht den gewünschten Effekt. So hatte laut topagrar der Bayerische Oberste Rechnungshof an 2.575 landwirtschaftlichen Steuerfällen untersucht, wie sich eine Gewinnglättung auswirken würde. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, dass die Regelung nur einen geringen Einfluss auf die Steuerbelastung der landwirtschaftlichen Betriebe hätte.
Agrarökonomen, wie Prof. Norbert Hirschauer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Prof. Oliver Mußhoff von der Georg-August-Universität Göttingen sprachen sich ebenfalls gegen eine Gewinnglättungsregelung aus. Sie präferierten die steuervergünstigte Rücklagenbildung, allerdings müssten dafür, so die Wissenschaftler in topagrar, noch zentrale Voraussetzungen geschaffen werden.
Abseits aller Diskussionen über Versicherungen und steuerliche Vergünstigungen ist sich die Agrarbranche einig: Die Landwirtschaft wird langfristig nicht umhinkommen, ihr Produktionssystem auf die sich ändernden Klimabedingungen einzustellen.
Einige solcher Anpassungsprozesse sind bereits seit einigen Jahren im Gang. So arbeitet die landwirtschaftliche Züchtungsforschung an Sorten, die an die veränderten Bedingungen wie Trockenheit, verlängerte Vegetationsperioden und Hitze besser angepasst sind.
In den Fokus der Züchtungsbemühungen rücken dabei auch neue Kulturarten. So könnte in Zukunft zum Beispiel der Mais durch die wesentlich trockentolerantere Sorghum-Hirse als Rohstoffpflanze für Biogasanlagen ersetzt werden. Auch wärmeliebende Kulturen wie Sojabohne oder Hirse werden zukünftig wahrscheinlich häufiger zu finden sein und müssen züchterisch entsprechend an die hiesigen Bedingungen angepasst werden.
Die Züchtung wird auch gefragt sein, wenn es darum geht, Sorten zu entwickeln, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge sind. Denn es steht zu befürchten, dass sich Pilze, Viren und Schadinsekten, bedingt durch die milderen Winter, verstärkt ausbreiten und es auch zur Verschiebungen des Schaderregerspektrums kommen könnte.
Doch auch die Züchtung hat ihre Grenzen. So können zwar besonders trocken- oder hitzetolerante Sorten gezüchtet werden, die in entsprechenden heißen und trockenen Jahren ihren Zweck erfüllen. Doch was hilft das in kalten Jahren mit Stark- und Dauerregen?
Die Herausforderung in der Landwirtschaft ist, dass es sehr verschiedene Extremwetterereignisse gibt, die in sehr unterschiedlicher Weise Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion nehmen. Und wann welches Ereignis eintritt, lässt sich meist nur schwer voraussagen.
„Die Landwirtschaft muss sich diesen unterschiedlichen Wetterextremen also ganz grundsätzlich stellen, indem sie das Risiko streut“, sagt deshalb Prof. Frank A. Ewert, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Eine Möglichkeit, die in diesem Zusammenhang vielfach diskutiert wird, ist die Erweiterung der Fruchtfolgen. „Dadurch werden die Betriebe immer auch Fruchtarten auf den Feldern haben, die an die jeweils auftretende Extremsituation besser angepasst sind als andere", sagt Ewert.
Zusätzliche Sicherheit könnten die Landwirtinnen und Landwirte erzielen, indem sie verschiedene Sorten oder Reifetypen wählen und den Zeitpunkt der Aussaat variieren. „Bei all dem muss der Betrieb natürlich immer Angebot und Nachfrage im Auge behalten“, so der Agrarwissenschaftler. „Denn für die angebauten Kulturen müssen schließlich auch Abnehmer gefunden werden, was in Zeiten globalisierter Märkte nicht immer leicht ist.“
Um den Extremwetterereignissen zukünftig trotzen zu können, wird es weiterhin wichtig sein, die Fruchtbarkeit und die Wasserhaltefähigkeit des Bodens zu verbessern. Auch hier spielen weitere Fruchtfolgen mit verschiedenen Arten und Sorten eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus kommt dem standortangepassten Humusaufbau dem Zwischenfruchtanbau und der konservierenden Bodenbearbeitung eine große Bedeutung zu.
Auch eine Investition in technische Anlagen kann sich für manche Betriebe und Kulturen lohnen. So kann es insbesondere in Gebieten, die zukünftig mit einer Zunahme an trockenen Tagen rechnen müssen, wie zum Beispiel der Osten Deutschlands, Sinn machen, effiziente Bewässerungstechnik anzuschaffen. Umgekehrt kann in Gebieten mit hohem Wasseraufkommen eine Dränung zu einer Abmilderung von Extremwetterereignisse führen. Eine Investition in geeignete Frostschutztechnik, wie Beregnungsanlagen oder Ventilatoren macht dagegen überall dort Sinn, wo in Zukunft mit erhöhter Spätfrostgefahr gerechnet werden muss.
Einige solcher Investitionen werden über staatliche Programme gefördert. Diese Programme gehen entweder auf den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) oder auf die Gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) zurück. Ein zentrales Element der einzelbetrieblichen Förderung ist das Agrarinvestitionsförderprogramm.
Letzte Aktualisierung 14.05.2024