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Das Verbot unlauterer Handelspraktiken Das Verbot unlauterer Handelspraktiken

Seit es das Verbot unlauterer Handelspraktiken (Unfair Trading Practices - UTP) gibt, können sich auch kleine Lieferanten von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen gegen die Giganten der Lieferkette wehren.

Bild: Sviatlana/AdobeStock

Kleinere Lieferanten haben üblicherweise eine geringere Verhandlungsmacht als ihre umsatzstärkeren Käufer. Denn in der Agrar- und Lebensmittellieferkette sind die Lieferanten häufig auf einige wenige große Käufer angewiesen, die ihre Produkte abnehmen. So können diese Käufer Bedingungen in den Vertrag diktieren, die die Lieferanten bei einer Verhandlung auf Augenhöhe wahrscheinlich nicht akzeptieren würden. Um zu verhindern, dass die Käufer dieses Ungleichgewicht ausnutzen, hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich (AgrarOLkG) erlassen.

Gesetzlicher Schutz

Wer wird durch das AgrarOLkG geschützt? Das Gesetz schützt „kleine“ Lieferanten der Lebensmittellieferkette vor „großen“ Käufern. Lieferanten sind vor allem die Primärerzeuger. Käufer sind vor allem die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels. Weiterverarbeiter oder Zwischenhändler können, je nachdem ob sie von vorgelagerten Stufen kaufen oder an nachgelagerte Stufen verkaufen, als Lieferant beziehungsweise als Käufer auftreten. Sie sind daher nicht nur vom Gesetz geschützt, sondern müssen dieses auch selbst beachten. Das Gesetz gilt jedoch nur unter zwei Bedingungen:

  • Zum einen müssen zwischen beiden Vertragsparteien Agrar-, Fischerei-, oder Lebensmittelerzeugnisse verkauft werden. Dabei beschränkt sich das Verkaufen nicht nur auf Kaufverträge im engeren Sinne, sondern erfasst zum Beispiel auch den Vertragsanbau. Nicht erfasst ist dagegen der Verkauf an Verbraucher oder das Spenden von Lebensmitteln.
  • Zum anderen muss der Lieferant geringere Umsatzerlöse erzielen als der Käufer. Dabei wird ein Umsatzvergleich zwischen beiden Vertragsparteien anhand pauschalierter Umsatzstufen durchgeführt. Erzielt ein Lieferant beispielsweise mehr als zehn Millionen Euro, aber weniger als 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr, ist er gegenüber allen Käufern, die einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro haben, geschützt. Insgesamt gibt es fünf solcher Umsatzstufen. Die fünfte Stufe sieht vor, dass Lieferanten bis zu einem Umsatz von 350 Millionen Euro gegenüber Käufern geschützt sind, deren Umsatz über 350 Millionen Euro liegt (s. Tabelle 1).

Tabelle 1: Umsatzstufen

Jahresumsatz Lieferant

Jahresumsatz Käufer

≤ 2 Mio. EUR

> 2 Mio. EUR

> 2 Mio. EUR aber ≤ 10 Mio. EUR

> 10 Mio. EUR

> 10 Mio. EUR aber ≤ 50 Mio. EUR

> 50 Mio. EUR

> 50 Mio. EUR aber ≤ 150 Mio. EUR

> 150 Mio. EUR

> 150 Mio. EUR aber ≤ 350 Mio. EUR

> 350 Mio. EUR

(bis 1.5.2025): bis 4 Mrd. EUR Umsatz in Deutschland mit Milch-, Fleisch- oder Obst-, Gemüse- und Gartenbauprodukten

Gesamtjahresumsatz des Lieferanten ≤ 20% des Gesamtjahresumsatzes des Käufers

Zunächst befristet bis Mai 2025 sind auch größere Lieferanten von Milch-, Fleisch-, Obst-, Gemüse- und Gartenbauprodukten mit einem deutschlandweiten Umsatz im jeweiligen Segment von bis zu vier Milliarden Euro geschützt, wenn ihr Umsatz nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Käufers ausmacht.


Video: Das Verbot unlauterer Handelspraktiken

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Verbot von UTP

Welche unlauteren Handelspraktiken verbietet das AgrarOLkG? Das AgrarOLkG setzt einen Rahmen für fairere Verhandlungen zwischen „kleineren“ Lieferanten und „großen“ Käufern von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen, indem es unlautere Handelspraktiken verbietet. Unter unlauteren Handelspraktiken sind Vertragsklauseln und Verhaltensweisen zu verstehen, die in Geschäftsbeziehungen zwischen großen Käufern und kleineren Lieferanten als unfair anzusehen sind, weil sie zum Beispiel bestimmte Kosten oder Risiken des Käufers in unzulässiger Weise auf den schwächeren Lieferanten verschieben.

Es ist jedoch nicht jedes von Lieferanten als unfair empfundene Handeln gesetzlich verboten. Das AgrarOLkG legt einen abschließenden Katalog mit verbotenen Vertragsklauseln und Verhaltensweisen fest (s. Tabelle 2). Bestellt beispielsweise der Käufer Ware in einem bestimmten Umfang bei einem Lieferanten, so soll es in seinem Verantwortungs- und Risikobereich liegen, dass er die bestellte Menge auch weiterverwenden oder -verkaufen kann. Es ist unfair und daher verboten, wenn der Käufer dieses Risiko auf den Lieferanten verlagert, indem er bestellte Ware, die er nicht mehr benötigt, ohne Zahlung des Kaufpreises an den Lieferanten zurückschickt.

Tabelle 2

Verbotene Handelspraktiken

§ 11 AgrarOLkG: überlange Zahlungsfristen (über 30 Tage für verderbliche bzw. 60 Tage für nicht verderbliche Lebensmittelprodukte)

§ 12 AgrarOLkG: Zurückschicken nicht verkaufter Ware

§ 13 AgrarOLkG: kurzfristige Vertragsbeendigung durch den Käufer, bei verderblicher Ware

§ 14 AgrarOLkG: Beteiligung an Lagerkosten des Käufers

§ 15 AgrarOLkG: bestimmte, einseitige Vertragsänderungen durch den Käufer, wie z.B. einseitige Preisänderung

§ 16 AgrarOLkG: Überwälzung unspezifischer Kosten oder Kosten für Qualitätsminderung nach Gefahrübergang oder Kundenbeschwerden beim Käufer

§ 17 AgrarOLkG: Listungsgebühren (außer bei der Markteinführung eines Produktes)

§ 18 AgrarOLkG: Vergeltungsmaßnahmen

§ 19 AgrarOLkG: Weigerung des Käufers, den Vertragsinhalt in Textform zu bestätigen

§ 23 Nr. 9 AgrarOLkG: Missbrauch von Geschäftsgeheimnissen durch den Käufer

Ebenso unlauter ist es, wenn der Käufer von dem Lieferanten verlangt, dass sich dieser an den Lagerkosten des Käufers beteiligt. Es ist davon auszugehen, dass bei einer ausgewogenen Verhandlungsmacht zwischen den Partnern, eine solche Kostenverschiebung nicht stattfinden würde. Auch unfair und verboten ist es, wenn der Käufer bei verderblichen Produkten kurzfristig die Bestellung beendet. Aufgrund der Verderblichkeit der Ware kann der Lieferant diese bei einer solchen kurzfristigen Abbestellung nicht mehr vernünftig anderweitig vermarkten oder verwenden. Das Gesetz verbietet es auch dem Käufer einseitig gewisse Vertragsbestandteile, wie beispielsweise den Preis der Ware zu ändern.

Neben diesen verbotenen Handelspraktiken, erfasst das Gesetz auch Vereinbarungen, die grundsätzlich fair und ausgewogen sein können, wenn und weil beide Partner davon profitieren. Dies betrifft vor allem Vereinbarungen, mit denen sich Lieferanten an den Kosten für die Vermarktung ihrer Produkte durch den Käufer beteiligen. Für solche Vereinbarungen sieht das Gesetz ein Transparenzgebot vor, das heißt: Die Beteiligung des Lieferanten an Vermarktungskosten des Käufers ist nur dann erlaubt, wenn sie klar und eindeutig vereinbart ist und einen spezifischen Bezug zu den Produkten des betreffenden Lieferanten hat (so müssen beispielsweise die Produkte des Lieferanten in dem Werbemedium, an dessen Kosten er sich beteiligt, auch tatsächlich beworben werden). Auch hierzu sieht das AgrarOLkG einen abschließenden Katalog der Praktiken vor, die dem Transparenzgebot unterliegen (s. Tabelle 3).

Tabelle 3

Verboten, es sei denn es wurde „klar und eindeutig“ vereinbart

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 AgrarOLkG: Listungsgebühren bei Markteinführung eines Produkts

§ 20 Abs. 1 Nr. 2 AgrarOLkG: Zahlung oder Preisnachlässe für:
• Vermarktung
• Verkaufsangebote
• Werbung
• Verkaufsaktionen (Käufer muss Aktionszeitraum und voraussichtliche Menge in Textform mitteilen)
• Bereitstellung auf dem Markt

§ 20 Abs. 1 Nr. 3 AgrarOLkG: Zahlung oder Preisnachlässe für das Einrichten der Räumlichkeiten, in denen die Erzeugnisse des Lieferanten verkauft werden

§ 21 AgrarOLkG: § 21 AgrarOLkG: Pflicht zur Vorlage einer Zahlungen- und Kostenschätzung in Textform

Hinweisgebersystem

Wie können sich Lieferanten gegen unlautere Handelspraktiken wehren? Lieferanten, die von unlauteren Handelspraktiken betroffen sind, können sich an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wenden und auf Verstöße hinweisen, einen konkreten Sachverhalt schildern oder eine Beschwerde einreichen. Lieferanten, die sich dabei nicht mit ihrem Namen offenbaren möchten, können das anonyme Hinweisgebersystem der BLE nutzen oder ihren Verband darum bitten, die Meldung abzugeben. Die BLE sorgt als Durchsetzungsbehörde dafür, dass die Verbote des AgrarOLkG eingehalten werden. Sie kann sowohl aufgrund von Beschwerden als auch von Amts wegen Verfahren einleiten und Ermittlungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Vor-Ort-Prüfungen oder Vernehmungen, durchführen.

Stellt die BLE einen Verstoß fest, so kann sie diesen durch geeignete Maßnahmen abstellen. Das mildeste Mittel ist es dabei, den Käufer zur freiwilligen Aufgabe des beanstandeten Verhaltens anzuhalten. Die BLE kann aber auch die Abstellung des beanstandeten Verhaltens anordnen und eine Geldbuße von bis zu 750.000 Euro verhängen. Stellt die BLE einen (nicht nur geringfügigen) Verstoß fest, veröffentlicht sie die Entscheidung außerdem auf ihrer Internetseite.

Neben ihren Ermittlungs- und Sanktionstätigkeiten stärkt die BLE das Bewusstsein und das Verständnis für das Gesetz gegen UTP und ermutigt die Unternehmen zu einem fairen Umgang miteinander. Dies tut die BLE zum Beispiel, indem sie den Marktteilnehmern Orientierungshilfe bei der Auslegung des Gesetzes bietet und Käufer auf mögliches Fehlverhalten aufmerksam macht.

Letzte Aktualisierung 31.10.2023

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitrischt B&B Agrar 3/2023.

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