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Extremes Wetter: Wie kann die Landwirtschaft vorsorgen? Landwirtschaft im Klimawandel

Welche Maßnahmen könnten landwirtschaftlichen Betrieben helfen, die Folgen und Risiken des Klimawandels wirksam zu begrenzen?

Anhaltende Regenfälle in 2017 erschwerten vielerorts die Ernte von späträumenden Kulturen wie Zuckerrüben. Quelle: Gina Sanders-stock.adobe.com

Extreme Wetterereignisse in den vergangenen Jahren hatten vielerorts verheerende Folgen für die Landwirtschaft. Wiederholt kam es zu starken Dürren, so regnete es beispielsweise 2018 zwischen April und August in weiten Teilen Deutschlands kaum. Auch in den folgenden Jahren war es vielerorts zu trocken. Es fehlte an ausreichenden Niederschlägen, die die Trockenheit auch in tieferen Bodenschichten beenden könnten.

Den Dürresommern vorangegangen war 2017 einen extrem nasser Herbst und Winter. Dies führte dazu, dass die Ernte von späträumenden Kulturen wie Mais oder Zuckerrüben nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden konnte. Die Herbstbestellung mit Raps und Wintergetreide war vielfach unmöglich, was notgedrungen zu einer starken Ausweitung des Anbaus von ertragsschwächeren Sommergetreiden führte.

All dies verursachte auf vielen Äckern erhebliche Ertragseinbußen. Am allermeisten litten die Futterbaubetriebe unter der anhaltenden Trockenheit: Die Grünfutterflächen brachten laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) im Norden und Osten des Landes nur etwa ein Viertel des üblichen Ertrags. Die Kühe und Schafe mussten vorzeitig von der Weide geholt werden und viele Tierhalter begannen bereits in den Sommermonaten damit, die Futtervorräte für den Winter anzubrechen. Um die Futterkosten zu senken, wurden zudem vermehrt Rinder zur Schlachtung gegeben.

Hilfe vom Staat – eine Notlösung

In der Regel stellen Bund und Länder in solchen "Katastrophenjahren" Hilfsgelder für die Landwirtschaft bereit. So verständlich und nachvollziehbar solche Hilfszahlungen sind, sie stellen jedoch immer nur eine Notlösung dar. Denn das vom Staat bereitgestellte Geld deckt meist nur einen Bruchteil des tatsächlich entstandenen Schadens ab. Kritiker bemängeln zudem, dass vor allem solche Landwirtschaftsbetriebe von den Geldern profitieren, die nicht genug für die Risikovorsorge getan haben.

Extremwetterereignisse treten immer häufiger auf, darauf weisen verschiedene Klimamodelle des Deutschen Wetterdienstes eindeutig hin. Politik, Wissenschaft und Praxis sind daher gefragt, Wege zu finden, wie man mit solchen Extremwetterlagen in Zukunft umgeht und wie Landwirtschaftsbetriebe sich besser davor schützen können.

Versicherungen? Teilweise (noch) zu teuer!

Obwohl Dürre das mit Abstand größte Ernterisiko in Deutschland darstellt, ist bislang kaum ein Landwirt dagegen versichert. Quelle: landpixel.eu

Für viele sind Versicherungen ein naheliegender Gedanke, wenn es darum geht, Flächen und Kulturen besser gegen witterungsbedingte Gefahren abzusichern. Das ist bei Hagel seit vielen Jahren übliche Praxis. Immer mehr Betriebe entscheiden sich zudem dafür, auch Ausfälle durch Sturm, Starkregen oder Frost in Form einer Mehrgefahrenpolice abzusichern. Gegen Dürre ist dagegen bislang kaum ein Landwirt in Deutschland versichert. Und das, obwohl Dürre das mit Abstand größte Ernterisiko in Deutschland darstellt: Knapp 60 Prozent aller Ernteschäden zwischen 1990 und 2006 waren auf extreme Trockenheit zurückzuführen. Aber genau da liegt das Problem: Denn wenn Schäden durch Dürre auftreten, sind meist sehr viele Betriebe auf einmal betroffen. Damit werden die Kosten, die der Versicherung entstehen, immens hoch. Hinzu kommt, dass Versicherungen gegen Dürre – anders als bei Hagel, Sturm und Starkregen – in Deutschland nicht von der Versicherungssteuer befreit sind. Eine staatliche Zulage für Versicherungen, wie sie in den USA und vielen anderen EU-Ländern die Regel ist, gibt es in Deutschland auch nicht. Entsprechend teuer sind hierzulande die Versicherungsbeiträge für die Landwirte.

Gewinnglättung oder Risikorücklage

Als eine weitere Möglichkeit, sich gegen Ausfälle in Katastrophenjahren abzusichern, wird seit einigen Jahren die sogenannte steuerfreie Risikoausgleichsrücklage diskutiert. Funktionieren soll das so: Der Betrieb spart in guten Zeiten Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen. In Krisenjahren werden diese Ansparungen dann aufgelöst, um Ertragsausfälle, zum Beispiel durch Dürre, auszugleichen.

Eine solche Maßnahme zur Absicherung von Ertrags- und Einkommensrisiken kommt zum Beispiel in Neuseeland, Australien und Kanada seit mehreren Jahren zum Einsatz. Der Deutsche Bauernverband fordert die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage schon lange und auch immer mehr Politiker sprechen sich dafür aus. So votierte der Bundesrat am 21. September 2018 für die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage. Ein solches positives Bundesratsvotum gab es auch bereits zwei Jahren zuvor. Die Bundesregierung hatte sich damals allerdings gegen eine steuervergünstigte Rücklagenbildung ausgesprochen. Sie berief sich dabei auf eine Studie der Universität Hohenheim. Die Wissenschaftler kamen darin zu dem Schluss, dass eine solche Rücklage nicht den erwünschten Entlastungseffekt bei markt- und witterungsbedingten Einkommensschwankungen hätte. Zu der gleichen Einschätzung kam 2015 auch das Thünen-Institut in einer Bewertung.

Als Alternative schlugen die Wissenschaftler die Einführung einer mehrjährigen Gewinnglättungsregelung vor. Danach sollen Landwirtschaftsbetriebe Verluste bzw. Gewinne über einen Zeitraum von mehreren Jahren verrechnen können. Auftretende Gewinnschwankungen können auf diese Weise nachträglich durch eine individuelle Steuerermäßigung korrigiert werden. Eine solche Gewinnglättungsregelung auf drei Jahre wurde Ende 2016 dann auch von der Bundesregierung beschlossen und 2019 nach der Zustimmung der EU wirksam.

Doch auch die Gewinnglättung bringt offenbar nicht den gewünschten Effekt. So hat laut topagrar der Bayerische Oberste Rechnungshof jüngst an 2.575 landwirtschaftlichen Steuerfällen untersucht, wie sich eine Gewinnglättung auswirken würde. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, dass die Regelung nur einen geringen Einfluss auf die Steuerbelastung der landwirtschaftlichen Betriebe hätte.

Agrarökonomen, wie Prof. Norbert Hirschauer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Prof. Oliver Mußhoff von der Georg-August-Universität Göttingen sprechen sich ebenfalls gegen eine Gewinnglättungsregelung aus. Sie präferieren die steuervergünstigte Rücklagenbildung, allerdings müssten dafür, so die Wissenschaftler in topagrar, noch zentrale Voraussetzungen geschaffen werden.

Landwirtschaftliche Produktion anpassen

Abseits aller Diskussionen über Versicherungen und steuerliche Vergünstigungen ist sich die Agrarbranche einig: Die Landwirtschaft wird langfristig nicht umhinkommen, ihr Produktionssystem auf die sich ändernden Klimabedingungen einzustellen. Einige solcher Anpassungsprozesse sind bereits seit einigen Jahren im Gang. So arbeitet die landwirtschaftliche Züchtungsforschung an Sorten, die an die veränderten Bedingungen wie Trockenheit, verlängerte Vegetationsperiode und Hitze besser angepasst sind. In den Fokus der Züchtungsbemühungen rücken dabei auch neue Kulturarten, die hierzulande bislang noch keine Rolle spielten. So könnte in Zukunft zum Beispiel der Mais durch die wesentlich trockentolerantere Sorghum-Hirse als Rohstoffpflanze für Biogasanlagen ersetzt werden. Auch wärmeliebende Kulturen wie Sojabohne oder Hirse werden zukünftig wahrscheinlich häufiger zu finden sein und müssen züchterisch entsprechend an die hiesigen Bedingungen angepasst werden. Die Züchtung wird auch gefragt sein, wenn es darum geht, Sorten zu entwickeln, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge sind. Denn es steht zu befürchten, dass sich Pilze, Viren und Schadinsekten, bedingt durch die milderen Winter, verstärkt ausbreiten.

Wichtig: Das Risiko streuen

Doch auch die Züchtung hat ihre Grenzen. So können zwar besonders trocken- oder hitzetolerante Sorten gezüchtet werden, die in entsprechenden heißen und trockenen Jahren ihren Zweck erfüllen. Doch was hilft das in kalten Jahren mit Stark- und Dauerregen? Das Problem in der Landwirtschaft ist, dass es sehr verschiedene Extremwetterereignisse gibt, die in sehr unterschiedlicher Weise Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion nehmen. Und wann welches Ereignis eintritt, lässt sich meist nur schwer voraussagen.

"Die Landwirtschaft muss sich diesen unterschiedlichen Wetterextremen also ganz grundsätzlich stellen, indem sie das Risiko streut", sagt Prof. Frank A. Ewert, Leiter des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Eine Möglichkeit, die in diesem Zusammenhang vielfach diskutiert wird ist die Erweiterung der Fruchtfolgen: "Dadurch werden die Betriebe immer auch Fruchtarten auf den Feldern haben, die an die jeweils auftretende Extremsituation besser angepasst sind als andere", sagt Ewert. Zusätzliche Sicherheit könnten die Landwirtinnen und Landwirte erzielen, indem sie verschiedene Sorten oder Reifetypen wählen und den Zeitpunkt der Aussaat variieren. "Bei all dem muss der Betrieb natürlich immer Angebot und Nachfrage im Auge behalten", so der Agrarwissenschaftler. "Denn für die angebauten Kulturen müssen schließlich auch Abnehmer gefunden werden, was in Zeiten globalisierter Märkte nicht immer leicht ist".

Um den Extremwetterereignissen zukünftig trotzen zu können, wird es weiterhin wichtig sein, die Fruchtbarkeit und die Wasserhaltefähigkeit des Bodens zu verbessern. Auch hier spielen weitere Fruchtfolgen mit verschiedenen Arten und Sorten eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus kommt dem Zwischenfruchtanbau und der konservierenden Bodenbearbeitung eine große Bedeutung zu.

Investition in präventive Technik

Auch eine Investition in technische Anlagen kann sich für manche Betriebe und Kulturen lohnen. So kann es insbesondere in Gebieten, die zukünftig mit einer Zunahme an trockenen Tagen zu rechnen haben, wie zum Beispiel der Osten Deutschlands, Sinn machen, effiziente Bewässerungstechnik anzuschaffen. Umgekehrt kann in Gebieten mit hohem Wasseraufkommen eine Dränung zu einer Abmilderung von Extremwetterereignisse führen. Eine Investition in geeignete Frostschutztechnik, wie Beregnungsanlagen oder Ventilatoren macht dagegen überall dort Sinn, wo in Zukunft mit erhöhter Frühfrostgefahr gerechnet werden muss.

Einige solcher Investitionen werden über staatliche Programme gefördert. Diese Programme gehen entweder auf den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) oder auf die Gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) zurück. Ein zentrales Element der einzelbetrieblichen Förderung ist das Agrarinvestitionsförderprogramm.

Wie das Klima die Landwirtschaft verändert

Der Klimawandel wird zukünftig nicht nur zu erhöhten Temperaturen führen. Auch die Häufigkeit von Extremwetterereignissen wird steigen – mit zum Teil erheblichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft.

Anpassung an den Klimawandel

Die Landwirtschaft ist in besonderem Maße vom Klimawandel betroffen und ist daher besonders gefordert, Antworten zu finden, wie sich mit den Veränderungen am besten umgehen lässt.