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Die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter von Milchviehbetrieben müssen genau rechnen: Was kosten notwendige Fachkräfte? Wie entwickeln sich Futterkosten und Pachtpreise weiter? Welchen Preis wird die Molkerei für die Milch auszahlen? Und wie können sie den Milchpreis auf einem volatilen Milchmarkt mit Hoch- und Tiefpreisphasen in immer kürzeren Abständen absichern?
Bei Letzterem kann eine Web-App weiterhelfen. Das Startup-Unternehmen KUHdo aus Kiel hat ein Programm entwickelt, das die Milcherzeuger bei der Milchpreis-Absicherung an die Hand nimmt. KUHdo ist das erste Startup, das von der Deutschen Innovationspartnerschaft Agrar (DIP) gefördert wurde.
„Der tägliche Aufwand für die Informationsbeschaffung für eine Absicherung des Milchpreises an der Börse ist sehr hoch", berichtete uns Jonathan Weingang, einer der KUHdo-Gründer und Geschäftsführer des jungen Unternehmens kurz nach der Einführung. „Dabei ist es nicht das Wichtigste, kurzfristig den höchsten Preis zu erhalten, sondern die nächste Hochpreisphase geplant zu erreichen", erläutert er.
Bei der Milchpreissicherung an der Warenterminbörse werden zum Beispiel im Frühjahr Flüssigmilch-, Butter- oder Magermilchpulverkontrakte für einen Termin im Herbst verkauft und die Kontrakte dann im Herbst wieder zurückgekauft. Das Geschäft ist vergleichbar mit den Kontrakten für Dünger oder Futtermittel beim Landhandel.
Allerding ist es ein reines Finanzgeschäft, die Milch wird weiterhin an die Molkerei geliefert. Die Börsengewinne oder -verluste werden mit dem realen Milchauszahlungspreis verrechnet und der Landwirt gelangt so zum geplanten abgesicherten Milchpreis. Der Vorteil ist es, dass die Betriebe so frühzeitig mit einem bestimmten Preis kalkulieren können.
Die Landwirtinnen und Landwirte können an der Warenterminbörse jeden Monat einzeln bis zu 18 Monate in die Zukunft absichern. „Die börsliche Milchpreissicherung über Butter und Magermilchpulver ist etabliert", erklärte Weingang, „allerdings beträgt die kleinste Absicherungsmenge etwa 100.000 kg pro Monat, sie ist daher eher für Betriebe ab 120 Kühe geeignet".
Anders verhielt es sich beim Flüssigmilch-Future, bei dem auch ein kleineres Volumen mit 25.000 kg Milch möglich war. „Dies ist auch für kleinere Milchviehbetriebe interessant, wobei aktuell lediglich bei Butter und Magermilchpulver eine hohe Aktivität an der Börse zu verzeichnen ist", führte der Markt-Fachmann aus.
Das Programm ist für alle Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger gedacht, unabhängig von der Betriebsgröße, Region oder Betriebsform. Mit der Web-App konnten die Milcherzeugerinnen und -erzeuger ihre Kosten mit den aktuellen Börsenmilchwerten des Instituts für Ernährungswirtschaft Kiel (ife) auf Basis der EEX-Terminmarktkurse (European Energy Exchange AG) für Butter und Magermilchpulver vergleichen und bewerten. Außerdem konnten sie die aktuellen Notierungen des Flüssigmilchkontraktes der EEX einsehen. Auf dieser Basis konnten die Landwirtinnen und Landwirte dann die aktuellen Absicherungsmöglichkeiten einschätzen und danach die Absicherung an der Börse einleiten. Ein Börsenmakler sicherte für sie dann ein Milchpreisniveau an der Börse ab.
Mit den abgesicherten Preisen war den Landwirtinnen und Landwirte eine vorausschauende Planung der Unternehmensentwicklung möglich. Auch Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern, die noch nicht aktiv an der Börse handeln wollten, gab die Web-App wertvolle Informationen zu den Entwicklungen des Milchmarktes und führte so zu einer höheren Markttransparenz und besseren Unternehmensplanung. Die Web-App informierte automatisch über Preisschwankungen und lieferte wöchentlich aktuelle Nachrichten zum Milchmarkt, unter anderem vom ife Kiel oder der EU-Kommission.
Nach geschärftem Verständnis stellten Landwirtinnen und Landwirte vermehrt eine Frage: „Warum können wir die Absicherung nicht direkt über KUHdo durchführen?“ Seit die Norddeutsche Landesbank Agrarrohstoffe nicht mehr mit Kunden handelt, war das der Treibstoff für das erweiterte KUHdo-Geschäftsmodell – mit größerem Nutzen für Landwirtinnen und Landwirte. „Wir haben auf diese Veränderung reagiert und ein neues Konzept entwickelt“, erklärt Lino Liebmann von KUHdo.
„Die Web-App sollte noch einfacher und Verständlicher werden und den Handel ohne Medienbruch auslösen können. Mit dem Koordinieren des Handels haben die Betriebe nun alles gebündelt an einem Ort, um ihren Milchpreis effektiv abzusichern.“ beschreibt Arne Bartelt.
Dank Fördergeldern und Angel-Investoren konnte das Unternehmen eine Infrastruktur aufbauen, die es den Milchbäuerinnen und Milchbauern ermöglicht, über KUHdo Preisabsicherungsinstrumente direkt mit ihren Molkereien abzuschließen. So entwickelte sich aus der ursprünglichen Schulungsidee eine Plattform zur Milchpreisabsicherung.
Die digital zugänglichen Schulungs- und Informationsfunktionen stehen Landwirtinnen und Landwirten weiterhin kostenlos zur Verfügung. Auch an den Terminmärkten hat sich seither viel positiv entwickelt: Sowohl die Handelsaktivitäten der Marktteilnehmer haben messbar zugenommen als auch die außerbörslichen Absicherungsangebote der Broker, die die wählbaren Absicherungsinstrumente bereichern.
„Wir freuen uns, dass es weitergeht, und können Landwirtinnen und Landwirte nur ermutigen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und einfach mal reinzuschnuppern“, erklärt Liebmann. „Wir wissen, dass der Einstieg in neue Themen teilweise schwerfällt. Es ist wie so häufig: Wer einmal arbeitet und sich die Materie aneignet, profitiert langfristig von einer preisgünstigen Absicherung. Die Einarbeitung zahlt sich am Ende in Form eines planbaren Milchpreises aus.“
Letzte Aktualisierung 20.02.2024