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Nur 11 % der 263.500 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland werden von Frauen geleitet. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich im unteren Drittel. Dabei steigt der Anteil weiblicher betriebsleitender Personen von 10,3 % bei einer Betriebsleitung über 65 Jahren auf 13,2 % bei junger Betriebsleitung (15 bis 24 Jahre). Antworten darauf, wie Frauen die Zukunft der Höfe, auf denen sie leben und arbeiten einschätzen und wie die Hofnachfolge geregelt ist, geben Ergebnisse der Onlinebefragung von 7.345 Frauen, die für die Studie „Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft“ durchgeführt wurde. Die wichtigsten Inhalte zur Hofübergabe hat Zazie von Davier vom Thünen-Institut nachfolgend aufgezeigt.
Bei der Frage nach dem Zugang von Frauen zu Land und Betrieben spielt die Hofnachfolge eine wichtige Rolle. Die innerfamiliäre Hofübergabe ist nach wie vor der traditionelle Weg, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen. Möglich sind außerdem außerfamiliäre Übernahmen (z. B. durch Pacht eines auslaufenden Betriebs) oder die Existenzgründung, wobei der hohe Kapitalbedarf in der Landwirtschaft diese beiden Modelle insgesamt deutlich schwerer realisierbar macht.
Um die Startchancen für Hofnachfolgerinnen und Existenzgründerinnen in der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern, bietet die Landwirtschaftliche Rentenbank im Rahmen ihrer Programmkredite eine Reihe spezieller Investitionshilfen an.
In der Landwirtschaftszählung (LZ) 2020 wurden laut Statistischem Bundesamt 107.901 Betriebe, die zum einen der Rechtsform Einzelunternehmen angehören und bei denen zum anderen die Betriebsleitung 55 Jahre alt oder älter ist, zur Hofnachfolge befragt. Bei rund 37 % dieser Betriebe stand die Hofnachfolge bereits fest: Knapp 18 % planten eine weibliche, 82 % eine männliche Nachfolge. In der Landwirtschaftszählung von 2010 war der Anteil der Männer bei der vorgesehenen Hofnachfolge mit 86 % noch größer als in 2020.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Anteil an Frauen, die zukünftig landwirtschaftliche Betriebe leiten, langsam steigt. Der Anteil von Betrieben, die laut LZ 2020 von Frauen übernommen werden sollen, ist mit 23,8 % am höchsten in kleinen Betrieben in der Größenklasse zwischen 5 und 10 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche. Niedrige Anteile von Frauen als Hofnachfolgerinnen (14,4 bis 14,6 %) wurden von Betrieben mit 50 bis 200 Hektar Fläche gemeldet. Allerdings sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen: Die Agrarstatistik macht keine Aussagen über mögliche Regelungen in Betrieben anderer Rechtsformen, die 13 % aller Betriebe in Deutschland ausmachen. Außerdem wird nicht zwischen inner- und außerfamiliärer Hofnachfolge unterschieden.
Zusätzliche Informationen bietet die neue Onlinebefragung: Es wurden allen Frauen Fragen zu Hofnachfolgeregelungen gestellt, unabhängig vom Alter der Betriebsleitung und Rechtsform des Betriebes. Für etwas mehr als ein Viertel der Befragten ist die Hofnachfolge kein Thema. Bei knapp 22 % ist die Hofnachfolge eventuell schon Thema, bisher aber nicht geregelt. Weniger als 10 % der Frauen gehen davon aus, dass der Betrieb auslaufen wird. Über 40 % der Befragten gaben an, dass die Betriebsnachfolge geregelt sei. Nur diese Frauen wurden gebeten, zusätzlich anzugeben, wer den Betrieb übernehmen wird. Etwas mehr als ein Fünftel (22 %) gab an, dass eine Frau für die Hofnachfolge vorgesehen ist. Dieser Anteil ist etwas höher als der mit der Landwirtschaftszählung 2020 ermittelte (17,8 %).
Ein Grund dafür mag sein, dass sich die Frage auch an Frauen von Betrieben anderer Rechtsformen und mit jüngerer Betriebsleitung gerichtet hat. 13 % der Befragten gaben an, dass es eine andere Regelung gibt, also weder nur ein Sohn noch eine Tochter übernehmen werden. Hierzu gehörten unter anderem gemeinschaftliche Regelungen wie die Betriebsnachfolge durch mehrere Kinder (z.B. Sohn und Tochter oder mehrere Kinder ohne Angabe des Geschlechts). Im Hinblick auf dass Alter der Befragten bestätigt sich der auch sonst gewonnene Eindruck, dass sich das Bild langsam wandelt: Jüngere Frauen haben häufiger die Option der „weiblichen Nachfolge“ gewählt als ältere.
Doch welchen Einfluss hat die Familie? Verschiedene Studien legen nämlich nahe, dass die Geschwisterkonstellation Einfluss darauf hat, ob eine Frau Hofnachfolgerin und in der Folge auch Betriebsleiterin wird. So übernehmen Frauen, die mindestens einen Bruder haben, seltener auf dem Wege der innerfamiliären Hofnachfolge einen landwirtschaftlichen Betrieb, als das bei Männern der Fall ist. Grund dafür ist die Tradition der patrilinearen Hofnachfolge in vielen europäischen Ländern und so auch in Deutschland, obwohl Frauen und Männer von der Gesetzgebung in Bezug auf die Hofnachfolge gleichgestellt sind.
Um hier mehr zu erfahren, wurden die Teilnehmerinnen nach der Geschwisterkonstellation gefragt, in der sie aufwuchsen. Knapp 40 % der befragten Frauen sind mit Brüdern und Schwestern, knapp 30 % nur mit Schwestern und ein Viertel nur mit Brüdern aufgewachsen. Nur wenige Frauen, nämlich knapp 8 % der Befragten, wuchsen als Einzelkinder auf.
Betrachtet man die Position von den Befragten, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen sind, so werden Unterschiede in der Geschwisterkonstellation deutlich. Und zwar zwischen Frauen, die Betriebsleiterinnen oder Geschäftsführerinnen sind und Frauen, die sich als (Ehe‑)Partnerin der Betriebsleitung bezeichnen.
Die heutigen Betriebsleiterinnen beziehungsweise Geschäftsführerinnen sind am häufigsten mit einer Schwester oder Schwestern aufgewachsen (42 %). Der Anteil Einzelkinder – obwohl insgesamt gering – ist bei den heutigen Betriebsleiterinnen bzw. Geschäftsführerinnen fast drei Mal so hoch wie bei den (Ehe‑)Partnerinnen der Betriebsleitung. Letztere sind weit überwiegend (74 %) mit mindestens einem Bruder groß geworden. Also scheint es einfacher zu sein, Betriebsleiterin zu werden, wenn man alleine oder nur mit einer Schwester beziehungsweise Schwestern aufwächst.
Ein nahezu identisches Bild zeigt sich bei der Frage, ob eine Frau eine designierte Hofnachfolgerin ist: Das Aufwachsen als Einzelkind oder ausschließlich mit Schwester(n) scheint eine mögliche Hofnachfolge zu begünstigen. Ist mindestens ein Bruder unter den Geschwistern, sind die Befragten seltener Hofnachfolgerinnen.
Für die Lebenssituation der Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben ist die betriebliche Zukunft von großer Bedeutung. Die Workshops zu Beginn des Befragungsprojekts und die Ergebnisworkshops haben laut den verantwortlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern deutlich gemacht, dass Frauen den Strukturwandel um sich herum wahrnehmen und sich Sorgen um die Zukunft des eigenen Betriebs machen.
Auch treibt sie die Frage um, ob es den Kindern überhaupt noch zuzumuten sei, die Verantwortung für einen landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen. Mehrere Diskussionsteilnehmerinnen wiesen darauf hin, dass sie dankbar wären, wenn überhaupt ein Kind, unabhängig vom Geschlecht, den Betrieb weiterführen wollte.
Wie die Befragten die Zukunft ihrer landwirtschaftlichen Betriebe für die kommenden zehn Jahre einschätzen, war ebenfalls Teil der Untersuchung. Auffällig war, dass viele Frauen auf diese Frage nicht antworteten. Vermutlich, weil sie diese Frage nicht wirklich beantworten können oder zu unsicher sind, wenn ihnen zum Beispiel Einblicke in die längerfristige wirtschaftliche Lage der Betriebe fehlen.
n | % Antwortende (n=5.579) | |
Betriebsnachfolge ist geregelt | 2.414 | 43,3 % |
Betriebsnachfolge ist bisher nicht geregelt | 1.220 | 21,9 % |
Der Betrieb läuft aus | 456 | 8,2 % |
Betriebsnachfolge ist im Moment (noch) kein Thema/ Frage betrifft mich nicht | 1.489 | 26,7 % |
Gesamt | 5.579 | 100 % |
Der überwiegende Teil der Frauen (77 %) geht davon aus, dass der Betrieb, zu dem sie sich zugehörig fühlen, in zehn Jahren noch existiert, wovon 41,5 % sogar die Antwort „ja, mit Sicherheit“ wählten. Wie zu vermuten, erwarten Frauen von flächenstarken Betrieben eine bessere betriebliche Zukunft. So liegt der Anteil positiver Antworten bei Frauen von Betrieben über 100 Hektar Fläche bei über 80 % beziehungsweise bei Betrieben von 201 bis 500 Hektar bei knapp 90 %.
Frauen von Biobetrieben und Frauen von Betrieben der Rechtsformen Personengemeinschaft und -gesellschaft oder juristischer Person privaten Rechts schätzen die betriebliche Zukunft ebenfalls positiver ein als beispielsweise Frauen von Einzelunternehmen oder von juristischen Personen öffentlichen Rechts. Die Befragten dieser Gruppen gaben zu über 80 % die Skalenpunkte 5 bis 7 (auf einer Skala von 1-7) an und teilen damit die Einschätzung, dass der Betrieb in zehn Jahren noch existiert. Es ist zu erwarten, dass nicht die Rechtsform ursächlich für eine positivere Zukunftserwartung ist, sondern dies den Betriebsgrößeneffekt widerspiegelt.
Unterschiede gab es erstaunlicherweise kaum zwischen den verschiedenen betrieblichen Produktionsschwerpunkten. Aufgrund der anhaltenden gesellschaftlichen und auch agrarpolitischen Diskussionen um eine zukunftsfähige Nutztierhaltung und unsichere Märkte hätte es nicht verwundert, wenn manche Frauen die Zukunft ihrer Betriebe mehrheitlich eher schlechter eingeschätzt hätten. Dies zeigen die Studienergebnisse jedoch nicht. Nur knapp 13 % der Frauen von Veredlungsbetrieben sehen die Zukunft ihrer Betriebe negativ.
Letzte Aktualisierung: 12.09.2023