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Mit mehreren Generationen auf dem Hof leben und arbeiten Dossier Teil 2

Unter landwirtschaftlichen Dächern leben oft mehrere Generationen. Und nicht nur das: Auch der Betrieb wird oft gemeinsam geführt. Wir werfen einen Blick in die landwirtschaftliche Praxis und zeigen Chancen und Herausforderungen des Zusammenlebens und -arbeitens auf.

Auf landwirtschaftlichen Betrieben leben und arbeiten oft mehrerer Generationen zusammen.
Bild: bugarskipavle3 – stock.adobe.com

Laut Landwirtschaftszählung 2020 gibt es in Deutschland 262.776 landwirtschaftliche Betriebe mit 937.900 Arbeitskräften. 434.400, also fast die Hälfte davon, sind Familienarbeitskräfte, so das Statistische Bundesamt. Dass eine Familie nicht nur zusammen lebt, sondern auch arbeitet, bringt Herausforderungen mit sich: Während die abgebende Generation sich mit der veränderten Lebenssituation arrangieren muss, sind die Nachfolgenden gefordert, den Betrieb in eine sichere Zukunft zu führen und weiterzuentwickeln.  

Haushalt trennen oder einen

Für das in der Landwirtschaft noch sehr verbreitete Zusammenleben mehrerer Generationen gibt es verschiedene Modelle. Interessante Einblicke liefert hier die Studie „Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft“, bei der 7.345 Frauen auf deutschen Höfen zu ihrem Lebensalltag befragt wurden. Rund zwei Drittel der Befragten leben mit den Altenteilern, also mit zwei oder drei Generationen zusammen. Nur 17 Prozent gaben an, die einzige Generation im Haushalt zu sein.

Der in vielen Fällen gemeinsame Hof bedeutet nicht unbedingt ein gemeinsames Leben. So berichteten 55 Prozent der Frauen, dass sie in einem eigenen Haus beziehungsweise einer eigenen Wohnung leben. Hier scheint es jedoch zu vielen Mischformen zu kommen. Gemeinsam eingenommene Mahlzeiten, geteilte Hausbereiche, in den Betrieb nach wie vor eingebundene Altenteiler und vieles mehr sorgen für stetigen Kontakt und Austausch in einem überschaubaren Personenkreis. Dabei liegen Betriebliches und Privates nahe beieinander.

Rechtlicher Status der Familienmitglieder

Arbeitsvertrag, Pacht und GbR fügen Jung und Alt zu einem gemeinsamen Betrieb zusammen.
Bild: Maxim_Kazmin – stock.adobe.com (bearbeitet)

Arbeiten Familienmitglieder auf dem landwirtschaftlichen Betrieb, so gibt es verschiedene Formen der rechtlichen Beziehung zum Betrieb, die konkret benannt werden sollten. Hier kommen beispielsweise Rollen wie Arbeitnehmer, Mitinhaberin, Partner oder auch Pächterin in Frage.

Eine genaue Definition des Arbeitsverhältnisses ist unbedingt zu empfehlen, um eine ausreichende finanzielle und soziale Absicherung der mitarbeitenden Familienmitglieder zu gewährleisten und Konflikten und Auseinandersetzungen vorzubeugen. Einige gängige Varianten werden im Folgenden kurz beschrieben.

1. Der Arbeitsvertrag

Wie macht man es nun richtig, wenn alle Personen im Haushalt abgesichert sein sollen, aber auch noch im Betrieb involviert sind? Eine Möglichkeit ist der klassische Arbeitsvertrag. Dieser definiert klar das Arbeitsverhältnis und zeigt die damit verbundenen Pflichten, die Vergütung, Arbeitszeiten, Kündigungsbedingungen und andere relevante Bestimmungen auf.

Gleichzeitig sind die Familienarbeitskräfte abgesichert und sozialversichert. Ein nicht zu vernachlässigendes Detail, da insbesondere die Anstellung durch einen Minijob Risiken in der Altersabsicherung birgt und daher nicht uneingeschränkt zu empfehlen ist. Mit einem Arbeitsvertrag kann beispielsweise die betriebsleitende Generation die nachfolgende klassisch anstellen und die oben genannten Punkte fair regeln, bis die Betriebsübergabe ansteht.

2. Den Betrieb verpachten

Möchte der aktuelle Betriebsinhaber der Nachfolgerin und dem Nachfolger erst einmal „auf den Zahn fühlen“ und testen, ob eine Hofübergabe infrage kommt, scheint die Verpachtung eine praktikable Lösung zu sein. Daran interessierte Betriebe sollten sich jedoch unbedingt steuerlich beraten lassen, damit dadurch auf lange Sicht kein Nachteil entsteht. Geklärt werden müssen auch Fragen wie: Wie hoch muss die Pacht sein? An wen darf ich verpachten? Gibt es Einschränkungen?

Ein detaillierter Pachtvertrag ist ein Muss und sollte beispielsweise die folgenden Aspekte klar regeln: die Pachtdauer, die Höhe der Pachtzahlungen, die Art der Nutzung des Landes und der Gebäude oder auch Rechte und Pflichten der Pächterin oder des Pächters. Auch sollte der Pachtvertrag den marktüblichen Standards entsprechen, die Folgen der Vertragsauflösung oder -kündigung beschreiben und Vorkehrungen für einen unerwarteten Krankheits- oder Todesfall beinhalten. Hier hilft eine Beratung durch auf solche Fälle spezialisierte Experten.

3. Die Gründung einer GbR

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz GbR, ist eine weitere Möglichkeit der innerfamiliären Zusammenarbeit. Sie kommt insbesondere infrage, wenn die bisherigen Bewirtschafterinnen und -bewirtschafter noch relativ jung sind und klar ist, dass noch einige Jahre lang eine Zusammenarbeit der Generationen gut möglich ist. Verantwortlichkeiten und Rechte werden dabei ordnungsgemäß geregelt und die Familienmitglieder können über den gewünschten Zeitraum als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten, Entscheidungen treffen und den Hof gestalten.

Auch hier sollte Wert auf eine fundierte Beratung und den Abschluss eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages gelegt werden, der die wichtigsten Parameter festlegt, wie die Rollen der Beteiligten, Rechte, Pflichten, Gewinn- und Verlustverteilung und vieles mehr. Auch für das Einbinden und Ausscheiden von Partnern müssen Vereinbarungen getroffen werden, mit denen alle Beteiligten einverstanden sind und die zu keinen finanziellen oder persönlichen Verwerfungen führen.

Kollegiales Miteinander

In welcher Form die Zusammenarbeit auch geregelt ist: Wichtig ist, dass der Informationsfluss und die Abläufe gut funktionieren.
Bild: BLE/Thomas Stephan

Innerhalb einer engen Generationenfolge können unterschiedliche Varianten der Zusammenarbeit existieren. Sie festzulegen, ist gerade hier von besonderer Bedeutung. Flankiert und von rechtlicher Seite getragen werden sie durch Arbeits- oder Pachtverträge oder auch die Gründung einer GbR. Welchen Weg eine Familie jedoch wählt, kann nur sie selbst entscheiden. Eine entsprechende Beratung kann dabei helfen, das jeweilige Modell so auszugestalten, dass keine wirtschaftlichen oder sozialen Nachteile entstehen.

Die Zusammenarbeit innerhalb einer Familie mit enger Generationenfolge wird jedoch nicht nur von rechtlichen Regelungen abgesichert. Die Voraussetzungen für ein kollegiales Miteinander sind gut: Die Personen kennen einander und können gut mit der Übernahme von Verantwortung umgehen. Sie verfügen auf der einen Seite über umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse und auf der anderen über neues Wissen und großes Engagement und damit über gute Chancen für eine positive Betriebsentwicklung.

Konflikten vorbeugen

Um Stress zu vermeiden und ein bereicherndes Zusammenleben zu fördern, gilt es nicht nur berufliche Konflikte gezielt zu lösen – auch im Privaten lassen sich Strukturen schaffen, die allen Beteiligen zugutekommen. Insbesondere wenn neue Familienmitglieder durch Einheirat den Kreis der Hofbewohnerinnen und -bewohner erweitern, kann es herausfordernd sein, neue Wege zu finden.

Hier hilft das Formulieren von eindeutigen Absprachen, das Setzen von klaren Grenzen und eine respektvolle Kommunikation. Voraussetzung dafür ist, dass alle Familienmitglieder dafür offen sind und sich auch neuen Ideen und den Bedürfnissen und Ängsten anderer nicht verschließen.

Mediatoren und soziale Beratungen bei den Landwirtschaftskammern oder -ämtern und den Verbänden können dabei helfen, einen Umgang miteinander zu finden, der allen Personen auf dem Hof gerecht wird. Dies sollte möglichst frühzeitig geschehen, damit nicht erst Probleme auf dem Tisch liegen, sondern man sich über das gemeinsame Gestalten der Zukunft freuen kann.

Arbeitsbereiche abgrenzen

Die Betreuung der Kälber ist ein typischer Arbeitsbereich, für den ein Familienmitglied Verantwortung übernehmen kann.
Bild: Halfpoint – stock.adobe.com

Nützlich und zielführend ist es, die im Betrieb vorhandenen Arbeitsbereiche klar abzugrenzen. So kann beispielsweise der Ackerbau Hauptjob eines Familienmitgliedes sein, während sich ein anderes um die Vermarktung oder die Tierhaltung kümmert. Diese Aufteilungen lassen sich nicht nur zwischen den Generationen, sondern auch bei Geschwistern beobachten, die gemeinsam einen Betrieb übernehmen. Jede und jeder hat ihren und seinen eigenen Verantwortungs- und Entscheidungsbereich und man profitiert nicht nur von dem Miteinander mit den anderen Familienangehörigen, sondern steht auch im Krankheitsfall oder in anderen Krisen nicht alleine da.

Fazit

Familien in der Landwirtschaft leben nicht nur zusammen, sie arbeiten oft auch gemeinsam im Betrieb. Ihnen bieten sich dabei verschiedene Möglichkeiten der Arbeitsplatzgestaltung wie Arbeitsverträge oder auch die Pacht und Zusammenarbeit in einer GbR. Landwirtsfamilien sollten sich frühzeitig über die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten informieren, um Konflikten und Unwohlsein vorzubeugen und für familiären, aber auch betrieblichen Frieden zu sorgen.

Letzte Aktualisierung 04.07.2024

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